Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
Fingern, ihr die Hand zurück in den Schoß zu befördern. Aber warum sollte er das Verhältnis zwischen ihnen ruinieren, bevor das Gespräch überhaupt begonnen hatte?
»Ein Pete?«
»Ja, eindeutig ein Pete«, sagte sie. »Natürlich nicht in diesen Klamotten. Was tragen Sie da eigentlich? Die Standard-Detective-Kluft? Ich würde Sie nie einen Polizisten spielen lassen. Sie sind zwar groß und so, aber vom Typ her völlig verkehrt. Bei Rothaarigen denkt man nicht an einen ›taffen Kerl‹. Und Ihre Haut ist auch zu glatt und zu hell. Sie wirken nicht finster genug, um einen Cop zu spielen … abgesehen von den Augen. Sie haben sehr durchdringende Augen.«
Decker dachte: Das kommt daher, weil Sie in einen Spiegel gucken, Lady. Was redete die über durchdringende Augen? Mit den ihren hätte man Diamanten schneiden können. Sie war von einem ausgezeichneten Schönheitschirurgen geliftet worden. Obwohl ihre Haut an den richtigen Stellen straff gespannt war, sah sie nicht so aus, als ob sie beim Lächeln aufplatzen würde. Das Chirurgenmesser hatte ihre besonderen Vorzüge noch betont – die großartige Schädelform, das kantige Kinn, den breiten Mund. Ihre Lippen waren immer noch voll und sinnlich. Vermutlich war da mit Kollagenspritzen nachgeholfen worden. Selbst aus der Nähe sah sie immer noch recht gut aus – abgesehen von den Augen. Kein Skalpell wäre scharf genug, um die Härte herauszuschneiden, die darin lauerte.
»Also wenn ich Ihnen eine Rolle geben müßte«, fuhr sie fort, »würde ich Sie in Jeans stecken, kariertes Hemd und einen Cowboyhut.« Sie legte den Kopf schief. »Ihr Gesicht ist zwar nicht wettergegerbt, aber das kriegt man mit Make-up schon hin.« Sie drückte sein Knie. »Was meinen Sie dazu?«
Decker lachte. »Ich glaube, es ist schon ganz gut, daß ich nicht zum Film gegangen bin. Darf ich Ihnen jetzt ein paar Fragen stellen? Ich weiß, daß Ihre Zeit begrenzt ist.«
Davida tätschelte sein Knie und zog ihre Hand zurück. »Ich mag Männer, die sofort auf den Punkt kommen. Ich will meinen Schmuck wiederhaben, Peter.«
»Und ich will, daß Sie ihn zurückbekommen. Möchten Sie mir nicht was darüber erzählen?«
»Und ob, da können Sie Ihren Hintern drauf verwetten. Das wichtigste Stück ist eine Smaragdbrosche mit einem fünfkarätigen kolumbianischen Smaragd mit Tafelschliff, umgeben von rundgeschliffenen Diamanten von jeweils einem Fünftelkarat – insgesamt vielleicht vier Karat. Dann drei Paar Ohrringe aus Mabe-Perlen – ein Paar tränenförmig und von Smaragden umgeben, die anderen beiden rund, eins davon mit Diamanten, das andere mit Rubinen umgeben – für den Fall, daß mir nach Rot war.«
»Was sind Mabe-Perlen?«
»Die großen glatten, die auf einer Seite flach sind.«
»Die hab ich immer für Modeschmuck gehalten.«
»O nein, mein Guter, das sind echte Perlen.«
»Wie viel sind die Ohrringe pro Paar etwa wert?«
»Vielleicht fünf- bis sechstausend. Außerdem hatte ich noch einen Halsreif, besetzt mit Rubinen – das heißt, abwechselnd mit Rubinen und Diamanten. Eine Kette aus Saphiren und gelben Diamanten, die ist etwa fünfzigtausend wert. Fünf unterschiedlich lange Ketten aus rosafarbenen Perlen mit dazu passenden, in Diamanten eingefaßten Perlensteckern. Und eine diamantene Anstecknadel – ein antikes Tiffanystück.« Sie seufzte.
»Gott, das macht mich ganz krank! Sie denken bestimmt, die alte Zicke ist doch sowieso versichert. Wo liegt das Problem? Es geht nicht ums Geld, es geht um die Stücke. Jedes erzählt eine andere Geschichte aus meinem Leben. Meine Geschichte … einfach rausgerissen. Ich bin außer mir!«
Decker nickte. Davida machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber was bedeutet das schon für Sie?«
»Ob Sie’s glauben oder nicht, Ms. Eversong, ich kann Sie gut verstehen.«
Sie betrachtete ihn prüfend. »Vielleicht tun Sie das ja. Sie wirken … sensibel.«
»Was wurde Ihnen noch gestohlen, Ms. Eversong?«
»Ich hatte außerdem noch Ohrgehänge aus Perlen, mit Smaragden und Rubinen durchsetzt. Meine Weihnachtsohrringe. Mir wird ganz schlecht bei dem Gedanken, daß meine schnuckeligen Klunkerchen sich in den Fingern irgendeines Rotzlöffels befinden könnten, der einen Diamanten nicht von einem Quarzkristall unterscheiden kann.«
Plötzlich wurden die Augen der alten Dame feucht. Sie nahm ein schwarzes Spitzentaschentuch heraus und betupfte sie sich vorsichtig. »Ich bin völlig fertig.«
»Es tut mir leid um Ihren Verlust«,
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