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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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prustete. »Es war einfach unglaublich.«
    Sie mußten beide lachen. Schließlich sagte Decker: »Danke, daß du mitgekommen bist.«
    »Ist mir eine Freude. Ich weiß, daß du die ganze Zeit arbeiten wirst, aber ich hoffe doch, daß du wenigstens ein bißchen Gelegenheit bekommen wirst, die … Atmosphäre in dich aufzunehmen.«
    Atmosphäre, dachte er. Dann sagte er: »Es ist komisch. Ich fühle mich wie in einem fremden Land. Aber nicht wie in einem religiösen fremden Land. Hier ist nichts jüdisch außer dem Hebräischen.«
    »Wenn du die Bursa zu sehen bekommst, wirst du schon merken, daß du in einem jüdischen Land bist«, sagte Rina. »Soviel ich weiß, wimmelt es da von chassidischen Juden.«
    »Im Diamantenzentrum in L. A. waren auch eine Menge chassidische Juden.« Er kaute auf seinem Schnurrbart herum. »Vielleicht drücke ich mich nicht richtig aus. Das hier fühlt sich nicht viel anders an als eine Arbeitergegend in L. A.«
    »Warte, bis du nach Jerusalem kommst. Und dann sag mir, ob du es noch genauso empfindest.«
    Decker fuhr ein paar Querstraßen weiter, immer nach Rinas Anweisungen. Die Gegend schien ein bißchen gepflegter geworden zu sein. Die Wohnhäuser waren nicht unbedingt neuer, aber sie schienen besser gebaut. Sie waren aus ockerfarbenen Steinen, hatten größere Fenster und Terrassen mit Bäumchen und Blumen in Kübeln. Die Hauptstraße war breit und zweispurig, und es gab sogar erkennbare Verkehrsschilder. An größeren Kreuzungen standen Wegweiser zu verschiedenen Städten.
    »Wo sind wir jetzt?«
    »Ramat Aviv.«
    »Das ist eine wohlhabendere Gegend.«
    »Das siehst du also.«
    »Ich lerne dazu. Ist es noch weit bis zu den Yaloms?«
    »Nicht sehr.«
    Sie kamen an einem großen Gebäudekomplex vorüber, der in einem Meer von grünem Rasen schwamm. Gegenüber gab es mehrere große Parkplätze.
    »Universität?« fragte Decker.
    »Museen.«
    »Aaah. Gute Museen?«
    »Das Museum zur Geschichte der Diaspora ist ganz hervorragend.«
    »Ist das da, wo sie die Qumran-Rollen aufbewahren?«
    »Nein, das ist in Jerusalem. Im Schrein des Buches. Interessierst du dich für archäologische Bibelfunde?«
    »Nur Neugier. Zu schade, daß ich nichts davon zu Gesicht bekommen werde.«
    Rina sah ihn an. Das war nicht ironisch gemeint, er war wirklich enttäuscht. Sie nahm seine Hand und küßte sie. »Nächstes Mal. Wenn die Umstände besser sind.«
    Decker hörte sich selber mit einem Amen antworten.

26
    Ein Haus der Trauer. Schwarzes Tuch verhüllte alle Spiegel und Bilder und den Fernseher. Die Sitzkissen des Sofas waren entfernt worden, so daß der dünne Deckstoff sichtbar wurde. Decker wußte, daß jüdische Trauergäste auf der Couch Platz nehmen durften, solange die Kissen fehlten.
    Aber Moshe Yalom saß trotzdem auf dem Boden. Er war ein schmächtiger Mann, vielleicht Anfang siebzig, glattrasiert und mit lockigem, grauem Haar über einem Gesicht mit hängenden Zügen. Ein vom Leben Geschlagener, aber nicht Besiegter. Es lag noch immer Beharrlichkeit in seinen milchigblauen Augen. Seine Frau, Tziril, wirkte jünger. Sie war vergleichsweise kräftiger als ihr Mann, mit mehr Fleisch auf den Knochen, aber ihre Haut war teigig und weiß. Sie trug ein locker fallendes Hängerkleid und ein Kopftuch über dem Haar.
    Rina hatte mit Tziril gesprochen, als sie sich angemeldet hatten. Ihr Kommentar war gewesen, daß Mrs. Yalom sich völlig entgeistert angehört hätte, ob ihrer Frage, so als wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, daß Amerika – ein fremdes Land in fast zwanzigtausend Kilometer Entfernung – tatsächlich Ermittlungen zum Mord an ihrem Sohn anstellte.
    Decker sah sich die Frau gründlich an, während sie mit Rina sprach. Rina gab weiter, daß sie und Peter sich auf die Stühle setzen sollten, sie waren ja nicht in Trauer. Tziril sagte wieder etwas. Rina übersetzte: Sie hatten früher, als es das Jüdische Gesetz verlangte, mit der Schiwe, den sieben Tagen tiefster Trauer, angefangen. Technisch gesehen, sollte die Schiwe erst nach der Beerdigung stattfinden. Aber Tziril und ihr Mann hätten es beide lächerlich gefunden, noch länger zu warten. Wer wußte denn schon, wann ihr Sohn nach Hause kommen würde?
    Tziril sagte wieder etwas, dann verschwand sie in einem Zimmerchen neben dem Wohnraum. Ihr Mann erhob sich im Schneckentempo und tappte einen langen Korridor hinunter.
    »Wo gehen sie alle hin?« flüsterte Decker.
    »Ich weiß nicht, wo Mr. Yalom hingeht«, raunte Rina.

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