Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
über den Geschäftspartner Ihres Sohnes?«
»Shaul?« Tziril kratzte sich am Arm. »Shaul hat bei mir angerufen, gleich nachdem … um mir sein Beileid auszusprechen. Wir sprechen … sprachen … lange. Er war sehr hysterisch. Er liebte Arik –«
Sie unterbrach sich selber.
»Das ist nicht wahr. Nein, er liebte Arik nicht. Er liebte Dalia. Er war ein ganz, ganz alter Freund von Dalia.«
»Sie sind in derselben Gegend aufgewachsen«, half Decker ihrer Erinnerung nach.
»Ja, sie waren gut befreundet, obwohl Shaul ungefähr fünfzehn Jahre älter als Dalia ist. Dalia war diejenige, die Arik dazu gebracht hat, Shaul eine Stelle zu geben. Als sie nach Amerika gegeht … gegangen sind, ging Shaul mit.«
»Aber sie waren kein Liebespaar?«
»Ich glaube nicht. Dalia war jung, als sie Arik heiratete, vielleicht neunzehn. Dalias Vater hält sehr auf Anstand. Ich glaube nicht, daß er Dalia erlauben würde, sich mit einem soviel älteren Mann zu treffen.«
Decker schwieg einen Moment. Shaul Gold war gewiß kein großer Hengst, aber er hatte etwas Männliches an sich. Vielleicht war er für Dalia jahrelang verbotene Trauben gewesen.
Dann wurde das kleine Mädchen erwachsen.
Das konnte durchaus den vorm Haus der Yaloms geparkten Lexus erklären. Waren diese Morde das Ergebnis einer Dreiecksgeschichte?
Er wägte die Situation ab:
Vielleicht hatte Arik seine Frau erschossen, und Gold Arik. Dann hatte Gold die beiden die Berge hochgeschleift und begraben.
Vielleicht hatten Arik und Dalia beschlossen, sich zu versöhnen, Gold bekam wieder mal den Laufpaß. Gold konnte die Zurückweisung nicht ertragen und erschoß sie alle beide.
Dalia brachte endlich genug Mumm auf, Arik zu verlassen. Es folgte ein Streit. Arik erschoß seine Frau. Gold platzte herein und erschoß Arik.
Oder: Es folgte ein Streit. Arik erschoß seine Frau, bereute, was er getan hatte, und erschoß sich selbst. Gold platzte herein, aber es war zu spät.
Nur, was von alledem traf – eventuell – zu?
Aber: Warum mußten die Jungen dann aus Amerika fliehen, wenn die Morde nur das Ergebnis einer verkorksten Soap opera waren, die das Leben geschrieben hatte? Decker merkte, daß er zu lange grübelte. »Sie kennen Shaul Gold also gut?«
»Nicht gut«, sagte Tziril. »Aber ich kenne ihn.«
»Wenn er herkommt, sagen Sie ihm nichts!« Decker wandte sich an Rina. »Kannst du das übersetzen? Ich möchte sichergehen, daß sie das eindeutig versteht.«
»Ich verstehe. Warum wollen Sie nicht, daß ich mit Shaul rede?«
Zu Rina sagte Decker: »Würdest du ihr bitte erklären, daß Gold sich als Polizeibeamter ausgegeben und unter falschem Namen Fragen gestellt hat. Sag ihr, daß er sich in meine Ermittlungen einmischt, und das könnte ihre Enkel in Gefahr bringen.«
Rina übersetzte, so gut sie konnte. Tziril machte ein überraschtes und besorgtes Gesicht. »Das ist nicht … der Shaul, den ich kenne. Er ist nicht so unehrlich. Er ist immer ehrlich. Selbst Arik sagt, daß er ehrlich ist.« Sie wirkte nachdenklich. »Arik und Shaul haben sich nie gemocht. Ich glaube, Shaul war …«
»Eifersüchtig?« versuchte Decker.
»Ja, er war eifersüchtig.«
»Aber Sie haben mir gerade gesagt, Sie glauben nicht, daß er und Dalia ein Liebespaar waren.«
»Das bedeutet nicht, das Shaul keine Augen im Kopf hatte. Und Arik war auch eifersüchtig. Dalia hat Arik geheiratet. Aber sie hat ihn trotzdem dazu gebracht, Shaul in sein Geschäft aufzunehmen.«
»Warum hat Arik das getan?«
»Er liebte Dalia … und das Geschäft gehörte ihrem Vater. Wenn Dalia etwas will …« Sie schüttelte den Kopf. »Shaul verstand gar nichts von Diamanten.«
»Und Arik?«
»Arik ist in das Geschäft hineingeboren. Unser Nachname bedeutet Diamanten. Die Familie meines Mannes ist schon seit vielen, viele Jahren im Geschäft. Viele dorim.«
»Generationen«, half Rina.
»Ja, Generationen. Wir sind seit Generationen im Diamantengeschäft. Shaul?« Sie rieb mit übertriebener Geste die Handflächen aneinander. »Nichts.«
»Aber Arik hat Shaul in Ihr Familiengeschäft aufgenommen?«
»In das Geschäft ihres Vaters, ja. Bis er genug verdiente, um sein eigenes Geschäft aufzumachen. Moshe, mein Mann, war ein guter Schleifer. Aber Arik … er ist der beste. Dalias Vater war sehr …« Sie wedelte mit den Händen und suchte nach dem richtigen Wort.
»Beeindruckt«, riet Decker.
»Oi waj, war er beeindruckt! Er hatte noch nie so guten Schleifer gesehen wie Arik. Er sorgte dafür,
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