Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
übersetzte. Es dauerte eine Weile, währenddessen Decker Milligan nicht aus den Augen ließ. Sie blätterte immer noch in ihrem Taschenkalender herum. Dann sah sie auf die Uhr.
Bei Yaloms Antwort zogen sich Rinas Augenbrauen noch mehr zusammen. »Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe. Er sagte so etwas wie … daß die Steine von überallher kommen. Meistens von VerHauten. Aber manche Händler gehen auch nach Rußland und kaufen ihre Steine dort.«
Der alte Mann redete weiter. Rina runzelte beim Zuhören die Stirn.
Dann sagte sie: »Es gibt auch einige Steine, die … die Runde machen. Ich glaube, er meint, weitergegeben werden. Die Leute stellen keine Fragen, wo sie herkommen.«
Yalom sprach weiter.
Rina sagte: »Die Leute haben Angst vor Milligan. Die Händler müssen eine bestimmte Menge von VerHauten abnehmen. Wenn ruchbar wird, daß sie woanders Diamanten kaufen, kann sie ihnen Ärger machen.«
Decker sagte: »Frag ihn, ob sie sich auf dem Parkett nur selten blicken läßt.«
Rina stellte die Frage und hörte Yaloms Antwort zu. »Ja, das kommt selten vor. Meistens geht sie in die Büros oder oben in die Lounge, da ist es ruhiger und diskreter. VerHauten schätzt Diskretion.«
»Warum ist sie dann hier unten auf dem Parkett?«
Der alte Mann antwortete mit einem Achselzucken.
Milligan tauchte wieder in das weiße Hemdenmeer ein.
Yalom redete weiter. Rina sagte: »Milligan hat schon früher mit Menkovitz Geschäfte gemacht. Er ist wichtig, und die wichtigen Händler kennt VerHauten alle.«
»Weiß er, daß Milligan nicht mehr für VerHauten arbeitet?«
Rina übersetzte. Der alte Mann machte große Augen. »Offenbar nicht«, sagte Decker.
Wieder zog sich Milligan aus der Menge zurück. Sie ließ ihr Buch zuschnappen und marschierte zielstrebig durch die Bursa, während alle Augen auf ihre klappernden Hacken gerichtet waren. Decker wollte vorpreschen, aber dann trat er im letzten Moment zurück.
Rina sagte: »Wolltest du ihr nachgehen, Peter?«
»Ich kann nicht. Sie kennt mich, und ich bin in diesem Land zu auffällig, um sie unbemerkt zu verfolgen.«
»Dann werde ich –«
»Vergiß es.«
Rina fischte die Autoschlüssel aus ihrer Tasche. »Ich habe drei Kinder zu Hause, darunter ein Baby. Ich verspreche, daß ich nichts Dummes anstellen werde. Ich rufe dich später bei Mr. Yalom zu Hause an.«
Damit sprintete sie los, um Milligan einzuholen. Decker wollte hinterher, dann biß er sich auf die Lippen und ließ sie gehen.
Es war zwecklos, Rina umstimmen zu wollen. Sie würde nicht zuhören und nur mit ihm streiten. Sie war schon mal dabei gewesen, wenn er jemanden beobachtete. Blieb zu hoffen, daß sie bei der Gelegenheit ein paar zweckdienliche Tips aufgeschnappt hatte. Und mit ihrem schlichten blauen Kleid, den flachen Schuhen und dem geflochtenen und unter einer Kappe hochgesteckten Haar sah sie denkbar harmlos aus. Ungefähr so bedrohlich wie ein Hasenjunges.
Einen Knoten im Bauch, holte Decker einmal tief Luft und ließ den Atem dann zögernd wieder hinaus. Warum war er so sehr an Kate Milligan interessiert? Was hatte er für Indizien, daß sie ihre Finger in der Sache hatte? Andererseits, was machte sie hier, obwohl sie doch an einem Fall in Los Angeles arbeiten sollte? Sie hatte ihm ausdrücklich gesagt, daß sie in der Stadt sein würde. Offenbar hatte sie ihre Pläne geändert. So was kam vor. Klar.
Decker rieb sich die Augen.
Die Jungen waren verschwunden, und Gold ebenfalls; dann tauchte plötzlich Milligan aus dem Nichts auf. Und nun lief Rina zu allem Überfluß auch noch da draußen rum. Er hätte sie nie in die Sache mit hineingezogen, wenn da nicht die Yalom-Kinder gewesen wären. Diese verdammten Jungen. Sie hatten ihn in diese Situation hineingesogen. Er machte sich ebenso viele Gedanken um sie wie Rina um Honeys Kinder.
Warum war er so besorgt?
Er wußte, daß Rina in diesem Land zu Hause war. Ja, sie kannte Israel besser als er oder Milligan. Sie wußte, was gefährlich war und wie sie es vermeiden konnte. Und Decker wollte wirklich wissen, was die Frau vorhatte. Überhaupt, was für ein Schaden konnte schon dadurch entstehen, wenn eine Frau der anderen folgte?
Beantworte diese Frage nicht, Deck.
Decker sprach sich weiter Mut zu. Rina hatte ihm gesagt, daß sie nichts Dummes tun würde. Sie hatte drei Kinder zu Hause. Er wußte, was Hannah und die Jungen seiner Frau bedeuteten. Er schob die dunklen Gedanken von sich und beschloß, ihrem Versprechen zu
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