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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Straßen, und mitten in dieser Farbpalette aus Bronze-, Rosé- und Rottönen hier und da ein Park, der ein wenig Grün durchschimmern ließ. Für Rinas Augen war das wunderschön, dabei wußte sie, daß sie durch das ältere, das Industriegebiet in die Stadt gekommen war. Sie war so damit beschäftigt, da zu sein, daß sie ganz vergessen hatte, warum sie hierher gekommen war. Als sie sich wieder zur Besinnung rief, war der Volvo verschwunden.
    Verärgert sah Rina sich nach dem 740er um. Milligan mußte schnell vorangekommen sein, obwohl der Weizman Boulevard gründlich verstopft war. Rina versuchte schneller voranzukommen, aber die Zufahrtstraße war einfach zu dicht befahren. Bei dem Versuch, einen Laster zu überholen, um eine bessere Übersicht zu bekommen, sah sie rückwärts über die Schulter, um zu sehen, ob sie die Spur wechseln konnte. Da entdeckte sie den Volvo. Er fuhr hinter ihr!
    Sie verlangsamte das Tempo, ohne auf das Gehupe ringsum zu achten, so daß sich der 740er wieder vor sie setzen konnte. Rina gönnte sich einen Moment, um das Menschengewirr auf den Gehsteigen zu beobachten. Überall schwarze Hüte. Die Stadt wurde immer religiöser, weil die Gläubigen halt die waren, die sich in Rekordzahlen vermehrten. Die Männer in ihren langen schwarzen Mänteln und die Frauen in langen Röcken und mit Sehejtel auf dem Kopf steuerten ihre Nachkommenschaft den Gehsteig entlang. Es gab moderne Israelis in engen Jeans und Denimjacken, Araber mit Kaftan und Tschador, koptische Priester in wallenden Gewändern und spitzen Hüten, Nonnen in voller Tracht. Karren voller Waren und offene Verkaufsstände flankierten einen ultramodernen, hoch aufragenden Kanyoneet – die Einkaufspassage.
    Rina sah wieder zum Volvo zurück. Keine Sekunde zu früh. Der 740er fuhr nach rechts, den HaNasi Ben Zvi hinunter – einen mehrspurigen Boulevard mit gutem Ausblick auf die Knesset. Als Sitz der israelischen Regierung war die Knesset der Akropolis nachempfunden, dem Sitz der griechischen Regierung in der Antike. Warum die Juden unbedingt die griechische Architektur nachahmen mußten, war Rina unbegreiflich. Immerhin feierte diese Religion seit nunmehr eintausendachthundert Jahren unbeirrbar das Chanukkafest – zur Erinnerung an die Niederschlagung der hellenischen Herrschaft durch die Juden.
    HaNasi Ben Zvi war eine psychologische Trennungslinie. Östlich des Boulevards lag die dicht besiedelte Region Jerusalems – eine Ansammlung von Wohnkomplexen und Geschäftsgebäuden. Westlich aber fühlte man sich an alte Zeiten erinnert, ruhigere Zeiten – nur ein paar Regierungsbauten unterbrachen das weitläufige Hügelgelände.
    Rina merkte, wie ihre Gedanken schon wieder auf Wanderschaft gingen, als Milligan ganz plötzlich nach rechts in eine Seitenstraße einbog. Das war so schnell und abrupt vor sich gegangen, daß Rina die Abfahrt verpaßte. Sie machte einen Schlenker und bog kurz danach in eine unbefestigte Straße ein, um gerade noch weit vorne den Volvo durch die Schlaglöcher holpern zu sehen. Der 740er hatte sehr viel größere Schwierigkeiten mit der unebenen Straßendecke als der Subaru.
    Der Volvo wurde langsamer, fuhr an den Rand und hielt an.
    Rina bremste und machte mitten im Weg eine Kehrtwendung, weil sie nicht an dem Volvo vorbeifahren wollte. Sie fuhr den Mietwagen von der Straße hinunter, so daß Milligan ihn nicht mehr im Blickfeld hatte. Der Subaru kam bemerkenswert gut mit dem Grasboden zurecht. Sie hielt neben einem Baum und versuchte von ihrem fernen Beobachtungsposten aus den Volvo im Auge zu behalten.
    Der Volvo stand. Rina stand.
    Es dauerte zwanzig Minuten, bis ein alter blauer Fiat-Kleinwagen vorüberkam und die löchrige Straße entlang kroch, bis er den Volvo erreicht hatte. Dort fuhr er zur Seite und hielt.
    Zwei Männer stiegen aus – dürre junge Männer mit dichten, schwarzen Locken. Einer hatte einen Schnurrbart. Er klopfte an das Fenster an der Fahrerseite des Volvo, und die Tür öffnete sich. Milligan stieg mit einer Chaneltasche über der Schulter aus dem Wagen.
    Die Männer begannen mit ihr zu reden. Sie wirkte desinteressiert, nickte aber ab und zu, während sie in ihrer Tasche herumwühlte. Sie förderte einen Lippenstift zutage und trug ein sündiges Rot auf ihre lüsternen Lippen auf.
    Die Männer redeten auffallend heftig auf sie ein. Rina hätte zu gern gewußt, worum es ging. Wie von selbst schob sich ihre Hand ganz langsam zum Türgriff. Bevor sie wußte, wie ihr geschah, war sie

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