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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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jetzt war es an der Zeit, realistisch zu sein. Hebron war nicht mehr jüdisch und war es die letzten fünfzig Jahre nicht mehr gewesen. Es war ein typischer, überbevölkerter arabischer Ort, in dem Wut und Haß gegen die Juden geschürt wurden. Für die Politiker war es inzwischen ein derart heißes Eisen, daß Rina schon gar nicht mehr wußte, wer eigentlich seine Grenzen sicherte, die IDF, die israelische Polizei, die palästinensische Polizei oder UN-Truppen.
    Und nun fuhr Rina in ihrem Subaru die Derech Hebron hinunter – die Straße nach Hebron. Sie wußte, daß sie besser umkehren sollte. Es war der pure Selbstmord, als Frau allein nach Hebron zu fahren. Andererseits war es in der Gegend in letzter Zeit einigermaßen ruhig gewesen, seit die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt worden waren. Und vielleicht würde der Wagen ja auch nicht ganz bis nach Hebron fahren.
    Nur noch ein paar Meilen.
    Sie kurbelte die Fenster hoch und drückte auf ihrem Weg ins Feindesland die Türknöpfe runter.
     
    Decker wußte noch im selben Moment, als Rina verschwand, daß er Probleme bekommen würde. Er konnte kein Hebräisch, und Yalom sprach kaum englisch. Als der alte Mann ihn zu Dalias Vater winkte, verfluchte Decker seine Dummheit.
    Ein Fremder im fremden Land – ein Ger.
    Yalom beugte sich vor, um Menkovitz etwas ins Ohr zu flüstern. Menkovitz war um einiges älter als Yalom, hoch in den Achtzigern. Seine Arme waren dünn und knochig und staken aus kurzen, weißen Hemdsärmeln hervor. Als Menkovitz dann aber aufstand, merkte Decker, daß er nicht nur größer war als der Durchschnitt, sondern auch einen ansehnlichen Bauch spazieren trug. Wie bei so vielen alten Männern war auch bei Menkovitz die Taille nach oben gerutscht, und seine schwarze Hose, die von Hosenträgern gehalten wurde, spannte sich fast bis zu den Achseln. Er hatte dünnes, weißes Haar und ein längliches Gesicht voller Leberflecke.
    Als Yalom mit Flüstern fertig war, musterte Menkovitz Decker von oben bis unten. Seinen dunklen Augen entging nichts. Dann war er offenbar zu einem Entschluß gekommen, nahm einen schuhkartongroßen Lederkasten hoch und befestigte ihn mit einer Kette um die Taille. Langsam zog er sein schwarzes Jackett an und schlurfte davon.
    Yalom folgte ihm, und Decker schloß sich an.
    »Wohin gehen wir?« fragte er Yalom.
    »Savlanoot«, sagte Yalom. »Dulden.«
    Decker nahm an, daß er Geduld meinte, und schwieg. Menkovitz hielt den Blick stur nach vorn gerichtet und machte sich nicht die Mühe, Decker auch nur mit dem leisesten Höflichkeitsnicken zu bedenken. Aber Decker wußte, daß das nicht etwa Rohheit war, sondern Erstarrung. Man sah es Menkovitz an – er war ein alter Mann, der nur noch automatisch funktionierte. Sie nahmen wieder den Fahrstuhl in den fünfzehnten Stock, zurück zu Menkovitz’ Büro. Der alte Mann betrat den Durchgangsraum, die Sekretärin drückte unaufgefordert auf den Summer.
    Das Büro des alten Mannes war weiträumig und bot einen Panoramablick auf das, was Decker für das Industriegelände von Tel Aviv hielt. Er sah Fabriken, Rauchsäulen, Lagerhäuser, Bahngleise und eine Menge Geschäftshäuser. Es war ein klarer Tag, die Sonne schien, aber die Stimmung hier drinnen war trübe. Menkovitz sagte etwas auf hebräisch zu Decker. Mit einem Gefühl, als wäre er der letzte Idiot, fragte Decker ihn, ob er wohl englisch spräche.
    Verärgert wandte Menkovitz sich Yalom zu und bedachte ihn mit einen schnellen, gutturalen Wortschwall. Yalom gab’s ihm kräftig zurück. Menkovitz fuchtelte mit den Händen in der Luft.
    Da sagte Decker: »Entschuldigen Sie, Mr. Menkovitz. Wenn es Schwierigkeiten gibt, kann ich später noch einmal mit meiner Frau zurückkommen. Sie spricht hebräisch.«
    Niemand antwortete.
    Decker sagte: »Ahm, ani kann wiederkommen.« Er merkte, daß er mit den Händen redete. Das hatte er noch nie getan. »Ahm, ani ba –«
    »Ich verstehe, was Sie sagen«, unterbrach ihn Menkovitz. »Brechen Sie sich nicht die Zunge ab. Setzen Sie sich.« Der alte Herr nahm auf dem Sessel hinter seinem Schreibtisch Platz und winkte Yalom und Decker zu den beiden Bürostühlen.
    »Danke«, sagte Decker.
    Menkovitz sagte: »Moshe sagte mir, Sie sind Mishtarah – Polizei, nachon ? Was haben Sie also für Neuigkeiten, damit sich ein verbitterter alter Mann besser fühlen kann?«
    Decker sagte: »Mein herzliches Beileid zu Ihrem großen Verlust. Es tut mir sehr leid.«
    Menkovitz kniff die Augen zusammen und

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