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Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde

Titel: Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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warten. Wir sagen nichts, wir warten nur. Und warten und warten.« Seine Augen trübten sich. »Ich hoffe, er wartet nicht zu lange. Ich bin ein alter Mann. Ich würde meine Enkelsöhne gerne noch einmal wiedersehen, bevor ich sterbe.«

29
    Das Schild sagte alles, als ob sie es nicht schon selber wüßte: Touristen wurde empfohlen, hier umzudrehen. Wenn nicht, reisten sie von nun an auf eigenes Risiko.
    Rina fuhr weiter und folgte dem Fiat in gehörigem Tempo.
    Der Stau löste sich auf, als sie die Innenstadt von Jerusalem hinter sich ließen. In Windungen führte die Straße aus der Stadt heraus, rechts und links von alten arabischen Wohnhäusern flankiert – großen Häusern mit blau gestrichenen Türen und Gittern, um die bösen Geister abzuwehren. Die Balkone waren mit Blumenkästen geschmückt, und auf jeder Leerfläche war ein improvisierter Garten gepflanzt. Berghänge waren üppig bewachsen. Es mußte ein feuchter Winter gewesen sein. Weiter die Straße entlang, wenn man die alten Häuser passiert hatte, erhoben sich neuere, israelische Gebäudekomplexe. Hunderte von ansprechenden Apartmenthäusern waren stufenförmig an den Berghang gebaut. Dann verschwanden sie wieder so schnell, wie sie aufgetaucht waren. Und wieder erstreckte sich für den Landbau erschlossener Boden.
    Rina fuhr an Olivenhainen vorbei, an Zitronenplantagen und beackerten Feldern. Es war ein starkes Land. Ein fruchtbares Land. Und ein umkämpftes Land.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, nichts beeinträchtigte die Kraft ihrer Strahlen. Die Straße nach Hebron grenzte an die Wüste Judäa. Rina hatte vergessen, wie heiß es in der Mittelmeersonne sein konnte, selbst wenn es fast noch Winter war. Sie stellte die Klimaanlage an.
    Die Straße führte stetig die Hügel hinauf und hinunter. Rina hielt die Augen nicht nur auf den Fiat geheftet, sondern auch auf ihren Rückspiegel. Obwohl sie sich auf feindlichem Gebiet befand, fühlte Rina sich durch die vielen Militärjeeps beruhigt, an denen sie vorbeigekommen war – sie waren vor ihr und hinter ihr. Sie wußte, daß sie in ungefähr zehn Minuten nach Bet Lechem kommen würde – Bethlehem. Früher einmal war die christlich-arabische Stadt ein kleiner, verschlafener Ort gewesen, der die Christen umsorgte, die hierher kamen, um die Geburtskirche zu sehen. Sie war voller winzigkleiner Läden gewesen, die bis obenhin mit religiösen Andenken und Ikonen vollgestopft waren. Zu Weihnachten und Ostern hatten die Läden prima Geschäfte gemacht. Aber als die Aufstände erst mal richtig in Fahrt kamen, waren die Ausflugsfahrten eingestellt worden. Und das Ergebnis? Haufenweise leere Läden.
    Wenige Augenblicke später kam eine große Schar israelischer Soldaten in Sicht. Rachels Grab. Einst war es von der Straße her sichtbar gewesen. Nun aber versperrte eine Mauer den Blick. Es war eine heilige Stätte für die Juden, besonders für unfruchtbare Frauen. Sie kamen hierher, um Gott um Kinder anzuflehen, genau wie Rachel vor Jahrtausenden den Allmächtigen angefleht hatte.
    Rina fühlte sich von der Militärpräsenz und von den Uzis, die diese Jungen hielten, beschützt. Es waren sehr viele. So jung. Diese Burschen in grünen Khakianzügen waren nicht viel älter als Sammy. Rina dachte sich kurz in ihr anderes Leben hinein, wie es für ihre Jungen hätte gewesen sein können, wenn sie und Yitzy in Israel geblieben wären. Daß sie sich so einsam gefühlt hatte, war der Grund für ihre Rückkehr in die Staaten gewesen – in Rav Schulmans Jeschiwa. Doch kaum daß sie sich in den Vereinigten Staaten häuslich eingerichtet hatten, wünschte Rina, sie hätten Israel nie verlassen. Danach war es nur noch bergab gegangen.
    Nachdem sie ein kurzes Gebet gesprochen hatte, fuhr Rina ohne Zwischenfall durch die viereckigen Häuserblocks von Bet Lechem hindurch. Es war immer noch die Stadt, wie sie sie kannte – Obst- und Saftstände im Freien, Cafés voller arabischer Männer, die die Huka, die Wasserpfeife, herumgehen ließen und endlos Backgammon spielten. Rina kam an Frauen vorbei, die mit Körben auf den Köpfen in Sandalen oder auch barfuß die staubige Straße entlanggingen. Ihr Haar war von bunten Tüchern umwunden, der Körper von langen, reich bestickten schwarzen Gewändern verhüllt.
    Plötzlich merkte Rina, daß der Fiat nur noch ein kleiner Punkt in weiter Ferne war. Sie beschleunigte das Auto, das sich auf der gewundenen, kurvigen Straße ordentlich ins Zeug legen mußte. Erst als sie den Fiat

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