Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
freudig überrascht über das Maß an Unterstützung, mit dem die Menschen, die von Devonshire betreut wurden, das Revier unterstützten. Der Dienstraum war fast vollständig aus von der Gemeinde Gespendetem zusammengestellt, von den Möbeln bis hin zur Hightech-Ausrüstung. Ganz zu schweigen von den Tastentelefonen. Decker hatte in Foothill jahrelang eins mit Wählscheibe benutzt.
Der Arbeitsbereich selbst war ein schulbuchmäßig angeordneter LAPD-Dienstraum. Die Tische nach Abteilungen geordnet, mit der Mordkommission ganz hinten gleich neben CAPS – Crimes Against Persons, Personendelikte. An den Wänden die unvermeidlichen blauen Registraturschränke, die Spinde, Stadtteilkarten und Einsatzpläne für den Notfall. Aber die Detectives hatten zusätzlich ein wenig in Heimarbeit dekoriert. Deckers Lieblinge waren ein Filmplakat von David Mamets Homicide und eine große, kolorierte Zeichnung von Schweinen, die mit Polizeimützen auf dem Kopf nach Trüffeln schnüffeln.
Decker zog die Schreibtischlampe über seine Notizen, als er sich hinter seinen Schreibtisch setzte und seinen Fall vor Gericht noch einmal durchging. Aber eigentlich wartete er darauf, ob die Leute vom CAD – Crime Analysis Detail, der Abteilung für Verbrechensanalyse, in ihren Computern irgend etwas über frühere Fälle finden konnten, bei denen ganze Familien verschwunden waren. Er wußte, daß so eine Nachforschung per Computer eine ganze Weile dauern konnte. Es hing davon ab, wie die Fragen formuliert und eingespeist wurden und wer sonst noch online war. Er würde wahrscheinlich keine Antworten bekommen, bevor er aus dem Gericht zurück war.
Nicht daß Decker bei Gericht erscheinen mußte. Nachdem die Proposition 115 durchgekommen war, durfte nun auch ein Uniformierter die Untersuchungsergebnisse eines Detectives vor dem Geschworenengericht vortragen und so den Detectives den Rücken für ihre eigentliche Arbeit frei halten. Aber Decker trug seine Fälle immer noch gern selber vor, soweit es seine Zeit erlaubte. Ein jahrelanges Jurastudium vergißt man eben nicht so schnell.
Marge kam herein und setzte sich Decker gegenüber an ihren Tisch. Er sah auf und legte seine Unterlagen auf den Tisch.
»Wie war’s?«
Marge zog eine Grimasse. »Was für eine Verschwendung! Und ich meine nicht Zeitverschwendung. Ich meine die Verschwendung von Leben. Der Typ war wütend auf seine Freundin, also hat er sie abgeknallt. Jetzt ist er voll der Reue, hockt über die Leiche gebeugt da und wimmert wie ein Baby. Er hat ihr tatsächlich Mund-zu-Mund-Beatmung gegeben, als die Blauen eintrafen! Kannst du dir das vorstellen? Als wäre das die richtige Behandlung für eine 32er-Kugel mitten ins Hirn.«
»Er hatte eine 32er dabei?«
»Hat sie aus der Schultasche gezogen.« Marge schüttelte den Kopf. »Die Typen lernen es nie.« Sie machte eine Pause. »Na ja, ich hab meine Pflicht getan und Tug glücklich gemacht. Ist das denn zu glauben ? Macht dich dieser offene Antisemitismus nicht rasend?«
»Nää.«
Marge starrte ihren Partner an. »Wie ist das möglich? Juden als Spione. Diese Art, wie er Ihre Leute sagt.«
»Macht mir nichts aus.«
»Was muß man tun , um dich auf die Palme zu bringen?«
Decker dachte kurz nach. »Wenn du Antisemitin wärst, das würde mich aufregen. Wir müssen über Yalom reden.«
Marge sah auf die Armbanduhr. »Okay … schieß los!«
»Was machst du da?«
»Wir haben noch eine Stunde, neunundfünfzig Minuten und sechsundfünfzig Sekunden.«
Decker griente. »Ich muß in ein paar Minuten ins Gericht. Ich erwarte mir zwar nicht viel davon, aber ich habe mit der CAD geredet. Mal sehen, ob die nicht irgendeine frühere Entführung ausspucken können, die Ähnlichkeit mit dem Fall Yalom hat.«
»Was für eine Idee. Es gibt bestimmt ganze Schränke voll mit nie abgeschlossenen Akten über Familienentführungen.«
»Wenn du einen besseren Ansatz hast, Marge, ich bin ganz Ohr.«
Marge schwieg. »Tut mir leid. Ich bin nur wütend. Wütend wegen dem, was ich gerade gesehen habe, und wütend auf Davidson.« Sie wandte sich ihm zu. »Regt der Mann dich denn nicht auf? Er hat dich herausgefordert!«
»Ich werde mich nicht aufregen«, erklärte Decker. »Ich werde mit ihm abrechnen. Der Typ soll sich an seinen eigenen Worten verschlucken und an der Scheiße obendrauf gleich mit. Was hältst du davon, wenn wir beiden Hübschen uns gegen vier wieder hier treffen und die Yalom-Sache noch einmal Stück für Stück durchgehen?«
»Das
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