Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
an deinen Büchern zu riechen. Ich habe jedes Stück Papier aufbewahrt, das du mir je gegeben hast. Jeden Kuli oder Bleistift, jeden …« Er lachte. »Jeden Radiergummikrümel, den du bei mir hinterlassen hast. Du hast einen Pullover in meinem Schrank vergessen. Damit habe ich immer geschlafen, so besessen war ich von dir. Ich bin immer noch besessen. Ich habe nie aufgehört, dich anzusehen, Teresa Anne McLaughlin. Nicht einmal, als du mich nicht mehr ansahst.«
»Ich bin froh, dass du besessen von mir bist. Ich bin es nämlich auch von dir.« Ich schwieg einen Moment. »Wie hast du mein Vorhängeschloss aufgekriegt?«
»Ich habe bisher noch jedes Schloss geknackt«, sagte Chris. »Das hab ich von meinem Vater, wohlgemerkt, nicht von meinem Onkel Joey. Darum habe ich auch damals in New York solche Probleme wegen Einbrüchen gehabt. Ich war einfach besser, als mir gut tat.« Er küsste mich wieder. »Ich verzehre mich nach dir, mein Engel. Willst du wirklich den Rest des Abends mit diesem Reiss zusammen sein?«
»Nein. Will ich nicht. Aber ich bin ihm etwas schuldig, Chris.«
Er bedachte mich mit einem eisigen Blick. Ich ignorierte es und sah zum tiefschwarzen Himmel empor. »Soll ich dich anrufen, wenn ich heimkomme?«
»Lass mich dich anrufen«, sagte er.
Ich zögerte. »Wirst du das auch? Das ist jetzt kein Spiel für dich?«
»Gütiger Himmel, nein, Terry! Das hier ist kein Spiel! Es ist die aufrichtigste Sache, die ich in meinem ganzen Leben gemacht habe!«
»Was wird mit deinem Onkel?«
»Der gute alte Joey.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Ich weiß nicht. Aber mir wird schon was einfallen.« Er küsste mich auf die Stirn. »Ich ruf dich gegen ein Uhr an.«
»Ehrenwort?«
Er bekreuzigte sich. »Ehrenwort.«
Ich kam um Viertel vor eins nach Hause und wartete.
Um vier Uhr dreißig in der Nacht konnte ich nicht mehr. Ich nahm den Hörer und rief ihn an. Er nahm nach dem dritten Klingeln ab und murmelte ein schläfriges Hallo. Ich brachte kein Wort heraus. Er fluchte irgendetwas in sich hinein, aber in den Hörer sagte er ruhig und deutlich: »Terry, leg nicht auf. Lass mich erklären …«
Ich warf den Hörer auf die Gabel, dann legte ich ihn neben den Apparat. Bei Sonnenaufgang schlief ich ein.
10
Decker trat über die Türschwelle und lief genau ins Blitzlicht der Fotografin. Na wunderbar. Ausgerechnet jetzt, wo er auf jedes Detail achten musste, würde er die nächsten paar Minuten tanzende Flecken vor den Augen sehen. Officer Russ Miller versuchte ihn auf sich aufmerksam zu machen. Decker nahm sein Notizbuch aus der Tasche, zog den Kuli vom Deckel ab und klickte auf den Nippel, damit die Mine vorsprang.
»Rekapitulier mal für mich, Russ.«
Jemand schrie. »Ist hier vielleicht irgendjemand zuständig, verdammt noch mal?«
Decker sah auf. Benny tobte. Der Schweiß lief ihm über die Stirn. Vorsichtig fuhr er sich mit dem Ärmel seines weißen Laborkittels übers Gesicht, sorgfältig darauf bedacht, nicht an seine Latex-behandschuhten Hände zu kommen. Er fing Deckers Blick auf.
»Sergeant, ich kann hier überhaupt nichts machen, solange hier alle rumtrampeln und alles antatschen.«
»Ich bin grad erst zur Tür rein, Ben. Ich muss mich selber erst mal orientieren, okay?«
»Es ist in Ihrem eigenen Interesse, die Figuren hier raus zu schaffen.« Benny ließ eine Pause eintreten. »Die lebenden.«
Wieder blitzte es. Decker hielt sich schützend die Hand vor die Augen. Seine Achseln waren nass und klebrig. Er zog das Jackett aus und hängte es sich über die Schultern. Dann zählte er durch. Zehn Beamte – viel zu viele Leute für so ein Hotel-Doppelzimmer.
Laut sagte er: »Alle mal einen Moment stillhalten. Wer ist zuerst am Tatort eingetroffen?«
»Crock und ich«, sagte Miller.
»Dann bleibt ihr beide hier.« Decker streckte den Finger aus und begann die Leute einzuweisen. »Howard und Black, Sie beide durchsuchen die Zimmer im Erdgeschoss und im ersten Stock. Wilson und Packard, das Stockwerk hier und das oberste. Seien Sie höflich und vorsichtig. Und halten Sie die Leute ein bisschen unter Kontrolle. Bei ein paar von den Gaffern unten kann schnell mal was hochgehen. Die Officer Bailey, Nelson, Gomez und Estrella nehmen den Dienst wieder auf. Los.«
Während das Zimmer sich leerte und die Umgebung des Bettes in Sicht kam, konnte Decker einen ersten Blick auf das Opfer werfen. Er begann sich Notizen zu machen – nicht viel mehr als erste Eindrücke, aber manchmal waren sie
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