Decker & Lazarus 09 - Totengebet
aus dem ein Typ sicher wissen kann, dass es nicht sein Kind ist.«
»Er hatte nie Sex mit ihr.«
»Nachdem Luke Dana verführt hatte«, fuhr Paul fort, »hat sie versucht, Bram zu verführen. Sie haben meinen Bruder kennen gelernt. Was bei normalen Männern funktioniert, funktioniert bei ihm nicht. Jedenfalls ist er ihr ziemlich schnell auf die Schliche gekommen. Dana hatte sich von einem scheuen, religiösen Wesen in eine manische Person verwandelt, die es unbedingt tun musste. Und je mehr sie drängte, desto klarer war ihm, dass was nicht stimmte. Er hat sie zur Rede gestellt, und sie hat ihm alles gestanden. Da sie sich weigerte zu sagen, wer der Vater war, kam Bram darauf, dass es einer von uns sein müsse. Das heißt, er dachte, ich sei derjenige, welcher.«
»Er hat Sie zur Rede gestellt?«
»Nein. Bram hat alles in Märtyrermanier auf sich genommen. Er ist wirklich der geborene Priester.«
»Hat er Ihnen gegenüber je seine Wut gezeigt?«
»Nicht offen.«
»Wie kam er dann darauf, dass es Lukes Kind war?«
»Muss mein absolutes Unschuldsbewusstsein gewesen sein. Ich habe ihn besonders lieb behandelt während dieser Zeit. Weil meine Eltern furchtbar auf ihm rumgehackt haben. Vor allem Dad. Bram war bis dahin sein Goldenboy, sein Goldjunge gewesen. Der Sohn, der einfach nichts falsch machen konnte. Aber mein Gott, in dieser Beziehung hat Dad sich geändert. Ein Fehler und der Doktor hätte ihn beinahe rausgeworfen.« Paul schnippte mit dem Finger. »Einfach so. Wenn Bram es nur gewagt hätte, ihm zu widersprechen, dann wäre es dazu gekommen. Da bin ich sicher.«
»Und Bram hat schweigend gelitten?«
»Ja. Dann eines Abends beim Essen … Mein Gott, hat Dad ihn fertig gemacht! Er habe sein Leben ruiniert, über sich und seine Familie Schande gebracht und sich gegen Gott vergangen. Er würde in der Hölle landen und so weiter! Diesen ganzen Mist musste er sich anhören. Ich konnte es nicht ertragen. Ich habe zu Bram gesagt: ›Wie kannst du es zulassen, dass er so mit dir redet? Sag was!‹ Natürlich wurde mir befohlen, augenblicklich den Tisch zu verlassen.«
»Und haben Sie das getan?«
»Nein. Stattdessen habe ich mich mit meinem Vater angelegt, was natürlich unangenehme Folgen für mich hatte. Drei Monate lang durfte ich den Wagen nicht benutzen, bekam kein Taschengeld, durfte mich nicht mit Mädchen treffen, keine Partys besuchen, nicht einmal an Kirchenfesten teilnehmen. Dafür musste ich jeden Abend den Gottesdienst besuchen und Gott um Vergebung dafür bitten, dass ich ungehorsam gegenüber meinem Vater gewesen war.«
»Eine harte Strafe.«
»Sehr hart. Aber fairerweise muss ich sagen, dass meine Eltern wirklich sehr aufgebracht waren. Normalerweise waren sie nie so streng mit uns.«
»Nett von Ihnen, dass Sie Ihre Freiheit für Ihren Bruder aufs Spiel gesetzt haben.«
»Wenn ich die Folgen geahnt hätte, hätte ich den Mund gehalten.« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin in mein Zimmer gegangen. Eine Minute später kam Bram und hat sich bedankt. Meine ganze Haltung muss ihn irgendwie davon überzeugt haben, dass er mich zu unrecht verdächtigt hatte. Denn als Luke ins Zimmer kam, hat Bram ihm ohne jede Vorwarnung eine Tracht Prügel verpasst.«
Paul lachte.
»Ich war verblüfft. Ich hatte Bram noch nie so wütend erlebt. Und handgreiflich war er sowieso nie geworden. Dann kam alles raus. Aber meine Eltern haben es nie erfahren. Ich konnte es nicht fassen. Luke war immer ein gerissener Typ gewesen, hat die Hälfte seiner Highschoolzeit im Haschrausch verbracht. Aber die Freundin des Zwillingsbruders zu entjungfern – das ging einfach zu weit.«
»Kann man wohl sagen.«
»Jedenfalls löste sich der gordische Knoten schließlich von allein. Drei Wochen vor Danas und Brams Hochzeitstermin, bekam Dana vorzeitig Wehen und hatte eine Totgeburt. Es war alles sehr traurig. Abram hat sich sehr anständig verhalten, hat Dana im Krankenhaus besucht. Trotzdem war er natürlich erleichtert. Wie wir alle. Als Dana sich erholt hatte, hat Bram sich allmählich zurückgezogen, hat überhaupt kein Mädchen mehr angesehen.« Paul grinste. »Konnte eigentlich niemanden überraschen, dass Bram Priester geworden ist, was?«
»Und Dana hat Luke geheiratet«, sagte Decker.
»Ironie des Schicksals. Sie haben sich bei unserem fünften Highschooltreffen wieder gesehen. Bram war nicht aufgetaucht, aber Luke und ich waren dort. Luke und Dana haben miteinander geredet. Schätze, das hat den Ausschlag gegeben.
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