Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Curedon in Verbindung standen. Deckers Blick schweifte über die Titel.
Curedon – Nierenkomplikationen bei Rhesusaffen.
Curedon – Iatrogene Dyskrasie verursacht durch phagozytische T-Zellenreaktion.
Curedon – Post mortem nicht nachweisbares akutes Nierenversagen während der Anwendung von Cyclosporin-A contra OKT3 contra Curedon.
Decameron hatte Curedon in hübsche, schnell zugängliche Päckchen zerlegt. Jeder, der daran interessiert gewesen wäre, wissenschaftlich relevantes Material zu stehlen, hätte leichtes Spiel gehabt. Decameron war, trotz seiner Häme und seines Zynismus’, eine vertrauensselige Haut gewesen.
Er dachte einen Moment nach. Wenn jemand hinter diesen Daten her gewesen war, warum hatte er dann im Wohnzimmer dieses Chaos angerichtet und das Arbeitszimmer unberührt gelassen? Um ihn auf eine falsche Fährte zu locken?
Decker seufzte, setzte seine Brille auf und begann die Curedon-Akten vor allem nach den Versuchsergebnissen der Fisher/Tyne-Tests für die Gesundheitsbehörde durchzusehen. Nachdem er sich eine gute Stunde Satz um Satz, Absatz um Absatz durch medizinisches Fachlatein gequält hatte, brannten seine Augen. Medizinischer Fachjargon war noch schlimmer als Juristenenglisch.
»Chef?«
Decker wirbelte herum. Martinez machte eine ernste Miene. Er hielt etwas Kleines, Glänzendes in der Hand.
»Solltest dir das mal ansehen.«
Decker ging zu ihm. Der Kopf schwirrte ihm von all den statistisch relevanten Zahlenkolonnen und den komplizierten medizinischen Ausdrücken. Er nahm die Brille ab und rieb sich mit dem Oberarm über die Augen. Dann griff er nach dem Gegenstand, den Martinez ihm offerierte.
Klein, glänzend und aus Gold.
Eine Kette mit einem Kreuz als Anhänger.
»Nicht unbedingt Decamerons Geschmack, oder?«, bemerkte Decker.
»Das hätte jeder tragen können. Ein Kreuz ist ziemlich neutral«, sagte Martinez.
Decker betrachtete das Schmuckstück, drehte und wendete es zwischen den Fingern, entdeckte ein paar Kratzer nur, weil er seine Lesebrille auf hatte. Als er das Kreuz näher betrachtete, nahmen die Kratzer die Form einer Inschrift an. »Da ist was eingraviert. Ich kann ein Wort erkennen. Sage mir, ob ich Recht habe.«
»Kann ich mal deine Brille haben?«
Decker gab Martinez seine Brille und den Anhänger. Bert studierte die Inschrift einen Moment. »Da steht ›Sparks‹.«
»Stimmt. Kannst du eine Initiale erkennen?«
»Nein.«
»Ich auch nicht.« Decker wählte seine Worte sorgfältig. »Sparks hatte sechs Kinder. Aber nur einer ist ein Priester.«
Webster kam ins Zimmer. Er hielt einen einzelnen Schlüssel mit Anhänger an einem Ring hoch. »Den habe ich in Decamerons Taschen gefunden. Nur eine Adresse, kein Name. Ich habe sie mit den Anschriften verglichen, die bisher in diesem Fall aufgetaucht sind. Passt zu dem Apartment, das Abrain Sparks gemietet hat.«
Und alles, woran Decker denken konnte, war wie das alles auf Rina wirken musste. Er wollte ihr nicht wehtun, doch er wusste, es war unmöglich, diese Dinge vor ihr verborgen zu halten.
Die Sache stank nach einem abgekarteten Spiel. Aber Ermittlungen führte man nicht mit dem Geruchssinn. »Also gut«, begann er. »Wir machen Folgendes. Tom, du bleibst hier mit den Leuten von der Spurensicherung und überwachst die Untersuchungen hier. Ich beantrage zwei Durchsuchungsbefehle, einen für die Kirche, einen für Brams Apartment. Ich übernehme das Apartment. Bert, du siehst dir die Räume in St. Thomas an. Sieht besser aus, wenn du als Katholik das machst.«
»Und wonach suchen wir dort?«
»Nach den Tatwaffen natürlich. Außerdem Splitter und Glasstückchen mit braunen Flecken darauf. Und Kleidung. Blutige Kleidungsstücke, eine ganze Menge blutiger Kleidung.«
Den Schlüssel in der Hand, erwartete Decker nicht, dass jemand in der Wohnung sein würde. Trotzdem klopfte er aus purer Höflichkeit an. Zu seiner Überraschung fragte der Priester hinter der Tür, wer da sei. Nachdem Decker seinen Namen genannt hatte, war es dort einen Moment vollkommen still. Dann wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet. Der Priester tauchte auf. Seine Kleidung war tadellos wie immer, aber er war leichenblass.
»Lieutenant!« Bram trat ins Treppenhaus und zog die Tür hinter sich zu. Seine Stimme klang beherrscht, aber nicht ruhig. Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug den Priesterkragen. Kein Kreuz. »Was kann ich für Sie tun?«
Decker hielt den Schlüssel hoch. »Ich glaube, der gehört Ihnen.«
Bram
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