Decker & Lazarus 09 - Totengebet
soll.«
»Wäre kein richtiger Groll, wenn er gleich verpufft gewesen wäre«, konterte Webster.
»Eine achtzehn Jahre zurückliegende Seifenoper ist ein reichlich schwankendes Motiv für diesen Mord«, erklärte Oliver. »Ich tippe auf Shockley.«
»Ich bin für Waterson und die Biker«, gestand Webster. »Wisst ihr, weshalb ich den Bikern den Vorzug gebe?«
»Du wirst es uns sicher gleich sagen«, seufzte Marge.
»Wegen der Mordmethode. Ist doch ziemlich ungewöhnlich, jemanden zu erschießen und zu erstechen. Jedenfalls müssen es mehrere Täter gewesen sein. Leonard und Decameron im Doppelpack zu erledigen, wäre zu viel für einen gewesen, egal ob Shockley oder der Priester.«
»Es sei denn, der Mörder wäre eingebrochen und hätte die beiden sofort erschossen«, gab Decker zu bedenken.
»Dagegen steht die Vermutung des Pathologen. Er schließt aus der Blutmenge, die geflossen ist, dass eine Vene im Brustbereich Decamerons durch einen Messerstich verletzt worden ist«, berichtete Webster.
»Vena cava inferior«, konkretisierte Martinez. »Die große Vene rechts von der Aorta.«
»Der hohe Blutverlust deutet darauf hin, dass das Opfer noch gelebt hat, als auf es eingestochen wurde. Ergo, sind die beiden nicht erst erschossen worden«, führte Webster aus.
»Das muss nicht zwangsläufig so sein, Tom«, entgegnete Marge. »Decamerons Herz könnte durchaus noch geschlagen haben, nach den Schussverletzungen im Kopfbereich. Auch bei bereits toten Opfern pumpt das Herz manchmal noch eine Zeit lang Blut durch die Venen.«
»Das ist Haarspalterei«, bemerkte Webster.
»Eigentlich gar nicht …«
»Natürlich könnte Decameron noch am Leben gewesen sein, als man auf ihn eingestochen hat.«
»Sicher.«
»Leute, mir liegt gar nichts daran, die Morde einer besonderen Person anzuhängen. Ich versuche nur, Logik in die Sache zu bringen«, erklärte Webster. »Und meine Logik sagt mir, dass mehr als ein Täter daran beteiligt gewesen sein muss. Insofern bieten sich für mich natürlich Sanchez und Sidewinder an.«
»Ich versuche durchaus auch logisch zu sein«, meldete sich Oliver. »Was haben alle drei Opfer gemeinsam, Tom?«
»Curedon.«
»Richtig. Wenn die Sache die Sparks-Familie persönlich betraf, warum musste dann Leonard ins Gras beißen?«
»Was hatte dann der Priester mit blutigen Klamotten zu schaffen?«, wollte Webster wissen.
»Was hat der Priester mit den Bikern zu tun?«, warf Oliver ein.
Webster zuckte hilflos die Schultern.
»Die Idee, dass Leonard Decameron warnen wollte, gefällt mir«, gestand Marge. »Aber das war nicht der Grund für seinen Tod. Auf Leonard hatte man es nicht abgesehen. Decameron war die Zielscheibe. Leonard hatte einfach nur Pech. Er war zur falschen Zeit am falschen Ort.«
»Klingt plausibel«, stimmte Decker ihr zu.
»Und wo sind dann unsere Unterlagen über die Curedon-Tests von Fisher/Tyne für die Gesundheitsbehörde?«, fragte Oliver. »Decameron wollte sie uns geben. Aber weder in seinem Büro in der Klinik noch bei ihm zu Hause haben wir sie gefunden. Wo zum Teufel ist das Zeug?«
»Wenn jemand diese Unterlagen gesucht hat, warum ist Decamerons Büro dann offenbar unangetastet geblieben?«, wollte Martinez wissen.
»Weil Decameron eine Super-Ordnung in seinen Akten hatte«, erwiderte Decker. »Jemand, der wusste, wonach er suchte, hätte die Akte finden und herausnehmen können, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.«
»Wäre der Hit, wenn wir diese Unterlagen kriegen könnten«, seufzte Oliver.
»Vielleicht können wir ja«, sagte Gaynor. »Wenn Mohammed nicht zum Berg kommt, gehen wir einfach zum Berg.«
Marge runzelte die Stirn. »Das Sprichwort geht ganz anders.«
»Wie war das gemeint, Farrell?«, fragte Decker.
»Von Fisher/Tyne kriege ich die Daten nicht. Aber ich krieg sie vielleicht von der Gesundheitsbehörde.«
Alle starrten ihn an. »Das kannst du deichseln?«, wunderte sich Decker.
»Keine Ahnung.« Gaynor zuckte die Achseln. »Kommt auf einen Versuch an.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ist jetzt nach acht Ostküstenzeit. Die Büros sind geschlossen. Ich versucht gleich morgen.«
»Deine Uhr ist stehen geblieben, Farrell«, meldete sich Oliver zu Wort. »Ist schon nach zehn an der Ostküste.«
»Stimmt.« Gaynor stellte seine Uhr nach. »Danke.«
»Etwas lässt mich nicht los«, bemerkte Marge. »Warum hat Bram seine blutigen Klamotten im Safe seiner Wohnung aufbewahrt? Warum hat er sie nicht einfach weggeworfen,
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