Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Tür mit der Aufschrift » Privat« aufzustoßen.
»Ziemlich öde hier draußen«, sagte Oliver und seufzte. »Nicht dass ich zu Hause viel unternehmen würde …«
»Trotzdem. Man hat wenigstens die Möglichkeit.«
»Genau.«
Es folgte eine lange Pause.
»Noch Kaffee da?«, fragte Oliver schließlich.
»Klar.« Marge reichte ihm die Thermosflasche. »Soll ich dich mal ablösen, Scott?«
»Nicht nötig. Bin topfit.« Oliver schüttete Kaffee in sich hinein. »Ein Vergnügen wird das bestimmt nicht.«
»Warum nicht?«
»Diese Schlaumeier aus der Industrie sind ein rotes Tuch für mich. Besonders wenn wir schlaues Zeug fragen müssen. Bedeutet, dass wir komplizierte Antworten kriegen. Das stößt bitter auf. Ich werde dann das Gefühl nicht los, zu kurz auf dem College gewesen zu sein.«
»Da geht’s dir wie mir.«
»Wie viele Jahre hast du abgerissen?«
»Bis zum Examen in Soziologie.« Marge lachte. »Als wenn einem das was helfen würde.«
»Aber du hast wenigstens einen Abschluss!«
Marge sah ihn an, lächelte. »Bist du jetzt beeindruckt?«
»Einigermaßen.«
»War nur ein staatliches College.«
»Trotzdem, du hast einen akademischen Titel. Aber ich? Ich hab mein Examen in Poolbillard und Bierkunde gemacht.«
»Aber in den Fächern warst du bestimmt top.«
»Darauf kannst du Gift nehmen, Schwester. Bin eingetragenes Mitglied des Vereins ›Sigma Beta Tau‹. Wir haben die besten Partys westlich vom Mississippi, östlich vom Ohio und sonst wo steigen lassen.«
»Das ist praktisch schon ganz Amerika.«
»Du sagst es. Keiner konnte Partys veranstalten wie wir vom ›Sigma Beta Tau‹.«
Es wurde still im Wagen, als Oliver melancholischen Erinnerungen nachhing. »Mann, haben wir Partys gefeiert«, sagte er schließlich. »Leider hat sich rausgestellt, dass unsere Fähigkeit, Mädels im Rhythmus von ›Stayin’ Alive‹ perfekt durch die Gegend zu wirbeln, keine vermarktbare Qualifikation war.«
Marge lächelte. »Hast du überhaupt Vorlesungen besucht?«
»Einige wenige.« Oliver fuhr sich mit den Fingern durchs dichte schwarze Haar. »Ich glaube, ich hatte sogar einen Soziologiekurs belegt. Ging irgendwie um Gruppendynamik.«
»Klingt sehr nach Soziologie.«
»Ja, muss es wohl gewesen sein.«
»Wenn ich mich nicht irre, hatte ich denselben Kurs belegt«, erinnerte sich Marge. »Nur ging es bei uns um Gruppenanalyse. Am Anfang wurde uns eine Reihe von Fragen vorgelegt, und wir sollten die Lösungen erarbeiten. Zuerst mussten wir die Probleme allein lösen. Dann haben wir uns in Teams aufgeteilt und sollten gemeinsam die Lösungen zu denselben Problemen ausarbeiten.«
»Und anschließend die Ergebnisse vergleichen?«
»Genau. Ich sage dir, es war derselbe Kurs.«
»Gott, da werden Erinnerungen wach. Sobald wir in Teams aufgeteilt waren, ist schon alles den Bach runter gegangen …«
»Bis all diese Lahmärsche in die Gänge …«
»Diese Blindgänger!«, ereiferte sich Oliver. »Die sind schon in Verfahrensfragen ersoffen, bevor …«
»Die richtigen Kandidaten für die Chefetage der Polizei von LA«, erklärte Marge.
Sie lachten.
»Jeder kam an die Reihe«, führte Oliver aus. »Ob er was zu sagen hatte oder nicht. Besonders schlimm waren diese zart besaiteten Mädels.«
»Ja, von denen hatten wir auch einige«, seufzte Marge. »Ich hab immer gesagt: ›Scheiß auf Gefühle.‹ und weiter im Text. Damit habe ich diese eine Tussi glatt zum Heulen gebracht. Und dann hat mich ihre Freundin fertig gemacht … Weil ich so brutal sei, hat sie behauptet.«
Oliver grinste breit und sah flüchtig in Marges Richtung. »Ich mag es, wenn Frauen brutal sind.«
Marge wurde schlagartig ernst und wandte sich ab.
Die nächsten Minuten fuhren sie schweigend weiter.
»So viel zu zart besaiteten Mädels«, murmelte Oliver.
Marge sagte nichts.
»Herrgott, Dunn! Das war nur ein Witz!«
»Ich weiß.«
»Warum bist du dann sauer?«
»Bin ich nicht.«
»Dunn, ich weiß, wann eine Frau sauer ist. Und du bist sauer.«
»Oliver, ich will einen Partner, keine Probleme.«
»Dann musst du dir keine Sorgen machen, Lady. Nichts liegt mir ferner.«
»Gut.«
»Hab nur versucht, deinem Ego ein paar Streicheleinheiten …«
»Mein Ego braucht keine Streicheleinheiten.«
»Komisch. Das braucht doch sonst jeder.«
Marge starrte ihn an. »Wenn du was für mein Ego tun willst, dann sag mir, dass ich eine gute Polizistin bin.«
»Du bist eine gute Polizistin«, erklärte Oliver gelassen.
Marge atmete
Weitere Kostenlose Bücher