Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Titel: Decker & Lazarus 09 - Totengebet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
Priester werden.«
    Er lächelte mit feuchten Augen.
    »Dieser unverhoffte, schreckliche Verlust, das Treffen mit deinem zweiten Mann, mit dir … das hat alle möglichen Gefühle ausgelöst. Ich vermisse, Yitzchak, Rina.« Er seufzte. »Ich vermisse dich.«
    Es folgte eine lange Pause. Nur das nicht mehr ganz neue Getriebe knackte bei jedem Gang, der eingelegt wurde.
    »Ich bin nicht gestorben«, bemerkte Rina.
    Bram lächelte. »Gott sei Dank.«
    »Du kannst anrufen. Ich habe Telefon.«
    »Das wäre peinlich.«
    Rina wusste, dass er Recht hatte. Sie antwortete nicht. Er trommelte auf das Lenkrad. »Was mach ich denn da? Rede ich lang und breit über Yitzchak, nur weil ich mit dem Tod meines Vaters nicht klarkomme. Entschuldige bitte.«
    »Du brauchst dich nicht entschuldigen. Würde es dir helfen, darüber zu sprechen?«
    »Keine Ahnung. Im Moment bin ich so durcheinander, dass ich nicht klar denken kann.«
    Eine Haarsträhne fiel Bram ins Gesicht. Rina hätte sie ihm gern zurückgestrichen, wagte es jedoch nicht. Die Geste wäre zu intim gewesen.
    »Du bist blass, Bram. Soll ich fahren?«
    »Nein, ich bin …« Er seufzte. »Warum sollte jemand meinen Dad umgebracht haben? Er hatte keine Feinde.« Er biss sich auf die Unterlippe. »Meine Mutter reagiert völlig stoisch. Ich mache mir Sorgen.«
    »Vielleicht ist es ihre Art zu trauern.«
    »Nein, das kann nicht sein. Als Priester habe ich die unterschiedlichsten Formen von Trauer erlebt. Aber ihr Verhalten kommt mir nicht normal vor. Sie ist so … teilnahmslos.« Er hielt inne. »Eigentlich wirkt sie wie versteinert. Könnten auch die Beruhigungsmittel sein, die wir ihr gestern Nacht gegeben haben. Als wir klein waren, war sie medikamentenabhängig. Das weißt du, oder?«
    »Nein, das habe ich nicht gewusst.«
    »Habe ich dir das nie erzählt?«
    »Nie.«
    »Muss ich verdrängt haben. Vielleicht ist es auch nie zur Sprache gekommen, weil sie die Sucht überwunden hatte, als wir uns kennen gelernt haben.« Bram rieb sich die Augen. »Als wir aufgewachsen sind, war unser Dad nie zu Hause. Und ich meine nie … bis auf den Gottesdienst am Sonntagmorgen. Danach haben wir meistens ein Picknick gemacht, und er ist anschließend in die Klinik zu … Aber das weißt du ja alles.«
    »Ist lange her. Frisch mein Gedächtnis etwas auf.«
    »Da gibt’s nicht viel zu erzählen, außer, dass sie sechs Kinder ganz allein großgezogen hat, drei Jungen auf einen Schlag sogar. Das war zu viel für sie. Sie brauchte Hilfe. Bei ihr als überzeugte fundamentalistische Christin kam eine normale, weltliche Therapie nicht in Frage. Und christliche Beratungsstellen gab es damals noch nicht.«
    »Warum hat sie sich nicht an den Pastor ihrer Kirche gewandt?«
    »Und Dad damit in Verlegenheit gebracht? Nein, das hätte sie nie getan. Die Frau von Dr. Azor Moses Sparks hatte keine Probleme zu haben. Nach außen war sie die ideale Mutter. Stark, unerschütterlich, eine tatkräftige, gläubige Frau. Und in meiner Jugend habe ich sie ebenfalls so eingeschätzt. Wie die meisten Mütter war sie der Dreh- und Angelpunkt der Familie.«
    Rina nickte.
    »Aber sie hatte auch eine andere Seite«, fuhr Bram fort. »Sie konnte ängstlich und furchtsam sein. War die meisten Nächte allein in einem leeren Ehebett. Dann kamen die Schlafschwierigkeiten. Sie begann Tabletten zu nehmen. Schlafmittel. Du weißt, wie sie wirken. Zuerst ist die Wirkung durchschlagend. Man schläft. Dann gewöhnt sich der Körper allmählich daran. Entweder du nimmst sie, oder du gehst nachts die Wände hoch. Mit sechs Kindern war sie sowieso ununterbrochen auf den Beinen. Nach außen konnte sie das alles schaffen. Aber es gab Zeiten, da schlug ihre Stimmung um … Es gab Zeiten, da wurde sie mit allem nur schwer fertig.«
    »Warum hat ihr Arzt nicht dafür gesorgt, dass sie von den Medikamenten wegkam?«
    »Welcher Arzt? Sie bekam die Tabletten von meinem Vater.«
    Rina ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken.
    »Das heißt, eigentlich hat Dad sie mir gegeben, seinem Goldenboy aufgetragen, auf die Mutter aufzupassen. Ganz besonders übrigens nach Magdeleines Geburt. Er hatte Angst, dass nach der Entbindung Depressionen auftreten könnten. Das war nämlich bei Michael der Fall gewesen. Im Alter von fünfzehn Jahren hatte ich die Aufgabe, meiner Mutter schwere Antidepressiva zu verabreichen.«
    Rina blieb stumm.
    »Jedenfalls hatte sie ihre Abhängigkeit überwunden, als wir die Highschool hinter uns hatten. Ich hoffe und

Weitere Kostenlose Bücher