Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
meine Gründe. Aber sprich selbst mit ihm. Wenn du anderer Meinung bist, werfe ich das Handtuch.«
»Du glaubst nicht, daß er was auf dem Kerbholz hat?«
»Höchstens Schummeleien an der Schule. Er schreibt Aufsätze und Hausarbeiten für Mitschüler wie Sean Arnos.«
»Gegen Geld.«
»Ja, gegen Geld. Darum ging’s auch, als Martinez ihn auf dem Parkplatz mit Amos reden sah. In dem Umschlag steckte Geld für einen Aufsatz.«
»Hast du ihn etwa danach gefragt?«
»Natürlich nicht! Das lief alles indirekt. Er hat mir nichts davon erzählt. Ich hab’s selbst erraten. So hab ich ihn in die Zange genommen. Joachim schreibt nicht nur für Sean Amos, auch für andere. Ich hab mich als Cindy Cohen ausgegeben, von der Schule beauftragt, den großen Betrugsskandal aufzudecken …«
»Hast du dir die Tarnung selbst ausgedacht?«
Cindy nickte.
»Einfach so?«
Sie strahlte. »Bist du beeindruckt?«
Und ob er das war! Aber er zeigte es nicht. Statt dessen sagte er: »Und er ist drauf reingefallen?«
»Nein, nicht ganz. Jetzt denkt er, ich bin vom Drogendezernat. Er glaubt, daß ich dir unterstellt bin. Oder er weiß selbst nicht mehr, was er eigentlich glauben soll. Er weiß nur, daß du wirklich Polizeileutnant bist. Das hat ihn zum Reden gebracht. Ich hoffe, du machst Gebrauch davon.«
Decker legte den Kopf schräg. »Und welche Rolle spielt Sammy dabei?«
»Er hat dich mit Rina über den Fall Garrison sprechen hören und sich seine eigenen Gedanken gemacht. Er wußte nicht, wie er mit dir reden sollte, also hat er mich angerufen.« Cindy machte eine Atempause. »Er hat es getan, weil du ihm etwas bedeutest. Und mir geht’s genauso.«
Sie schwiegen.
»Dad, es könnte sein, daß Joachim nicht den Durchbruch bringt, den du brauchst. Daß es einfach nicht ausreicht, was er zu sagen hat. Aber er ist dein Mann in der Westbridge. Besser als jeder Privatdetektiv. Hab ich recht?«
Decker sagte nichts.
»Dieser Malcolm Carey hat die ganze Schule im Griff. Wer Drogen will, geht zu ihm. Er beschafft alles, von Gras bis Heroin. Und wenn es um Straftaten an der Schule geht, ist Joachim bereit, auszusagen. Hör ihn dir an. Dann weißt du, wovon ich rede.«
»Schon klar. Aber ich bin im Moment nicht ganz objektiv. Ich brauch einen unbefangenen Zeugen.«
»Wie wär’s mit Rina?«
»Besser noch, ich rufe Marge an. Kümmer dich um deinen Schützling, es wird nicht lange dauern.«
»Danke, Dad, daß du nicht ausgerastet bist.«
»Das kommt noch.«
»Da bin ich sicher.« Sie küßte ihm die Wange. »Aber das halte ich aus.«
Marge brachte Oliver mit. Martinez und Webster hatten auch kommen wollen, aber Decker war dagegen. Zu viele Leute konnten den Jungen verschrecken.
Das hektische Treiben im Haus hatte Rina geweckt. Blinzelnd und benommen tappte sie ins hellerleuchtete Wohnzimmer. Vor allem wollte sie wissen, warum Sammy nachts um Viertel vor zwei Scrabble spielte. Cindy ging mit ihr in die Küche und versuchte alles zu erklären. Was Rina nur noch mehr verwirrte. Doch sie sagte nichts. Statt dessen machte sie koffeinfreien Kaffee und beschloß, die Dinge später zu sortieren.
Sam und Joachim hörten gegen zwei Uhr mit dem Spiel auf, Sam räumte es weg und zog sich in sein Zimmer zurück. Rina ging kurz darauf ebenfalls ins Bett und ließ die Gruppe am Tisch allein. Jetzt hatte Joachim das Wort. Er erzählte seine Geschichte, bedachtsam und geordnet.
Marge stellte ihm die erste Frage. »Kannte Sean die Gerüchte, die über ihn kursierten?«
»Ja, Madam.«
»Was hat er dazu gesagt?«
»Er hat nur abgewinkt.«
»Hat ihn das Gerede nicht nervös gemacht?« wollte Oliver wissen.
»Nein«, sagte Joachim. »Zumindest kam es mir nicht so vor. Ich hab zu Cindy gesagt … ist das nun dein richtiger Name?«
»Ja. Sprich weiter, Joachim.«
»Ich glaube, er war eher stolz darauf. Kam sich vor wie eine große Nummer. Denn vorher war er auch nichts weiter als einer von diesen reichen Waschlappen. Keiner hat ihn ernst genommen.«
»Du hast doch gesagt, er wäre beliebt«, meinte Cindy.
»Wer soviel Knete hat, ist natürlich beliebt, zumindest vordergründig. Das hält aber niemanden davon ab, hinter seinem Rücken zu reden. Sean ist eine absolute Niete.«
»Aber er ist im Tennisteam«, wandte Cindy ein.
»Ja, im Sport ist er nicht übel. Aber ansonsten interessieren ihn nur Partys, er besäuft sich, dröhnt sich zu und vögelt rum. Am Wochenende macht er mit seinen Freunden gern einen auf Sprayer. Verkehrsschilder
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