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Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Titel: Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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waren, spielte Decker mit Hannah ein wenig Zoo. Die Stofftiere waren blutrünstige Monster, und Ginger, der Irish Setter, spielte Simba, den Löwen. Dann brachte Decker seine Tochter zur Schule. Sie schlang ihm die dünnen Ärmchen um den Hals und küßte ihn mit ihren weichen Kinderlippen auf die Wange. Decker spürte den unbändigen Drang, sie festzuhalten, auf den Rücken zu schnallen und mit zur Arbeit zu nehmen. Statt dessen ließ er sie zu Boden und schaute ihr nach. Meinten die Psychologen die Kinder oder die Eltern, wenn sie von Trennungsängsten sprachen? Wehmütig kehrte Decker dem neonfarbenen Schulhaus den Rücken, und um halb neun betrat er sein Büro.
    Er telefonierte, unterschrieb Papiere, las Protokolle, sprach mit seinen Ermittlern, dann vertiefte er sich für die nächsten vier Stunden in Autopsieberichte und Schußbahnskizzen. Mit brummendem Kopf machte er um halb zwei endlich Mittagspause. Am Schreibtisch sitzend öffnete er die braune Tüte – zwei Sandwiches mit Huhn, Obst, zwei Flaschen Apfelsaft mit Kohlensäure und ein halbes Dutzend Kekse. Alles auch bequem im Auto zu essen.
    Er nahm die Tüte und seinen Aktenkoffer und ging hinaus zu seinem Volare. Minuten später fädelte er sich in den Verkehr ein. Er spürte, wie sich seine Schultern entspannten, seine Stirn glatt wurde; er begann sich freier zu fühlen.
    Das Revier Devonshire umfaßte sehr unterschiedliche Gegenden. Es gab Wohnsiedlungen, Gewerbegebiete, ein paar Fabriken und viel hügliges Vorgebirgsland mit brachliegenden Grundstücken – seit langem wartete man auf den großen Boom. Die Landbesitzer machten sich Sorgen, und das nicht ohne Grund. Die Gegend war das Epizentrum zweier großer Erdbeben gewesen, im Sommer war es hier heiß wie in der Sahara, und alles städtische Leben lag weit entfernt. Trotzdem: im Spätherbst war Devonshire das reinste Paradies – prächtiger blauer Himmel, blühende Wiesen ohne Ende, über die eichenbestandenen Hügel zogen sich meilenweit die Wander- und Reitwege. Riesige Platanen und duftende Eukalyptusbäume wiegten sich im Wind.
    Zum Bezirk gehörten auch etliche millionenschwere Wohnanlagen – protzige Bauten mit Luxuswohnungen, die in einem Meer aus grünem Rasen schwammen. Die umzäunten Anlagen hatten alles, was man brauchte: Swimmingpools und Heilbäder, Tennisplätze, Turnhallen und Bankettsäle. Als der Greenvale Country Club vor fünfzehn Jahren eröffnet worden war, hatte sich Decker gewundert, warum die Reichen in einen solchen Club drängten und deftige Gebühren für Annehmlichkeiten zahlten, die sie auch auf dem eigenen Grundstück hatten.
    Doch Greenvale hatte sich einen besonderen Ruf erworben. Obwohl es hier nicht so vornehm zuging wie in einigen älteren Clubs von L. A., konnte sich auch Greenvale mit prominenten Mitgliedern schmücken und war eine erstklassige Adresse für Hochzeitsfeiern oder Wohltätigkeitsveranstaltungen. Der Mensch schien ein unerschöpfliches Bedürfnis nach Rangordnungen zu haben und sich immer von neuem in Gruppen zu formieren, in solche, die dazugehörten – oder solche, die eben nicht dazugehörten.
    Zum Club gehörten zehn Hektar Land, die Gebäude verschwanden fast unter den dichten Bäumen. Als Decker in seinem Volare die lange, schattige Zufahrt entlangtuckerte, sah er etliche Gärtner auf den weitläufigen Rasenflächen und Blumenrabatten beschäftigt. Für den Herbst pflanzten sie leuchtend blaue Stiefmütterchen. Schon kamen die Gebäude in Sicht: Tudor im kalifornischen Stil – die Backsteinfassaden waren nur aufgeklebt, weil echte Ziegelmauern bei Erdbeben zu leicht zerbarsten. Es gab mehrere verzweigte Anbauten, die vermutlich nach und nach entstanden waren, viel buntes Glas, Rundbögen, spitze Giebel. Und eine Miniaturversion des Londoner Towers.
    Als Decker das Torhaus erreichte, hatte er gerade seinen Lunch beendet. Er zeigte seine Marke und erklärte dem uniformierten Wachmann, daß er den Geschäftsführer sprechen wolle. Nein, einen Termin habe er nicht. Sein plötzliches Auftauchen brachte den schläfrigen Gang der Dinge durcheinander. Die Wachen berieten sich kopfkratzend und telefonierten, bis sich schließlich einer herbeiließ, die Schranke zu öffnen und Decker zum Empfang zu schicken.
    Statt auf dem großzügigen Parkplatz zu parken, hielt Decker an der kreisförmigen Auffahrt zum Hauptportal und wies die Hausdiener an, den Wagen fahrbereit zu halten. Vornehm schweigend stellte ein rot befrackter Page den zehnjährigen,

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