Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
einen warmen, honigfarbenen Glanz. Deckers Blick wanderte in die Runde – zuerst zu seiner Tochter, dann zu seinen Stiefsöhnen. Jacob mit seinen knapp sechzehn Jahren würde in zwei Monaten seinen Führerschein machen.
Das würde noch ein Spaß werden. Der Junge fing seinen Blick auf und lächelte ihm mit blitzblauen Augen zu, die er von seiner Mutter geerbt hatte. Decker lächelte zurück.
Und dann Sam – düster und ernst. Der Siebzehnjährige war inzwischen über einsachtzig groß. Ein schlaksiger Junge. Dabei auch muskulös. Dunkle Augen und dickes, sandfarbenes Haar – gut aussehend und intelligent. In gewissem Sinne war er fast ein Erwachsener. Aber die Betonung lag auf fast.
Decker legte die Gabel hin und wischte sich den Mund ab. Sorgfältig wählte er seine Worte. »Bist du offen für andere Meinungen, oder ist es eine beschlossene Sache?«
»Ich wüsste einfach gerne, was du dazu meinst.«
»Weißt du, was Sarah heute gemacht hat, Daddy?«, unterbrach Hannah.
»Ob du es glaubst oder nicht, deine Meinung interessiert mich«, fuhr Sammy fort.
Hannah sprach lauter. »Sie hat meinen ganzen Lunch aufgegessen. Ist das nicht frech?«
»Toll, Hannah«, murmelte Sammy. »Also, was meinst du?«
»Ist das nicht frech, Daddy?«
Decker erwiderte: »Ich mach mir Sorgen, weil du in die umstrittenen Gebiete willst …«
Hannah rief: »Ist das nicht frech, Daddy?«
»Sei ruhig, Hannah!«, sagte Sammy.
Das kleine Mädchen machte ein langes Gesicht.
»Ja, das ist sehr frech«, erwiderte Decker. »Sam, vielleicht ist das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.«
»Warum sind ihre Bedürfnisse immer wichtiger als meine!«, brauste Sammy auf. »Die Sache ist wichtig für mich! Kann sie nicht lernen, erst mal zu warten?«
»Es geht nicht darum, dass ihre Bedürfnisse wichtiger wären.« Decker griff nach der Hand seiner schmollenden Tochter. »Aber sie ist erst fünf.«
»Na fein!«, meinte Sammy wegwerfend. »Vergiss es. Ich schreib dir eine Postkarte aus Gush.«
»Schmuel«, versuchte es Rina.
»Ich sagte, vergiss es!«
»Schrei deine Mutter nicht an«, wies ihn Decker zurecht. »Schließlich steht sie auf deiner Seite.«
»Ich stehe auf niemandes Seite«, sagte Rina bestimmt.
Jacob stand auf. »Heh, Hannah. Sollen wir ein Gesicht auf dem Computer malen?«
Die Kleine hatte immer noch Tränen in den Augen. Sie sah zu Jacob, dann erwartungsvoll zu ihrer Mutter. Rina sagte: »Nur ein paar Minuten, Hannah. Dein Bruder hat noch nicht gegessen.«
Jacob streckte seiner kleinen Schwester die Hand hin. »Komm, Spatz. Willst du noch mal das Mädchen mit dem Schnurrbart malen?«
Hannah kicherte, sprang auf und warf dabei ihren Stuhl um.
»Danke, Yonkele«, sagte Rina und richtete den Stuhl wieder auf.
»Ja, Jake, der gute Sohn«, murmelte Sammy.
»Er versucht nur, dir zu helfen, Schmuel«, rügte Rina.
»Ich weiß, ich weiß …« Er sah Decker an. »Ich bin nervös. Ich hab Angst, dass du Nein sagst, ohne mir überhaupt zuzuhören. Und selbst wenn du mir zuhörst – was ich nicht glaube wirst du trotzdem Nein sagen.«
Decker versuchte, sein Aufbrausen zu unterdrücken. »Du hast mich also schon verurteilt, bevor ich ein einziges Wort gesagt habe.«
»Ich kenn dich einfach.«
»Warum reden wir dann noch darüber?«
»Weil ich nach wie vor an deiner Meinung interessiert bin.«
»So wertlos sie auch sein mag …«
»Das hab ich nicht gesagt«, unterbrach Sammy.
»In Ordnung«, sagte Decker. »Jetzt beruhige dich erst mal.«
»Ich bin ruhig«, zischte Sammy. »Du bist derjenige, der nicht ruhig ist.«
Langsam, Deck, du kannst nicht gewinnen. Decker nahm einen großen Schluck Wasser. »Ich war von Anfang an nicht begeistert davon, dass du nach Israel willst, Sam. Aber dass du auf eine Jeschiwa willst, die hinter der grünen Grenze liegt, macht mich sehr nervös. Ich mache mir berechtigte Sorgen um deine Sicherheit.«
»Dad, ich habe mit vielen geredet, die dort waren«, sagte Sammy. »Sie sagen, es ist sehr sicher. Viel sicherer als Jerusalem. Weißt du, das größte Problem in Israel sind die verrückten Fahrer – ein viel größeres Problem als der Terrorismus. Und Gush ist draußen auf dem Land, also ist es da viel ruhiger.«
»Wenn sie nicht gerade auf dich schießen.«
»Die palästinensischen Dörfer liegen weiter unten, Dad. Gush ist oben auf dem Hügel.«
»Du willst also ein ganzes Jahr in dieser winzigen Enklave verbringen und nie ins eigentliche Israel hinüberfahren?«
»Nein,
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