Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
genau der richtige Zeitpunkt«, wies ihn Bob zurecht. »Die Herausforderungen des Lebens fördern das spirituelle Wachstum. Bitte geh jetzt in dein Zimmer zurück.« Ein durchdringender Blick. »Du willst doch keine Strafe riskieren, nicht wahr?«
Der streitlustige Ansel grummelte böse vor sich hin, verschwand aber schließlich. Nicht ohne Decker einen wütenden Blick zugeworfen zu haben. Als er weg war, fragte Decker: »Wer ist der Satan?«
»Pluto erwartet Sie«, sagte Bob. »Wenn er wieder wütend wird, weiß man nicht, was er der Menge sagen wird.«
»Kommen Sie mit.«
»Das wäre unklug.«
Decker dachte kurz nach. »Ich dachte, Sie wären beide gleichrangig.«
Bob wurde rot vor Wut. »Das sind wir auch. Aber ich habe anderes zu tun. Wir haben alle unsere Aufgaben.«
Hieß das, er wollte sich nicht mit Pluto überwerfen? »Natürlich«, sagte Decker. »Kommen Sie nach, wenn Sie können.«
Bob saß eindeutig in der Klemme. »Ich komme, aber das dauert ein bisschen. Fangen Sie ohne mich an.«
»Gut. Bringen Sie Nova mit, wenn Sie ihn finden.«
»Ja, ja.« Bob wirkte zerstreut, hatte den Blick auf eine junge Frau von etwa zwanzig Jahren gerichtet. Er nickte ihr zu, und sie nickte zurück, eine wortlose sexuelle Aufforderung. Die Frau kam Decker bekannt vor.
Dann fiel es ihm ein. Das war Terra. Das Mädchen im Minibus, das sie gestern Morgen durchs Tor – und an den Hunden vorbei – geleitet hatte.
»Bis später«, sagte Bob.
»Wo steckt Nova eigentlich?«, wollte Decker wissen.
Bob wirkte angespannt. »Sie werden regelrecht dreist.«
Decker zuckte die Schultern. »Tut mir Leid, so hartnäckig zu sein. Das ist meine Aufgabe. Aber ich will Sie nicht unter Druck setzen. Sie waren sehr hilfreich.«
»Tja, das kann sich auch schnell wieder ändern.«
»Ich habe gestern mit Europa gesprochen. Sie hat mir ein paar interessante Einsichten verschafft. Vielleicht können wir später darüber reden.«
»Vielleicht auch nicht.« Bobs Gesicht wurde ausdruckslos. »Auf Wiedersehen.«
»Bis nachher«, erwiderte Decker. Er ging auf den Tempel zu. Nach einigen Schritten blieb er stehen und sah über die Schulter zurück. Bob war verschwunden, zweifellos auf der Jagd nach einem sehr viel greifbareren Himmelskörper.
Die Zimmer sahen alle gleich aus, und das von Andromeda machte keine Ausnahme. Es war genau so, wie Decker die anderen Räume beschrieben hatte. Ein schmales Feldbett, eine grobe Wolldecke und ein selbstgezimmertes Bord, auf dem eine Tasse, ein Löffel und mehrere Bücher über Spirituelles und Physik untergebracht waren. Auf diesem Bord stand sogar ein Roman. Nichts Aufsehen Erregendes … nur ein alter Liebesroman. Aber trotzdem …
Der schmale Raum hatte etwas Unheimliches, fand Marge. Alle irdischen Besitztümer des Mädchens waren noch vorhanden – von den Büchern bis zu dem Koffer unter dem Bett. Es sah zumindest nicht so aus, als hätte sie eine Flucht geplant. Alles war an seinem Platz. Nur die Bewohnerin des Zimmers fehlte.
Marge drehte sich um, als sie schlurfende Schritte hörte. Eine junge, noch kaum der Pubertät entwachsene Frau stand an der Tür. Eine Brünette mit alabasterfarbener Haut. Hübsch auf eine etwas verlorene Weise. Volle Lippen und hohe Wangenknochen. Ihre Hände und Finger waren lang und glatt wie aus Marmor. Sie trug ein weißes Gewand und weiße Slipper.
»Sie wurde uns geraubt, verstehen Sie«, sagte die junge Frau leise.
»Erzählen Sie mir davon«, bat Marge.
»Er hat es getan. Der Mann, den wir Satan nennen!«
»Hat er auch einen … konventionelleren Namen?«
Ihre zarten Finger schoben sich in eine Falte ihres schneeweißen Gewandes. »Reuben Asnikov. Ihre Eltern haben ihn beauftragt. Sie haben ihm viel Geld dafür bezahlt. Andromeda hatte schreckliche Angst, dass er sie entführen könnte. Er hat einen sehr schlechten Ruf.«
»Inwiefern?«
»Wegen seiner Methoden der Gehirnwäsche.«
Oder des Deprogrammierens – alles eine Frage der Perspektive, dachte Marge. »Wissen Sie mehr über ihn?«
»Nur, dass er vor nichts zurückschreckt.«
»Können Sie das näher ausführen?«
»Kann man die Bosheit des Teufels kategorisieren?« Eine Träne rann ihr über die Wange. »Keiner von uns ist hier eingesperrt. Wir können gehen, wenn wir wollen. Aber wir bleiben, weil wir hier unter dem Glanz und der Führung Vater Jupiters leben können.«
Sie begann zu weinen. Marge wartete. Als sich die junge Frau schließlich beruhigte, sagte Marge: »Ich habe Ihren
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