Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen

Weiß gekleidet. Sie hatte bronzefarbene Haut, glattes schwarzes Haar und schräg stehende blaue Augen. Marge deutete auf den zweiten Stuhl. Das Mädchen setzte sich kerzengerade hin. Eine Sitzhaltung, die ihm eindeutig antrainiert war. Immer noch hielt es seine Bücher umklammert; Marge nahm sie ihm ab und legte sie auf den Boden. Das Mädchen faltete die Hände im Schoß. Marge lächelte, aber Vega erwiderte ihr Lächeln nicht.
    Marge drückte auf den Aufnahmeknopf ihres Kassettenrecorders und stellte ihn vor Vega auf. »Du weißt, warum du hier bist?«, fragte sie.
    Vega nickte.
    »Ein zustimmendes Nicken«, sagte Marge ins Mikrofon. »Sag mir, warum du hier bist.«
    »Weil Andromeda und Lyra vermisst werden. Sie bitten uns um Hilfe.«
    Ihre Stimme klang leblos … roboterhaft. Marge fragte: »Du bist Lyras Zimmerkameradin, nicht wahr?«
    Vega nickte.
    »Wieder ein zustimmendes Nicken«, erklärte Marge. »Bitte antworte mit ja oder nein, Vega. Nur so kann der Recorder deine Antwort aufnehmen. Hat Lyra letzte Nacht in ihrem Bett geschlafen?«
    »Korrekt.«
    »Erinnerst du dich, ob du sie beim Aufwachen gesehen hast?«
    »Korrekt.«
    »Erinnerst du dich, ob sie sich angezogen und für die Schule fertiggemacht hat?«
    »Ich glaube, Sie meinen, für die Morgenmeditation und das Frühstück.«
    »Okay. Also erinnerst du dich, ob sie sich für die Morgenmeditation und das Frühstück fertiggemacht hat?«
    »Korrekt.«
    »Um welche Zeit seid ihr aufgebrochen … was kommt zuerst? Die Meditation oder das Frühstück?«
    »Die Meditation.«
    »Und die ist wann?«
    »Um sieben Uhr morgens.«
    »Du erinnerst dich also, sie um sieben Uhr morgens gesehen zu haben.«
    »Korrekt.«
    »Und ihr habt wann gegessen?«
    »Um sieben Uhr dreißig.«
    »Hat sie mit euch gefrühstückt?«
    »Korrekt.«
    »Und was habt ihr nach dem Frühstück gemacht?«
    »Weiter meditiert.«
    »Okay. Um welche Zeit begann die zweite Meditation?«
    »Um acht.«
    »Und Lyra war dabei?«
    »Korrekt.«
    »Was habt ihr nach der zweiten Meditation gemacht?«
    »Wir sind in unser Klassenzimmer gegangen.«
    »War Lyra dabei?«
    Vega presste die Lippen zusammen. »Ich … glaube. Aber ich bin mir nicht sicher. Unsere Lehrerin Andromeda war nicht da. Alles war sehr verwirrend.«
    »Um wie viel Uhr war das?«
    »Der Unterricht beginnt um acht Uhr dreißig. Also muss es acht Uhr dreißig gewesen sein. Wir sind immer pünktlich.«
    »Und Andromeda war um acht Uhr dreißig nicht in eurem Klassenzimmer.«
    »Nein. Das hat uns alle verwirrt.«
    »War Lyra während dieser … verwirrenden Zeit bei euch?«
    »Ich glaube. Aber wie ich schon sagte, es war verwirrend.«
    »Hat ein Erwachsener im Klassenzimmer auf euch gewartet?«
    »Nein. Das war ja so verwirrend. Irgendwann kam unsere Lehrerin Terra herein. Sie war erstaunt, dass unsere Lehrerin Andromeda nicht bei uns war. Sie war auch verwirrt.«
    »Um wie viel Uhr war das?«
    »Gegen neun. Ich glaube, einer der Jungen hat sie geholt. Weil wir so verwirrt waren.«
    »Also war von acht Uhr dreißig bis neun Uhr kein Lehrer bei euch.«
    »Korrekt.«
    »Was habt ihr gemacht?«
    »Was wir gemacht haben? Ich verstehe die Frage nicht.«
    Marge sagte: »Eine halbe Stunde lang war kein Lehrer da. Was habt ihr gemacht, während ihr gewartet habt?«
    »Wir haben an unseren Plätzen gesessen.«
    Marge wartete auf mehr. Als nichts kam, fragte sie: »Ihr habt nur dagesessen?«
    »Korrekt.«
    »Habt ihr miteinander geredet?«
    »Nein. Wir haben schweigend gewartet. Vielleicht haben einige von uns meditiert. Aber das ist erlaubt, solange es schweigend geschieht.«
    Marge legte den Bleistift weg. »Bist du gern hier, Vega?«
    Das Mädchen sah sie verständnislos an. »Es ist mein Zuhause. Natürlich bin ich gern hier.«
    »Was gefällt dir daran?«
    »Gefällt?«
    »Ja, gefällt. Was machst du am liebsten?«
    »Ich mache alles gern.«
    »Wirklich alles?«, hakte Marge nach.
    »Korrekt.« Vega saß immer noch stocksteif da.
    »Aber gibt es nicht etwas … das du ganz besonders gern hast?«
    Das Mädchen dachte über die Frage nach. »Unser Vater Jupiter war ein erfahrener Naturwissenschaftler. Ich glaube, Naturwissenschaft gefällt mir am besten.«
    »Naturwissenschaft ist ein weiter Begriff. Was gefällt dir am besten davon?«
    »Vielleicht die Teilchenphysik – die verschiedenen Farben des elektromagnetischen Spektrums, die aufleuchten, wenn die Atome in Bewegung sind und dann wieder zur Ruhe kommen. Diese Woche wird Guru Bob mit uns