Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
beim Anblick ihres Vaters. Für sie war er immer noch ein Held.
Wie lange, bis er dieses Bild zerstörte?
20
Marge stand am Rand der kaum erkennbaren Einfahrt, eine Taschenlampe in der Hand. Decker hielt an. Sie öffnete die Beifahrertür und stieg ein. »Das ging ja schnell.«
Decker sah auf die Uhr. Fünf nach zehn. »Eine Stunde und fünf Minuten.«
»Wie schnell bist du gefahren, Lieutenant?«
»Geht dich nichts an. Wer kümmert sich um den Laden?«
»Oliver bewacht Pluto und seinen Henker.« Sie hielt kurz die Luft an. »Henker im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Name ist Benton. Er schlägt den Hühnern die Köpfe ab, ist von oben his unten voller Blut. Im Moment ist er an einen Pfosten gefesselt. Oliver konnte nicht beide bewachen, während ich hier unten war. Pluto schreit übrigens Zeter und Mordio, pocht auf seine Bürgerrechte. Aber es ist nicht viel Feuer dahinter.«
Vorsichtig gab Decker Gas, und der Wagen kroch vorwärts. »Mal sehen, ob ich das alles richtig verstanden habe. Du warst dabei, das Farmhaus zu überprüfen, und hast mitten im Wohnzimmer eine Blutlache entdeckt.«
»Und blutige Schuhabdrücke.«
»Frische?«
»Noch klebrig.«
»Du weißt aber nicht, ob es tierisches oder menschliches Blut ist.«
»Genau.«
»Und Benton sagt, es sei Hühnerblut.«
»Natürlich.« Sie starrte durch die Windschutzscheibe. »Und er hat wirklich Hühner geschlachtet, Peter. Mal angenommen, ich kaufe ihm ab, dass er Blut an den Schuhen hatte. Aber seine Erklärung für die Lache macht mich misstrauisch.«
»Und die wäre?«
»Er hat einen Eimer voll Blut ins Haus getragen, ist gestolpert, und dabei ist das Blut übergeschwappt.«
»Je nun, so was passiert mir dauernd«, meinte Decker.
Marge kicherte leise. Aber sie war nicht froh.
»Hat er dir auch gesagt, warum er einen Eimer voll Blut ins Haus getragen hat?«
Sie verzog die Nase. »Er wollte es in die Küche bringen und mit Hühnerbrühe mischen, die er aus frischen Hühnerknochen macht. Er sagt, das sei die nahrhafte Grundlage für die Suppen und Eintöpfe des Ordens.«
»Bah«, sagte Decker angewidert. Aber da kam auch sein Vorurteil zum Tragen. Die jüdischen Speisevorschriften verbieten den Verzehr von jeder Art Blut. Trotzdem aß Decker weiterhin Leber, was ja ziemlich blutig war.
»Wenn er die Wahrheit sagt, steh ich blöd da«, sagte Marge. »Ganz zu schweigen davon, dass ich dir den Abend verdorben habe.«
»Es war völlig richtig, dass du mich angerufen hast.«
»Ich hoffe wirklich, dass ich mich irre. Wer möchte bei so was schon Recht behalten? Wo doch das kleine Mädchen vermisst wird …« Sie deutete in die Dunkelheit. »Nach links, Pete.«
Decker gab dem Steuerrad einen kleinen Schubs und kroch weiter den pechschwarzen Pfad hinauf. »Erzähl mir von Benton.«
»Ein großer, vierschrötiger Mann. Gebaut wie ein Zementblock. Ich glaube, er ist geistig zurückgeblieben. Hat nicht viel geredet.«
»Das hat Pluto für ihn übernommen?«
»Du hast es erraten.«
»Und der Guru war wütend?«
Marge dachte über die Frage nach. »Mir kam er eher überrascht vor. Ich bezweifle, dass er oft im Haus war, aber er wusste, wie es da drinnen aussieht.«
»Woher denn?«
»Vielleicht weiß er, dass Hausarbeit nicht Bentons Stärke ist. Er sagte nämlich kurz bevor ich reinging, das Haus sei voller Ratten und Ungeziefer. Ich dachte, er wolle mir Angst einjagen. Er war derjenige, der gegen unsere Fahrt hierher protestiert hat. Trotzdem wirkte er nicht nervös, als ich reinging.« Ihre Stimme verlor sich. »Es war eine ziemlich große Pfütze …«
»Dunkel wie die Sünde hier«, flüsterte Decker. Und still, wenn auch nicht friedlich. Die Stille senkte sich über sie wie ein Daunenkissen.
»Du hast die örtliche Polizei noch nicht benachrichtigt?«
»Da du darauf bestanden hast, herzukommen, obwohl ich dir gesagt habe, dass das nicht nötig ist …«
»Ich bin hier, weil ich es wollte, Margie. Nicht, weil ich an deiner Professionalität zweifle.«
Er klang angespannt. Sie fragte: »Alles in Ordnung zu Hause, Pete?«
»War schon mal besser. Also gut, ich seh mir die Sache rasch an. Wenn wir die Ortspolizei brauchen, rufe ich sie an.«
Als er um eine Kurve bog, sah Decker Licht und dann das Gebäude. Das einstöckige Farmhaus war mehr als heruntergekommen. Es war abbruchreif. Als er näher kam, entdeckte er die an den schiefen Verandapfosten gefesselte ungeschlachte Gestalt. Daneben wanderte ein kleiner Schatten auf der Veranda
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