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Decker & Lazarus - 18 - Missgunst

Decker & Lazarus - 18 - Missgunst

Titel: Decker & Lazarus - 18 - Missgunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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mich genau gehört.« Sie sah sich den Sonnenuntergang an – ein umwerfendes Bild aus Gold- und Violetttönen. Tagsüber war es heiß gewesen, aber die Abendluft war mild. Sie hatte sich umgezogen und eine kurzärmelige weiße Bluse und einen Jeansrock ausgesucht. Ihr schwarzes Haar bedeckte ein farbenfroher Seidenschal, der am Rücken hinunterhing. »Kann ich dir irgendwie helfen, damit es schneller geht?«
    Er richtete den Kameraarm aus. »Nein danke, das geht schon … bin gleich fertig.«
    Hannah kam herausgeplatzt. Sie trug ihren Schlafanzug und dazu ein paar alte Schlappen. »Wann gibt’s was zu essen?«
    »Sobald dein Vater fertig ist.«
    »In ungefähr fünfzehn Minuten«, präzisierte Decker.
    Sie schnaufte wütend und stürmte ins Haus zurück.
    »Wir haben Hunger«, sagte Rina.
    »Ich möchte das hier vernünftig zu Ende bringen. Warum deckst du nicht schon mal den Tisch, und bis dahin bin ich auch fertig.«
    »Ich habe den Tisch bereits gedeckt.«
    »Gönn dir ein Glas Wein.«
    »Der Wein wird mich entspannen, aber er wird unserem Nachwuchs kaum helfen.«
    »Dann gib ihr was zu knabbern.«
    »Vor dem Essen will sie nichts zu knabbern haben.«
    Decker blickte hinab zu seiner Frau. »Fangt schon mal ohne mich an. Ich bin sowieso ein schneller Esser. Außerdem steht fest: Je weniger Zeit ich mit ihr verbringe, desto besser kann sie mich leiden.«
    »Sie liebt dich.«
    »Das sagst du ständig. Cindy war immer nett zu mir.«
    »Cindy lebte nicht mit dir zusammen.«
    Schweigen. Decker arbeitete ein paar Minuten weiter, kletterte dann aber die Leiter hinunter. »Fertig.« Als sie gemeinsam ins Haus zurückgingen, sagte er: »Ich dusche zuerst noch. Fangt schon mal an, ich bin gleich bei euch.«
    Es schien eine gute Idee zu sein. Hannah saß bereits am Tisch und visierte das Huhn wie ein Raubtier seine Beute. Rina schenkte sich ein halbes Glas Rotwein ein, einen Syrah von Herzog. »Du kannst loslegen.«
    »Na endlich.« Hannah schnappte sich die beiden Keulen und schaufelte sich einen Berg Broccoli und halbgebackene Kartoffeln auf den Teller. »Warum hat er denn plötzlich so eine Paranoia? Er ist doch nicht gerade eben erst in den Polizeidienst eingetreten.«
    »Der Fall hat mit Mitgliedern der Bodega-12th-Street-Gang zu tun. Einer von ihnen sitzt im Gefängnis, und ich habe ihn identifiziert. Dein Vater ist ein bisschen nervös.«
    »Aber du hast den Kerl doch nicht hinter Gitter gebracht?«
    »Ich glaube noch nicht mal, dass er von meiner Existenz weiß, aber dein Vater will einfach vorsichtig sein.«
    »Bei Oma und Opa zu sein ist ziemlich lästig. Ich muss eine halbe Stunde früher aufstehen.«
    »Es geht ja nur um ein paar Tage.«
    »Schon, aber warum ausgerechnet vor meinem Eignungstest fürs College? Und, nein, ich will nicht bei einer Freundin schlafen.«
    Rina lehnte sich zu ihrer Tochter hinüber und drückte ihren Arm. »Du bist sehr klug. Und du wirst das locker schaffen.«
    Hannah spießte ein Stück Broccoli auf, schob es sich in den Mund und kaute energisch. Sie hatte Tränen in den Augen. Decker tauchte ein paar Minuten später mit nassen, nach hinten gekämmten Haaren auf.
    »Du siehst aus wie Dracula«, begutachtete ihn Hannah.
    Decker fing an zu lachen. »Ich nehme mal an, das soll ein Kompliment sein. Er war immerhin ein Graf.«
    Hannah kicherte. »Tut mir leid, aber ich bin aufgeregt.«
    »Eignungstest fürs College«, fügte Rina hinzu.
    »Wann findet die Prüfung statt?«, fragte Decker.
    »Morgen, wie ich dir schon mal gesagt habe.«
    »Tut mir leid, aber ich bin alt. Ich vergesse Dinge. Du wirst das ganz prima bestehen.« Er machte eine Pause. »Mit Sicherheit schneidest du besser ab als ich. Wenn sie mir nicht für das Ausfüllen des Namensfeldes auch noch Punkte gegeben hätten, wäre mein Endergebnis schlecht gewesen. Hätte ich aber nicht schlimm gefunden, denn das College reizte mich herzlich wenig.«
    Hannah hörte auf zu essen und sah ihren Vater direkt an. »Wieso das denn? Du bist so klug.«
    »Danke«, sagte Decker ernsthaft. »Bildung hatte für meine Eltern keinen großen Stellenwert. Bestimmt klingt das für dich jetzt ganz toll.« Die Bemerkung entlockte Hannah ein Lächeln. »Grandpa arbeitete mit seinen Händen, und ich dachte, ich mach’s genauso.«
    »Und trotzdem hast du dir einen Job gesucht, der eine Menge Kopfarbeit erfordert.«
    »Ein glücklicher Zufall. Als ich aus der Armee ausgetreten war, suchte die Polizeiakademie Leute. Gainesville war … ist eine

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