Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
darüber, aber ihre Unterlagen weisen keinen der beiden als Schlägertypen aus.«
»Sie sind beide in der Bodega-12th-Street-Gang.«
»Das hat nichts zu sagen. In der Schule wimmelt es von Bodega-Mitläufern.«
Der Kellner kehrte mit dem Wein zurück. »Möchten Sie bestellen?«
Carmens Lächeln sah gefroren aus. »Ich nehme die Ente.«
»Eine ausgezeichnete Wahl«, bestätigte ihr Mike.
»Black Angus, medium.«
»Ausgezeichnet«, wiederholte Mike. »Wünschen Sie Gemüse dazu? Unser Rahmspinat ist ausgezeichnet.«
»Klingt gut«, sagte Oliver.
»Ausgezeichnet.« Mike nahm die Speisekarten und zog von dannen.
»Als ehemalige Englischlehrerin«, konstatierte Carmen trocken, »würde ich ihm raten, in einem Thesaurus nach einem anderen Adjektiv zu suchen.«
Oliver prustete vor Lachen los. »Tatsache, aber er ist wenigstens freundlich.«
»Stimmt. Ich hasse hochnäsige Kellner, sie machen mich nervös. Als wäre ich nicht gut genug.«
»Das ist schlichtweg unmöglich.«
Carmen senkte den Blick. Die nächsten paar Minuten verbrachten sie mit nettem Geplauder über ihre jeweiligen Berufe, aber Oliver war kribbelig. Arrangiert hatte er das Abendessen tatsächlich aus beruflichen Gründen. Und in einem Moment, der ihm passend zu sein schien, sagte er: »Carmen, wären Sie beleidigt, wenn ich einen kurzen Blick in die Akten werfe?«
»Äh … nein.«
»Warum zögern Sie?«
Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf. »Ich weiß nicht recht, ob ich Ihnen die Akten tatsächlich kopieren und aushändigen darf.«
»Oh … dann warte ich. Kein Problem.«
Carmen schob ihm ihre Tasche unter dem Tisch zu. »Sie sind hier aus einem bestimmten Grund, und das respektiere ich. Werfen Sie einen kurzen Blick hinein, Detective.« Sie lehnte sich nach vorne und kräuselte die Nase. »Aber bitte diskret.«
»Nennen Sie mich Scott, und danke, dass Sie kein Spielverderber sind. Ich schulde Ihnen eine Essenseinladung ohne Geschäftscharakter.«
»Sie schulden mir gar nichts.«
»Dann würde ich eben gerne noch mal mit Ihnen ausgehen.«
»Sind Sie sich da sicher?« Sie grinste. »Der Abend ist nicht vorbei.«
»Ganz sicher.« Oliver dachte an Adrianna Whitcomb und beschloss, dass sie warten müsse. In seinem Alter konnte er nurmehr eine zur Zeit verarzten. Er zog eine der Akten aus der Tasche und legte sie sich auf den Schoß. Esteban Cruz. Er blätterte die Seiten durch und las angestrengt, da das Licht so schummrig war.
Plötzlich ließ ihn etwas innehalten.
»Was ist los?«, fragte Carmen.
»Nichts … gar nichts.« Er steckte die Akte zurück und zog eine andere heraus. Die hier war von José Pinon. Wieder blätterte er die Papiere durch.
»Sie sehen aus, als wäre Ihnen ein Gespenst begegnet.«
»Tut mir leid, wenn ich schroff wirke.« Er starrte seine Verabredung an: »Aber woher haben Sie bloß die Fingerabdrücke von José Pinon?«
»Die waren bei den Unterlagen der Grundschule dabei. Wir haben ein Schulprogramm, in dem allen Kindern der Grundschule automatisch die Fingerabdrücke abgenommen werden. Wir behaupten, es sei für den Fall einer Entführung – in Wahrheit ist es sehr hilfreich bei der Identifizierung von Leichen. Bei uns kommt es oft zu Schießereien zwischen den Banden, nach denen die Toten ohne Papiere irgendwo abgelegt werden –«
»Sind die Originale in der echten Akte, oder haben Sie davon selbst nur Kopien?« Er stellte fest, dass seine Stimme atemlos klang.
»Wir haben die Originale.«
»Mit Namen versehen … genau wie die Kopien.«
»Ja, Sir.«
»Scott reicht. Ich brauche diese Originale, Carmen. Und zwar jetzt gleich. Haben Sie einen Schlüssel für die Highschool?«
»Ich habe einen Schlüssel, aber ich weiß nicht, ob ich Ihnen die Fingerabdrücke aus den Akten geben darf, Detective … Scott. Das könnte als Verletzung der Privatsphäre aufgefasst werden.«
»Ja, da haben Sie recht. Ich besorge mir einen Durchsuchungsbefehl.«
Ein Kellner am unteren Ende der Hierarchie brachte das Essen. Offensichtlich hatte Ausgezeichnet-Mike gerade Wichtigeres zu tun. Carmen lächelte, als der Kellner die Ente vor ihr abstellte. »Vielen Dank.« Zu Oliver sagte sie: »Sollen wir sie bitten, alles einzupacken?«
»Hm …« Oliver betrachtete sein Steak. »Nein … ich rufe nur schnell meine Partnerin an und lasse sie die notwendigen Papiere vorbereiten.«
»Es macht mir wirklich nichts aus. Ich esse sowieso immer auf dem Sprung.«
»Geben Sie mir fünf Minuten, Carmen, und dann bin ich
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