Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
zugezogen.
»Polizei!«, rief sie wieder laut und zielte mit der Waffe auf die Dusche. »Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!«
Die Vorhänge schienen nichts zu hören, denn sie kräuselten sich noch nicht einmal. Vorsichtig zog sie sie auf und enthüllte eine leere Duschwanne.
»Sauber!« Sie ging ins Schlafzimmer zurück. »Was ist mit dem Schrank?«
»Sauber«, antwortete Rangler.
»Harriman?«
»Ich bin hier.«
»Sie können jetzt rauskommen.«
»Ich bin nackt.«
»Holt jemand bitte einen Bademantel oder so was.«
Harriman kroch unter dem Bett hervor und stand auf wackeligen Beinen da. Er zitterte am ganzen Körper, als sie ihm seinen Frotteebademantel reichten. Er atmete flach wie ein hechelnder Hund. »Haben Sie ihn gefunden?«
»Noch nicht.«
»Ich bin doch nicht verrückt!«, rief Harriman. »Ich schwöre, ich habe jemanden gehört.«
»Wir sind mit der Durchsuchung noch nicht fertig, Brett. Das Haus ist umstellt. Sobald wir Sie in Sicherheit gebracht haben, machen wir weiter.« Marge bot ihm ihren Arm an. »Ich führe Sie hinaus.«
Als sie die Eingangstür erreichten, begann Harriman zu zittern. »Er ist hier«, flüsterte er zu Marge, »ich kann ihn riechen.«
»Dann werden wir ihn auch finden.«
»Bitte gehen Sie auf keinen Fall vorher weg. Ich weiß, dass er hier ist.«
»Officer Fetterling begleitet Sie jetzt zu einem Streifenwagen und wartet dort mit Ihnen, bis wir fertig sind.«
Er drückte Marges Arm. »Danke.«
»Gern geschehen. Dafür werden wir bezahlt.« Als er sicher in einem der Streifenwagen untergebracht war, sah Marge sich um.
»Wir haben alles außer dem Flurschrank überprüft.« Seitlich vom Schrank stehend, klopfte sie an dessen Tür. »Polizei! Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!«
Nichts. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass diese letzte Durchsuchung erfolgreich sein würde?
Nahm Harriman sie alle auf den Arm? Liebte er dramatische Situationen? Aber warum war die Glühbirne aus der Lampe an der Hintertür herausgedreht worden – außer der Blinde hatte das selbst getan?
Sie zog alle Möglichkeiten in Erwägung, als sie sich zum wiederholten Mal gegen die Wand presste. Dann schaltete ihr Gehirn auf volle Konzentration. Mit der Hand über dem Türknopf rief sie: »Alle Mann in Stellung!«
Und stieß die Tür auf.
Nichts passierte.
»Jeder bleibt in Stellung!« Marge war immer noch gegen die Wand gequetscht, und irgendetwas riet ihr, sich besser nicht zu bewegen. Der Geruch nach Schweiß … der Geruch nach Angst.
Die Luft stand still. Ihre Atemzüge verstärkten sich in ihrem Kopf, als würde sie sich durch ein Stethoskop selbst beim Atmen zuhören. Heftiges Herzklopfen in der Brust.
Einatmen, ausatmen.
Schön langsam, Marge.
»Jeder bleibt in Stellung!«, wiederholte sie.
Sie horchte genau hin, und schließlich hörte sie es – Atemzüge, die nicht zu ihrem eigenen Rhythmus passten.
Da drinnen war definitiv jemand und versteckte sich.
»Polizei!«, rief sie. »Sie sind umzingelt. Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!«
Immer noch rührte sich niemand.
»Ich zähle jetzt bis drei, dann schießen wir –«
»Nein, bitte nicht!«, bat eine Stimme.
»Raus, raus, raus«, befahl Marge.
Aus einer Schrankecke erhob sich etwas, und Marge sah ein metallisches Schimmern. »Lassen Sie die Waffe fallen! Sofort! Lassen Sie sie fallen!« Als sie einen Gegenstand mit einem harten Schlag auf den Boden poltern hörte, rief sie: »Und die Hände hoch!«
Die Kreatur aus der schwarzen Lagune kroch hervor, und Marge sagte ihr, sie solle sich auf den Boden legen. Im selben Augenblick hielten ihn vier Beamte in Schach, während zwei weitere den Schrank durchsuchten. Die Waffe war eine Smith & Wesson Kaliber.32; so eine Waffe war auch bei den Kaffey-Morden benutzt worden.
Wie hoch standen die Chancen, dass sie dazupasste? Das hing wohl davon ab, wer hier mit gespreizten Armen und Beinen auf dem Boden lag. Marge leuchtete mit einer Lampe in das Gesicht, um zu sehen, ob es ihr bekannt vorkam, während Rangler die hinteren Taschen des Mannes durchsuchte. Er zog eine Brieftasche hervor und dazu noch einen Führerschein und zeigte beides seiner Vorgesetzten.
Marge grinste. »Na denn. Willkommen zurück in den Vereinigten Staaten von Amerika, Joe.«
38
Das Auf- und Abgehen erfüllte einen doppelten Zweck. Decker wurde nicht kalt, und er arbeitete so ein bisschen Stress ab. Um drei Uhr morgens wirkte das Krankenhaus bedrohlich wie ein elektrisch
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