Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
trotzdem behält Guy ihn und versetzt ihn an die Ostküste und überträgt ihm Greenridge, eines der größten Projekte, das je von Kaffey Industries geplant wurde. Ist das wirklich eine Degradierung?«
»Leitet nicht Grant das Greenridge-Projekt?«
»Ja, aber nachdem Guy Kaffey jetzt tot ist, bleibt Grant hier, und Mace ist ganz allein für Greenridge zuständig.«
»Willst du damit sagen, dass Mace seinen Bruder und seine Schwägerin getötet hat und seinen Neffen umbringen wollte, damit er die Verantwortung für Greenridge übertragen bekommt?«
»Was ist, wenn Guy den Hahn für Greenridge zudrehen wollte? Wo stünde dann Mace?«
»Schon, aber wenn Mace die Schuld für seinen Bruder übernommen hat, würde das ja bedeuten, dass er etwas gegen ihn in der Hand hatte. Warum sollte Guy dann Mace absichtlich unter Druck setzen?«
»Ich habe keine Antworten, nur Fragen.« Rina musste lachen, genau wie Decker. »Jede Menge Fragen und keine Spur außer der Lauscherei von Harriman. Ich werde die Jungs überprüfen, die du identifiziert hast, aber selbst wenn einer von denen an den Morden beteiligt war, bin ich sicher, dass man ihn nur angeheuert hatte.«
»Du glaubst, Mace hat das alles organisiert?«
»Ich weiß es nicht, Rina. Man betrachtet immer die ganze Familie und sieht dann nach, wer was zu gewinnen hat. Mace bekam vielleicht Greenridge, weil er Guy bei seinen Steuerproblemen geholfen hat, aber wenn die Eltern sterben, sind es die Söhne, die alles erben. Grant redet schon davon, die Ranch zu verkaufen, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen. Sie stehen alle immer noch ganz oben auf meiner Liste.«
»Gil wurde verwundet. Wie kannst du ihn verdächtigen?«
»Die Kugel hat einen Teil seiner Leber zerfetzt, und das war eine schlimme Verletzung, richtig. Aber er ist nicht gestorben, wohingegen die anderen regelrecht niedergemetzelt wurden. Selbst wenn das, was Harriman sagt, stimmt, dass also Joe die Kugeln ausgegangen sind, dann muss einfach jemand mit einer übrigen Kugel da gewesen sein, um die in Gils Kopf zu schießen. Vielleicht hat Gil sich selbst inszeniert, um unschuldig auszusehen, und dann hat der Schütze versehentlich ein lebenswichtiges Organ erwischt?«
»Ich habe so was mal bei Forensic Files gesehen. Wie oft kommt das vor?«
»Nicht oft, aber ich hab’s schon erlebt. Also, warum bin ich hingefahren, außer weil ich mit dir zusammen sein wollte?« Er überlegte einen Moment. »Lass es mich so sagen: Du lässt nie nach. Du bedrängst niemanden, trotzdem kommst du immer wieder. Ein Anruf, ein Überraschungsbesuch, eine E-Mail, nur noch eine Frage. Wenn du das lang genug mit jemandem machst, der drinhängt, wird der Schuldige nervös. Diese Person führt dann ein oder zwei Telefongespräche. Diese Person erhält dann ein oder zwei Anrufe. Die Leute reagieren impulsiv, und Dinge kommen ans Licht. Bei so großen Fällen wie diesem hier … du beginnst fast nie mit dem Boss, auch wenn der Boss schuldig ist.«
»Zu viele Schutzschichten.«
»Ganz genau«, sagte Decker. »Du fängst an mit dem Pack, das geschossen hat. Die geraten leichter ins Fadenkreuz, weil sie fast immer in irgendeine illegale Sache verwickelt sind. Du kriegst sie wegen Drogen dran, und dann erwähnst du die Morde. Bevor du dich versiehst, beginnt jemand zu quatschen, und so arbeitest du dich langsam nach oben, bis du an der Spitze ankommst.« Eine Pause. »Wenn sie was damit zu tun haben. Kann auch mal sein, dass sie unschuldig sind.«
»Ich werde deine Aussage nicht an die Presse weitergeben«, sagte Rina. »Du musst dich nicht dazu äußern.«
Decker lachte. »Die Macht der Gewohnheit.« Für eine Weile fuhren sie schweigend weiter. »Weißt du, ich rede immer davon, dass die Jungs bestimmt erben werden. Doch das ist keine ausgemachte Sache. Das Testament wurde noch nicht eröffnet.«
»Also wissen die Söhne tatsächlich nicht, woran sie sind.«
»Korrekt. Aber Grant schien sich sicher zu sein, dass er und Gil fast alles bekommen. Vielleicht hatte Guy vor langer Zeit mal ein Gespräch mit seinen Söhnen und hat ihnen gesagt, dass sie alles erben werden. Vielleicht nimmt Grant das auch nur an … das hat er gesagt. Er nimmt an, dass seine Eltern ihm und seinem Bruder fast alles hinterlassen haben. Du weißt, was man so über das Verb ›annehmen‹ sagt, oder?«
»Ja, du wirst, was du annimmst.«
»Genau.«
»Angenommen, Grant irrt sich, was dann?«
»Ich glaube, er wäre äußerst enttäuscht.«
»Das könnte
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