Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
immer so. Ich nehme, was ich kriegen kann.«
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»Das ist er.« Rina zeigte auf das Verbrecherfoto von Alejandro Brand. »Dieser Typ ist ganz sicher der kleinere von den beiden, den der Mann Alex gerufen hat. Ich erkenne das Gesicht, auch die Tätowierungen – die Schlange und den Tiger – und die Narbe. Das muss der Mann sein, den ich mit Harriman heute Nachmittag gesehen habe.«
»Gut.« Decker sah auf die Uhr. Es war fast elf Uhr abends, und er war müde. Aber er machte unermüdlich weiter, angesteckt von Rinas Enthusiasmus. »Mal sehen, mit wem wir es da genau zu tun haben.« Er tippte den Namen in seinen Computer ein, doch der hängte sich auf. »Der Computer streikt. Morgen weiß ich mehr. Lass uns nach Hause gehen.«
»Möchtest du, dass ich noch nach dem größeren Mann suche? Wenn du mir ein bisschen Zeit lässt, finde ich ihn bestimmt.«
»Schluss für heute.«
Rinas Blick streifte durch das leere Revier und blieb dann an dem Gesicht ihres Mannes hängen. Obwohl es für sie ein langer Tag gewesen war, so hatte Decker einen noch längeren gehabt. Sie hatte sich in der Aufregung ihrer Entdeckung verzettelt. »Du hast recht, wahrscheinlich wäre ich ausgeruht auch besser dabei.«
Decker schlug das Verbrecheralbum zu und half ihr in die Jacke. Die beiden verließen das Revier und flitzten in Deckers altem Porsche vom Parkplatz. »Sobald du mit der Identifizierung des zweiten Manns durch bist, ist deine Beteiligung an diesem Fall beendet.«
»Keine Sorge, ich ziehe mich gerne zurück. Ich kann dem Ganzen dann auch nichts mehr hinzufügen.«
»Wo du gerade davon sprichst …« Er tippte mit den Fingern aufs Lenkrad. »Ich werde dir gleich ganz scheinheilig noch eine weitere Frage stellen.«
»Du bist nicht scheinheilig. Du schwankst nur zwischen Wissenwollen und Um-meine-Sicherheit-besorgt-sein hin und her. Hör auf, dir Gedanken zu machen. Sie haben mich nicht gesehen. Ich war sehr vorsichtig. Der Mann war bereits auf dem Weg in den Gerichtssaal, als ich bei Harriman ankam.«
»Was, wenn sie Spione dabeihatten?«
»Sie hatten keine Spione, Peter.« Rina senkte ihre Stimme. »Ich weiß, dass die Bodega-12th-Street-Gang aus lauter üblen Kerlen besteht, aber sie sind nicht die CIA. Also, was wolltest du mich fragen?«
Decker hatte den Faden verloren. »Ach ja. Hat Harriman dir ganz sicher rein gar nichts über seinen Wortwechsel mit Alex gesagt?«
»Er sagte rein gar nichts über das Gespräch. Er sagte allerdings, wir sollten uns unterhalten.«
»So weit kommt’s noch. Ihr zwei habt kein einziges Gesprächsthema, und solltet ihr beiden euch unterhalten, könnte ein schlauer Anwalt behaupten, ihr hättet euch gegen seinen Klienten verschworen.«
»Da ist was dran, Herr Rechtsberater, dein Abschluss in Jura war also nicht umsonst.«
»Wohl wahr. Er hat nicht etwa deine Handynummer, oder?«
»Nein.«
»Umso besser. Ich habe bei dem Kerl kein gutes Gefühl.«
»Bei Harriman? Wieso? Glaubst du, er denkt sich das aus?«
»Nein, er ist einer Sache auf der Spur, aber warum bringt er sich dadurch in Gefahr, dass er gefährliche Typen belauscht?«
Rina dachte einen Moment nach. »Manchmal lassen sich Leute auf etwas ein, ohne die Konsequenzen zu sehen. Harriman arbeitet schon eine Weile für das Gericht, er hatte viel mit widerlichen Typen zu tun, ohne dass es Probleme gab. Dazu ist er blind, nimmt also die nonverbalen Signale nicht auf. Und du kennst ja die Verlockung des Ruhms. Vielleicht ist das Harrimans einzige Chance, einmal ein berühmter Zeuge statt ein braver Übersetzer zu sein.«
Auf ihren regelmäßigen Fahrten von Los Angeles nach Santa Barbara fuhr Marge oft an Farmen in Oxnard und Ventura vorbei, mit ihren endlosen, in grüne Raster eingeteilten Feldern, auf denen es alles aus dem Alphabet der Salate gab, von Artischocken bis Zucchinis. Am Straßenrand standen Obst- und Gemüsestände mit frisch geernteten Bioprodukten und selbst gezüchteten Blumen. Schon oft war Marge bei ihrem Freund mit Tüten voll alter Tomatensorten, roten Rüben, rotweißer Beete, roten Frühlingszwiebeln und einem Sack verschiedener Minigemüsesorten angekommen.
Aber nach ein paar Minuten Fahrt im Mietauto vom Flughafenparkplatz in die Innenstadt wurde Marge bereits klar, dass Ponceville nichts für die Bioladen-Klientel anbaute. Dieser Landstrich präsentierte knallharte Agro-Industrie mit hektarweise kommerziell genutzten Grundstücken, die eingezäunt und durch »Betreten-verboten« -Schilder
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