Deebs, Tracy - Tempest - 01 - Tochter des Meer
einfach viel um die Ohren.« Die Lüge blieb mir fast im Hals stecken.
Der Blick, den er mir zuwarf, verriet mir, dass sich meine Fähigkeit zu lügen in den letzten Tagen nicht verbessert hatte. »Ich kann völlig verstehen, wenn es dich nervös macht, dich wieder aufs Wasser zu wagen. Der Sturz hätte jedem von uns zugesetzt, Tempe.«
»Ich habe keine Angst, zu ertrinken.« Das jedenfalls war nicht gelogen. »Ich hatte bloß nicht viel Zeit.«
»Das hat dich vorher noch nie abgehalten.«
Wütende Verzweiflung machte sich in mir breit. »Ich bin nicht gekommen, um mich verhören zu lassen, Mark.«
»Du gehst mir eine Woche lang aus dem Weg und dann wirst du sauer, wenn ich versuche mit dir zu reden? Was soll das?«
»Nichts. Ich will einfach nur surfen, okay?«
In seinem Gesicht arbeitete es und ich war sicher, dass wir uns gleich richtig in die Haare geraten würden - schließlich hatten wir nicht umsonst eine Achterbahnbeziehung -, aber Mark schaffte es, hinunterzuschlucken, was immer ihm gerade auf der Zunge lag. »Also gut.«
Ich nickte und nahm innerlich Anlauf, ehe ich das erste Mal, seit ich vor die Tür getreten war, aufs Meer hinausblickte. Die Dämmerung schickte gerade die ersten Streifen in die tintenschwarze Dunkelheit; ihre orangeroten Schlieren wanden sich wie Bänder über den Nachthimmel. Alles in mir sehnte sich nach dem Wasser, ich verzehrte mich danach, weiter hinauszupaddeln als je zuvor, einfach unter die Oberfläche zu sinken und für immer zu verschwinden.
Aber das würde nicht passieren. Ich weigerte mich, es zuzulassen; ich weigerte mich, es zu wollen, egal, was mein verräterischer Körper empfand. Ich würde es langsam angehen und wenn es Zeit war, ans Ufer zurückzukehren, würde ich das tun.
»Da ist ja mein Mädchen.« Logan legte mir einen nassen Arm um die Schulter und ich merkte, wie spät Mark und ich dran waren. Die Jungs hatten mindestens schon einen Ritt hinter sich.
»Um genau zu sein, ist sie mein Mädchen.« Marks Stimme hatte einen neckenden Tonfall, doch der Blick in seinen Augen war unmissverständlich.
»Wie ist das Wasser?« Ich ignorierte Mark und schmiegte mich lächelnd an meinen Freund. So war es immer, wenn ich mit Logan zusammen war. Ganz egal wie sauer, traurig oder schlecht man sich fühlte, mit ihm in der Nähe war es so gut wie unmöglich, nicht zu lächeln. Selbst das unangenehme Gefühl, das sein Arm auf meiner empfindlichen Haut verursachte, war die Sache wert.
»Es geht voll ab, Mann! Besser war es die ganze Woche noch nicht.«
»Super.«
»Und wo hast du gesteckt?« Er stupste mich ins flache Wasser.
»Ich war beschäftigt.«
»Zu beschäftigt zum Surfen?« Er fasste sich in gespieltem Entsetzen an die Brust. »Blasphemie, sage ich. Blasphemie!« Mit seinem australischen Akzent klang das einfach urkomisch und ich musste kichern. Ich konnte nicht anders.
»Ich weiß«, erwiderte ich und versuchte ein möglichst ausdrucksloses Gesicht zu machen. »Es war ein Albtraum, glaub mir.«
»Das glaube ich. An Land eingesperrt zu sein, ist meine persönliche Vorstellung von der Hölle, weißt du.« Logan sah an mir herab. »Neuer Badeanzug?«
»Der gleiche, den ich fast jeden Tag anhabe.«
»Dann liegt es vielleicht an dir? Irgendwas sieht anders aus.«
Blitzschnell sah ich an mir herab, entsetzt von der Vorstellung, es könnte eine weitere Veränderung geschehen, ohne dass ich darauf vorbereitet war.
»Ich finde, sie sieht klasse aus.« Das war Mark, der mir mit kreisenden Bewegungen beruhigend über den Rücken strich, während er mich von Logan loseiste.
Das war typisch für Mark und nur einer der Gründe, warum wir immer wieder zusammenkamen, trotz der Streitereien und Vorwürfe. Ganz egal, wie sauer er auf mich war, er hielt mir immer den Rücken frei. Und ich ihm.
»Wahrscheinlich ist es der Meerwasserentzug«, scherzte ich. »Vier Tage ohne und ich bin komplett ausgetrocknet.«
»Heißt das, du willst es probieren?«
»Unbedingt.«
»Wer als Letzter drin ist, verliert!« Logan flitzte mit Vollgas zum Wasser.
Mark und ich rannten ihm nach und als ich endlich beim Wasser ankam, lachte ich wie eine Irre. Ich konnte nicht anders, es fühlte sich einfach so gut an, dort draußen zu sein und das zu tun, was ich liebte, dass ich kaum glauben konnte, aus Angst fast eine Woche weggeblieben zu sein.
Die anderen gesellten sich zu uns, und als wir zusammen rauspaddelten, war es, als wäre ich nie fortgewesen.
»Yo, Scooter, was war da
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