Deebs, Tracy - Tempest - 01 - Tochter des Meer
war es doch nicht so schlimm, siebzehn zu werden.
Es sprach sich schnell herum, dass Bobby Maguire draußen zugange war, und bald darauf tummelten sich Heerscharen surfender Frühaufsteher am Strand, um ihren Helden zu Gesicht zu bekommen. Selbst Brianne und Mickey kamen und mischten sich unter die Jungs, während sie meinem Vater beim Surfen zusahen.
Ich konnte es ihnen nicht verdenken, auch wenn es mich wurmte, dass das Beisammensein mit Dad von ihnen gestört wurde. Selbst nach so vielen Jahren war das, was er mit dem Board machte, in Bewegung umgesetzte Poesie. Er war der geborene Wellenreiter - selbst der Ozean schien das zu wissen.
»Bist du so weit, Süße?«, fragte er, als wir zum fünften Mal rauspaddelten, mit Mark, Brianne und Bach im Gefolge.
»Darauf kannst du wetten.« Wir hatten bereits zwei perfekte Tubes geritten, ganz zu schweigen von zwei derben Krachern, die alle anderen Surfer, die sich an ihnen versuchten, vom Brett gespült hatten. Es war ein traumhafter Morgen.
Ich war zum ersten Mal seit Langem wieder glücklich. Und so wie es aussah, galt das auch für meinen Dad. Ich hätte den ganzen Tag so weitermachen können.
Als ich kurz hinter meinem Vater in die Welle fuhr, spürte ich zwischen den Schultern plötzlich ein gewaltiges Brennen, als wäre Salzwasser in eine offene Wunde geschwappt. Der Schmerz schoss mir so heftig in den Nacken und über den Rücken, dass ich völlig überrumpelt war. Ich machte einen Patzer und flog fast vom Brett - was sich langsam zu einer irritierenden Gewohnheit auswuchs -, schaffte es aber im letzten Moment, mich richtig hinzustellen.
Trotzdem fand ich den Punkt nicht mehr und verbrachte die restliche Zeit damit, meinem Vater, der die Welle wie ein echter Pro erwischt hatte, bis ans Ufer hinterher zudümpeln. Am Strand wurde er augenblicklich von einer Horde Surf-Jünger umringt, zu denen auch ein paar meiner Freunde gehörten. Ein wenig verlegen, aber nicht unwillig, beantwortete er eine Frage nach der anderen.
Mit ungläubig-amüsiertem Kopfschütteln lief ich über den Strand, um mein Handtuch zu holen. Mein Rücken brannte immer noch wie Feuer und ich wollte mich abtrocknen und dann im Spiegel nachsehen, ob ich mich im Wasser irgendwo gestoßen oder geschnitten oder ob mich irgendetwas gestochen hatte.
Mark erwischte mich, ehe ich bei meinen Sachen ankam. Er legte die Hände um meine Taille und hob mich in einer überschwänglichen Umarmung hoch. Ich schrie und lachte und klammerte mich an seinen Schultern fest, während er mich schüttelte wie eine Stoffpuppe.
»Lass mich runter!«, befahl ich ihm, musste aber so sehr lachen, dass ich mein eigenes Wort nicht verstand. »Mark!«
Mit einem Grinsen tat er, was ich von ihm verlangte, ließ sich aber reichlich Zeit dabei, meinen Körper an seinem herabgleiten zulassen. Als er mich in die Arme nahm und an sich zog, legte ich den Kopf an seine Brust. Ich hatte das Gefühl, an meinen Schuldgefühlen zu ersticken, als ich mir vor Augen hielt, dass ich keine vier Stunden zuvor Kona geküsst hatte. Ich befahl mir, Mark loszulassen, weil ich seine Zuneigung nicht verdiente. Doch er fühlte sich so gut an, so normal, dass ich ihn nicht gehen lassen konnte. Der Klang seines Herzens an meinem Ohr beruhigte mich, wie nichts sonst es vermochte.
Mir war klar, dass ich ihm eigentlich erzählen müsste, was geschehen war, doch ich brachte es nicht fertig. Es veränderte sich zu vieles in zu kurzer Zeit. Ich konnte nicht auch noch Mark aufgeben, und ich wusste, dass seine Eifersucht ihn nie darüber hinwegkommen lassen würde, wenn er Bescheid wüsste.
»Alles Gute zum Geburtstag, Tempest«, flüsterte er, während er mit den Lippen über mein Haar und meine Wange fuhr.
»Danke.« Ich klammerte mich noch fester an ihn, weil ich fürchtete, dass er mich loslassen könnte.
Er tat es nicht und schien es ebenso zu genießen, mich festzuhalten, wie ich es genoss, gehalten zu werden. Als das Salzwasser trocknete, wurde das Brennen auf meinem Rücken zu einem dumpfen Pochen, das ich leicht ignorieren konnte. Jedenfalls bis Brianne uns zurief: »Besorgt euch ein Zimmer.«
Ich löste mich von Mark und erstarrte, als ich Kona keine zehn Meter entfernt seelenruhig mit meinem Vater plaudern sah.
Was hat er denn hier verloren? Panik stieg in mir auf. Er müsste zu Hause sein, im Bett. Oder wenigstens in Del Mar, um dort oben die Monsterwellen zu reiten. Überall, nur nicht hier, an meinem Strand, wo er mich an meine
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