Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
als Philippinin aus, in deren asiatischen Adern sich europäisches Blut gemischt hatte.
Ihre kleinen und festen Brüste zeichneten sich unter der schwarzen Fliegermontur ab, als die grazil wirkende Frau in der Hocke den Rucksack entleerte und vier gleichförmige Päckchen, die aus einem schwarzen Kunststoffmaterial bestanden, vor sich auf den Stein legte. Jedes der Päckchen wog beinahe zwanzig Kilogramm, und nur der fast zerbrechlich wirkenden Statur der kleinen und sportlichen Frau war es zu verdanken, dass der 30 PS Motor das Gewicht über die lange Distanz zu seinem Bestimmungspunkt problemlos befördert hatte.
Als die Frau vor einigen Wochen den Anruf ihres Auftraggebers erhalten hatte, waren die Anweisungen klar gewesen:
Hyacinth, du kannst deine Schuld endlich bei mir einlösen. Ich möchte, dass Mount Rushmore von der Landkarte verschwindet. Nutze den Schutz der Dunkelheit, um dich unbehelligt anzupirschen. Alles, was du brauchst, findest du in einem sicheren Versteck. Viel Glück, Hannibal!
Sie hatte den Plan genauestens studiert und war wenig erstaunt darüber, wie präzise er war.
Genau so, wie es der Auftraggeber beschrieben hatte, entdeckte sie nach kurzer Suche die kleine unscheinbare Metallkiste, die zwischen den zerfurchten Felsens jenseits der Präsidentenköpfe lagerte. Mit einer Miniatureisensäge durchtrennte sie das simple Sicherheitsschloss und fand darin Kletterseile, Karabinerhaken und Körpergurte, die dem Spezialreinigungsteam des Nationaldenkmals als Arbeitswerkzeuge dienten.
Die Asiatin legte sich die Sicherungsgurte an und zurrte sie fest. Was den Touristen der in mehreren hundert Metern Entfernung gelegenen Besucherplattform selbst bei Tageslicht entgangen wäre, entpuppte sich aus der Nähe betrachtet als eine Art Klettergarten mit Adrenalinfaktor. Die Gesichter der ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika waren übersät mit Expansionsbohrhaken, die als Orientierungs- und Steighilfe für die Seilmannschaften des Reinigungsteams dienten. An unzähligen Stellen klafften Löcher oder steckten Klemmkeile und Haken. Die Frau sicherte sich mit diversen Vorrichtungen ab und begann ihre Kletterpartie.
Abraham Lincoln, der in einer Blockhütte in Kentucky geborene 16. Präsident der Vereinigten Staaten, schaute grimmig in die Nacht, als die Asiatin an der hohen Stirnpartie des Monuments ihren Abstieg in die Tiefe begann. Sie zitierte in Gedanken ein Gedicht von Walt Whitmann, welchem sie eine persönliche Note beifügte: Oh Captain, my Captain – du bist heute mein erstes Opfer!
Als sie nach zehn Minuten Abstieg das linke Auge des Präsidenten erreicht hatte, verankerte sie mit einer Spezialbohrmaschine den ersten Dübel in dem harten Fels und befestigte ihr erstes Sprengstoffpaket. Dann aktivierte sie den Zünder und vergewisserte sich, dass die kleine grüne LED-Lampe gleichmäßig blinkte. Die erfahrene Kletterin arbeitete gegen die Uhr, da sie noch vor Sonnenaufgang und im Schutz der Dunkelheit das Gebiet mit ihrem Motorgleitschirm verlassen wollte. Sie musste innerhalb von drei Stunden alle vier Pakete an den Präsidentenköpfen angebracht haben und lag nach Lincoln in der vorgegebenen Zeit.
Die zweite Figur, die das schnauzbärtige Gesicht von Theodore Roosevelt, dem 26. Präsidenten der USA, darstellte, erwies sich als dankbarer Klettergrund. Der Republikaner, der bis heute ungewollter Namenspatron des berühmten Teddybärs war, bekam ungebeten seinen Sprengsatz oberhalb der steinigen Brillenfassung verpasst.
Dann kletterte die Asiatin weiter und bewegte sich auf Thomas Jefferson zu, den dritten Präsidenten und Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Ohne Probleme platzierte sie auch hier ihr gefährliches Paket.
Als sie erneut aufsteigen wollte, um das letzte Bündel zu holen, hätte sie fast den Halt verloren. Nur ein beherzter Griff an einen kleinen Felsvorsprung rettete sie vor dem Sturz in die Tiefe. Ein junger aber kräftiger Steinadler, der in einer Felsspalte hockte und sein Nest errichtete, fühlte sich in seinem Revier angegriffen und stieß schrille und drohende Laute aus.
Dann führte der gefährliche Weg weiter zu jener Person, die auf jeder Ein-Dollar-Note abgedruckt war.
George Washington, der aus Virginia stammende erste Präsident der Vereinigten Staaten, erhielt seine Sprengstofftasche knapp unterhalb der linken Schläfe angebracht, wo sie im Schattenspiel des angedeuteten buschigen Haaransatzes nicht zu sehen sein
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