Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
Geschichte des Friedhofs und musste anschließend ein Dutzend Fotos machen, welche die Reisenden stolz ihren daheim gebliebenen Freunden zeigen würden. Die Touristen wurden plötzlich von einigen Händlern umschwärmt, die allerlei Souvenirs und Kitsch wortreich anpriesen. Nachdem die meisten Urlauber dankend abgelehnt hatten, gab der Guide das Zeichen zum Weitermarsch. Hassan wartete ab, bis die Gruppe außer Hörweite war, und fuhr dann fort.
»Du kannst aber nicht abstreiten, dass die Nummer am Lake Ocheechobee perfekt gelaufen ist. Wenn bloß nicht diese stinkenden Fische gewesen wären. Der Typ muss vorgehabt haben, ein ganzes Football-Team damit zu versorgen.«
Erneut nickte Miller und wartete, bis eine Gruppe von Pilgern, die fast ausschließlich aus älteren Männern und Frauen an Krücken oder in Rollstühlen bestand, vorbeigezogen war. Sie alle würden an der Grabstätte der verehrten Milagrosa gegen den Gedenkstein schlagen, so wie es der Legende nach der trauernde Ehemann der Verstorbenen Zeit seines Lebens getan hatte.
»Was machen die da eigentlich alle?«, wollte Hassan wissen.
»Es ist ein Ritual. Glaubt man der Geschichte, so ist Amelia Goyri de Hoz Jahre nach ihrem Tod, als man eines Tages den Sarg umbetten wollte, ohne jegliche Verwesungspuren mit ihrem Säugling in den Armen entdeckt worden. Die Menschen hier glauben, allein die Liebe ihres Mannes, der im täglichen Schmerz den Ehering vor ihren Grabstein schlug, habe ihre Schönheit erhalten.«
»Hm«, war der einzige Kommentar, der Hassan zu der Geschichte einfiel.
Von einem Baum ließ sich ein kleiner bunter Vogel, dessen Federn einen metallischen Schimmer in den Farben Grün und Blau hatten, nieder. Es war ein Trogon, dessen rote Brust auffällig strahlte. Auf seinen seltsam verformten Krallen lief er etwas unbeholfen über den unebenen Boden und flog dann mit unbekanntem Ziel davon.
»Berichte mir von Japan«, forderte Miller Hassan auf.
»Da gibt es nicht viel zu berichten. Ich habe ihn an einer unübersichtlichen Stelle von der Straße abgedrängt. Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie er im hohen Bogen über die Klippe geflogen ist. Später, als die Polizei das Wrack an der Unfallstelle geborgen hat, bin ich nochmals an der Stelle vorbeigefahren. Die Karre war ein einziger verschmorter und zusammengepresster Haufen Metall.« Hassan blinzelte in die Sonne, so als sei dort etwas zu lesen, was er vergessen hatte, mitzuteilen. »Ach ja, ich dürfte übrigens zweimal auf der Verkehrsüberwachungskamera sein, mit verspiegeltem Helmvisier. Jedes Mal mit ungefähr fünfzehn Sachen zu viel auf dem Tacho. Seltsam nur, dass überhaupt nichts an die Presse gegangen ist.«
»Wundere dich nicht. Wenn die Amerikaner es wollen, vertuschen sie sogar ganze Cruise Missiles, die anstelle von Passagierflugzeugen ins Pentagon rasen«, bemerkte Miller mit einer gewissen Bitterkeit in der Stimme und spielte auf eine der Verschwörungstheorien an, die sich mit den mysteriösen Ungereimtheiten rund um die 9/11-Flugzeuge beschäftigten.
Hassan schob seine wulstige Unterlippe vor und nickte. »Es wird Zeit, dass ihnen jemand eine richtige Lektion erteilt. Welche weitere Order hast du für mich, Hannibal?«
»Im Moment keine. Wir warten hier, bis unser gutes Stück zerlegt ist. In etwa drei Tagen legen wir dann ab.«
»Wohin geht es?«
»Das kann ich noch nicht sagen, wahrscheinlich aber an die Westküste Afrikas. Das hängt von einigen Faktoren ab«, gab Miller sich geheimnisvoll.
»Glaubst du, sie nehmen Gilles in die Crew auf? Ich könnte sicherheitshalber noch etwas nachhelfen und die restlichen Piloten …«
»Nein«, unterbrach Miller. »Lass uns abwarten, was die nächsten Tage bringen. Wir wollen nicht zu offensichtlich vorgehen. Unsere Verwirrungstaktik ist genau richtig.«
»Gut, wie du meinst. Aber wir müssen vorsichtig sein. Diese tölpelhaften Kubaner haben schon genug Mist gebaut«, stellte Hassan grimmig fest.
»Du spielst auf den Vorfall auf Cayo Coco an, oder?«
»Ja. Wenn du mich fragst, das können nur die Amerikaner gewesen sein. Dieser dämliche Kommandant auf dem Stützpunkt war unvorsichtig. Das Pentagon hat bestimmt ein Satellitenbild ausgewertet und darauf etwas gesehen, was es nicht hätte sehen sollen.«
Miller zog einen Streifen Kaugummi aus seiner Hemdtasche und schob ihn in seinen Mund. Sorgfältig faltete er das glitzernde Papier zusammen und entsorgte es mit einem gezielten Wurf in einem Papierkorb.
»Da hast du
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