Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
hatte damit gerechnet, dass es früher oder später zur Konfrontation kommen würde. Spätestens jetzt war klar, dass er keinem Hirngespinst hinterherjagte. Jedoch war es der denkbar ungünstigste Moment, in dem sich Núnez, oder wie immer dieser Mann auch heißen mochte, meldete. Irgendjemand musste das Steuer des Schiffs übernehmen, wenn die Cojio nicht wie ein Rammbock in den Hafen von Havanna rein brettern sollte. Und ausgerechnet jetzt tauchten auf dem Radar viele kleine Punkte auf, die andere Schiffe unmittelbar voraus signalisierten. Spacy brauchte Hernandez und seine Männer, um den Mörder des Kapitäns zu fassen. Nùnez war mit Sicherheit eine der Schlüsselfiguren in dem wahnwitzigen Katz-und-Maus-Spiel der letzten Wochen. Spacy durfte seine Chance nicht ungenutzt lassen und musste dem Mann die Stirn bieten. Vorsichtig ging er aus der Hocke und blickte über die Armaturen auf das Vorderdeck.
»Hör zu, du feige Ratte. Das Signallicht zeigt mir an, dass du dich aus dem Laderaum meldest. Ich kann dich nicht sehen, und solange dies der Fall ist, werde ich nicht herauskommen und mich wie die Gans vor den Fuchs stellen, Núnez!«
»Oh, du meinst meinen Namen zu kennen?«, meldete sich der Mann zurück und stieß ein grollendes Lachen aus. »Dann möchte ich doch mindestens genau so höflich sein und dir ebenfalls einen wunderschönen Guten Morgen wünschen, Mr Mark Spacy!«
Dem NUSA Operationschef setzte für einen Moment das Herz aus. Woher kannte dieser Kerl seinen Namen? Noch bevor Spacy etwas antworten konnte, setzte Núnez noch einen drauf und suhlte sich geradezu in seinem vermeintlichen Wissen.
»Jetzt staunst du, was? Hat es dir etwa die Sprache verschlagen? Und ich dachte immer, die NUSA hat die schlagfertigsten Burschen der Welt unter Vertrag. Oder irre ich mich etwa?«
»Keine Ahnung wovon du redest. Mein Name ist nicht Spacy und ich habe keine Ahnung, wer oder was NUSA ist«, log er und versuchte Zeit zu schinden.
Woher kennt dieser Typ unsere Organisation?
»In der Zeit, wo du dir eine neue Identität überlegst, schlage ich kurz zwei Alternativen vor. Möchtest du die erste Alternative hören, Mr Spacy?«
»Lass hören«, antwortete Spacy und kochte vor Wut.
»Komm freiwillig raus und ergib dich. Ich überstelle dich den kubanischen Behörden und nach zwanzig Jahren Einzelhaft wegen Entführung eines kubanischen Frachters und der Ermordung seiner Besatzung verlässt du das Staatsgefängnis Ciego de Avila und bist ein freier Mann.«
»Das klingt schon mal nicht übel. Ich denke darüber nach. Und die andere Alternative?«
»Du bleibst wo du bist, und in ungefähr einer Minute fliegt eine SA-16 Gimlet in dein schnuckeliges Steuerhaus und pulverisiert dich zu Staub.«
Spacy zweifelte keine Sekunde daran, dass der Mann die Wahrheit sagte und im Besitz einer schultergestützten Boden-Luft-Rakete war. Dennoch brauchte er mehr Zeit, um einen Rettungsplan zu überdenken. Von dem erhöhten Punkt des Steuerhauses hatte er keine Chance, unbemerkt zu fliehen. Er konnte von Glück reden, nicht schon vorher über den Haufen geschossen worden zu sein. Der Raum, der ihn bisher vor einem Überraschungsangriff mit konventionellen Waffen geschützt hatte, entpuppte sich jetzt als tödliches Versteck. Wie auf einem Präsentierteller lag die Brücke im freien Schussfeld des Killers, dessen Rakete in weniger als einer Sekunde die Distanz aus dem Frachtraum überwinden würde. Auf gar keinen Fall konnte er die abwärts führende Treppe als Fluchtweg benutzen, da diese ebenfalls durch die Explosion zerfetzt werden würde.
»Ich glaube, die zweite Variante überzeugt mich mehr. Im Gegensatz zur amerikanischen Stinger soll die russische Gimlet ja eher ein Rohrkrepierer sein«, versuchte Spacy die Situation herunterzuspielen.
Währenddessen kam ihm plötzlich eine Idee. Noch hatte er seinen Reservefallschirm, und wenn er es schaffte, auf das Dach der Brücke zu kommen, hätte er eine reelle Chance, heil aus der Sache raus zu kommen. Allerdings müsste er dann seine ehrgeizigen Pläne eines Treffens mit dem kubanischen Staatspräsidenten ad acta legen.
Was soll`s , dachte er sich, wahrscheinlich hätten sie mich ohnehin erst zu Tode gefoltert, bevor ich einen Termin bei Castro bekommen hätte . Mit ein paar geübten Griffen hatte er den Rucksack geöffnet und unbeobachtet den Fallschirm übergezogen.
»Oh, ich sehe, du bist vom Fach. Es freut mich immer wieder, wenn ich auf gleichwertige Gegner stoße. Seit
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