Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
mir. Auch wenn dies mein erster Flug mit dem Space Shuttle sein wird, so hoffe ich doch, den Jungs hier die Angst vor unserer kleinen Reise zu nehmen. Es soll ja einige Herren geben, die immer noch Angst haben, wenn eine Frau am Steuer sitzt.«
Mit einem lauten Applaus quittierte die gesamte Besatzung Tracys Worte, während die Kameraleute dankbar die fröhlichen Bilder einfingen.
»Warum ist Ihr Vater, der Präsident, heute nicht hier vor Ort?«, kam die nächste Frage, diesmal gestellt von einem älteren Journalisten im grauen Anzug. Tracy war von einem Pressesprecher des Weißen Hauses auf alle Fragen vorbereitet worden und antwortete entsprechend routiniert.
»Mein Vater wird da sein, wenn der Start erfolgt. Wir haben uns lange darüber unterhalten, ob er sich in die Air Force One setzen und diesen ganzen Sicherheitsapparat im Schlepptau mitnehmen soll. Es war sein wie auch mein ausdrücklicher Wunsch, dass wir in wirtschaftlich harten Zeiten die Steuerzahler nicht überstrapazieren sollten. Er wird kommen, mit Marine One , und wir werden es handhaben wie eine Familienangelegenheit. Wir haben vor einer Stunde das letzte Mal miteinander telefoniert, und er wünscht unserer Mission viel Glück.«
An den Gesichtern der Journalisten konnte Tracy Zufriedenheit über die Antwort ablesen. Dann meldete sich ein junger Mann zu Wort, auf dessen am Hemd angesteckten Besucherausweis The Miami Herald zu lesen war.
»Miss Gilles, es hat hier in Florida zwei etwas länger zurückliegende Todesfälle gegeben. Zwei Astronauten, die eigentlich ursprünglich auf dieser Mission fliegen sollten, kamen unter mysteriösen Umständen ums Leben. Was können Sie uns dazu sagen?«
Tracy fühlt sich plötzlich unwohl in ihrer Haut und versuchte dies mit einem gequälten Lächeln zu kaschieren. In Abstimmung zwischen der NASA, dem Heimatschutzministerium, den lokalen Polizeibehörden und dem Weißen Haus sollten alle Informationen zu den Unfällen erst nach der Mission bekannt gegeben werden. Obwohl sie mehr zu diesem Thema zu sagen wusste, hatte sie ihr Vater im Sinne der Vermeidung einer allgemeinen Hysterie darum gebeten, mit der Offenlegung der Wahrheit zu warten. In diesem Moment fühlte sie sich, als würde sie eine ganze Nation anlügen.
»Leider kann ich Ihnen dazu nichts sagen. Wir Astronauten sind in den letzten Wochen und Monaten sehr abgeschottet worden, um uns voll auf unsere Aufgaben zu konzentrieren. Ich denke, dass schon bald mehr zu diesem Thema aus anderen Quellen zu erfahren ist. Ich bin nur die Taxifahrerin von dem Ding hinter uns.«
Sie zeigte mit einer Hand in die Richtung der Startrampe, die knapp drei Meilen von ihrem jetzigen Aufenthaltsort entfernt lag.
»Sie wissen wirklich nichts?«, hakte irgendjemand nach.
»Nein. Ich bin die eindeutig falsche Person, wenn es um ermittlungstechnische Dinge der Bundesbehörden geht. Im Übrigen wäre es schön, wenn auch mal die anderen Crewmitglieder zu Wort kommen würden. Nehmen Sie zum Beispiel Akihiko Yoshidu, unseren japanischen Kollegen, der an der Entwicklung des KIBO-Moduls, welches wir nach oben bringen, entscheidend mitgewirkt hat. Fast hätte er sich gestern selber aus der Mission gestrichen, als er auf einer Bananenschale ausgerutscht ist.«
Die Ablenkung funktionierte, und Tracy war froh, nun ihrem japanischen Mitreisenden das Wort überlassen zu können. Yoshidu musste die Bananen-Story unter heiterem Gelächter der Reporter zum Besten geben.
Anschließend kamen die weiteren Besatzungsmitglieder an die Mikrofone und erzählten Details von der bevorstehenden Mission. Der Pressesprecher der NASA lenkte währenddessen geschickt ein, wenn von den handverlesenen Journalisten allzu kritische Fragen gestellt wurden.
Hoffentlich geht es bald los, sonst drehe ich hier noch durch , dachte Tracy. Sie fragte sich, wo wohl Mark in diesem Moment steckte.
Als schließlich der silberfarbene Astro-Bus der NASA vorfuhr, um die Mannschaft zur Startrampe zu bringen, winkten die Astronauten ein letztes Mal in die Kameras. Von jetzt an waren es nur noch vier Stunden bis zum Start.
KAPITEL 59
21.04., 17.35 Uhr (Ortszeit)
Atlantischer Ozean, 40.00 N / 23.00 W
W ie ein boshafter Umhang legte sich die Dunkelheit über den bedeckten Himmel, und der böige Nordwest peitschte weiße Gischt über die Kämme der Wellen. Im schwindenden Licht des Tages präsentierte sich die Da Bak Sol wie ein schlafendes Ungeheuer; ein schwarzer Moby Dick, dessen bedrohliche Farbe mit dem Grau
Weitere Kostenlose Bücher