Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
Sauerstoffmaske in das integrierte Mikrofon.
»Alles klar. Die haben für uns extra die Drop Zone ausgeleuchtet. Das ganze Ding strahlt wie ein Weihnachtsbaum am Heiligabend«, kam die Antwort aus dem Lautsprecher.
Zwanzig Sekunden später berührten ihre Füße einen flachen Aufbau auf dem achtzig Meter hohen Turm. Mit geübten Handbewegungen legte sie das Gurtzeug ab, nahm die Nylonschnüre des Schirms und verknotete alles um eine Metallstrebe, sodass nichts in der Landezone den Weg blockierte.
»Wie sieht es bei dir aus, Hassan? Klar zur Landung?«
»Ich werde es schaffen, keine Sorge.«
Der größte und kräftigste der drei Springer landete kurz darauf etwas unbeholfen und wäre fast noch über den Rand des Turms hinweg geweht worden, als eine Böe den Schirm erfasste und mitzureißen drohte. Doch in letzter Sekunde warf Hassan die Ausrüstung ab. Wie eine im Wind tanzende Papiertüte wehte der abgeworfene Fallschirm an der Spitze des Haupttanks vorbei, bis er schließlich nicht mehr zu sehen war. Dann setzte Miller nahezu perfekt auf.
Von hier oben betrachtet wurde dem Trio die gesamte Größe des weiträumigen Geländes erst richtig bewusst. Deutlich waren die beiden Schotterspuren für die riesigen Crawler, die Ketten-Transportfahrzeuge, das gigantische Vehicle Assembly Building (also die einhundert und sechzig Meter hohe Montagehalle), sowie die Startrampe 39B, die ausschließlich der Endeavour für Rettungsmissionen zum Hubble-Teleskop vorbehalten war, zu sehen.
Das Trio hatte das Gefühl, inmitten einer phantastischen Modellbahnlandschaft zu stehen, auf deren Hauptattraktion sie sich gerade wie selbstverständlich frei bewegten. In die salzhaltige Luft des Atlantiks, dessen schmale Strandlinie sich wie ein feiner weißer Strich gegen das Wasser abzeichnete, mischten sich Partikel von Ölen und Schmierstoffen, die zum Betrieb der Raumfähre an unzähligen Punkten der hydraulischen Steuerungselemente notwendig waren. Irgendwo draußen auf dem Meer verrieten blinkende Positionslichter die Standorte der patrouillierenden Küstenwache.
»Es wird deren Überwachungskameras nicht entgangen sein, dass wir soeben die Festung erobert haben. Bevor die einen Sicherheitsdienst auf das geräumte Gelände schicken, sollten wir sehen, schnellstmöglich nach unten zu gelangen«, mahnte Miller seine Begleiter zur Eile. »Wir werden eine Distanz von gut dreißig Höhenmetern überwinden müssen, um an den Kranausleger zur Einstiegsluke zu gelangen. Auf geht’s, seid vorsichtig!«
Hyacinth machte den Anfang und begab sich durch das Gewirr aus Metallstreben und Leitern nach unten. »Je später der Abend, desto netter die Gäste«, rief sie Miller nach und verschwand in der Dunkelheit.
Hassan warf einen beunruhigten Blick in die Tiefe, die sich wie der Schlund zur Hölle unter ihm auftat. Er suchte mit seinen Augen einen Orientierungspunkt und fand diesen schließlich in den Hitzekacheln an der Spitze des Shuttles. Schemenhaft konnte er die Umrisse der Piloten erkennen, die auf dem Rücken liegend in den Himmel über ihren Köpfen sahen.
»Die werden sich wundern, wenn gleich das Pizzataxi anklopft und liefert.«
»Die werden sich noch mehr wundern, wenn wir anschließend die Rechnung präsentieren«, versetzte Miller.
»Ist es nicht großartig, wenn ein Plan funktioniert, Hannibal?«
»Das ist es, mein Freund, das ist es.«
KAPITEL 67
24.04., 19.55 Uhr
Washington D.C., Weißes Haus
D ie Lage im Situation Room, wo der eilig zusammengerufene Nationale Sicherheitsrat die Notfallpläne besprach, konnte angespannter nicht sein. Der Direktor des Planungsbüros für Notfallsituationen, Stephen Rice, hatte soeben einräumen müssen, dass es kein Strategiepapier für das jetzige Szenario auf Cape Canaveral und in Houston gab. Niemand hatte dem Mann einen Vorwurf gemacht, schließlich hatte es andere Anlässe der Zusammenkunft gegeben, wo jeder der im Raum anwesenden Männer und Frauen Gelegenheit gehabt hätte, für einen solchen nationalen Notfall entsprechende Simulationsstudien zu beauftragen. Zu absurd und zu weit hergeholt erschien eine Konfliktsituation, wie sie sich momentan darbot. Entsprechend groß war die Ratlosigkeit, die wie ein unsichtbares Damoklesschwert über den Köpfen der Anwesenden schwebte.
»Was soll das heißen, die Startleiterin will nicht die Verantwortung übernehmen?«, verlor Präsident George T. Gilles langsam aber sicher die Fassung. Soeben hatte ihn der Anruf des Heimatschutzministers
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