Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
anderen Grund haben. Welchen, ließ sich zu diesem frühen Zeitpunkt nur erahnen. Hier unten waren Spacy momentan jedenfalls die Hände gebunden. Von daher entschloss er sich, bis zum Auftauchen dieses Problem beiseite zu schieben. Vielleicht klärte sich die Sache mit Scott Glenmore ja noch auf. Jetzt hieß es erst einmal volle Konzentration auf die vor ihm liegende Tauchfahrt.
»Alles klar bei dir?«, erkundigte sich Hunter.
»Alles klar!«
»Na dann los, finden wir Nemo!«
KAPITEL 14
09.02., 20.10 Uhr
Key West, Florida
D as bunte und quirlige Key West erwachte in der Abenddämmerung zur vollen Geschäftigkeit, und Touristen wie auch Einheimische drängten sich gleichermaßen durch die Duval Street. In der Hauptstraße der Altstadt tummelte sich eine bunte Mischung aus kaufwütigen Kreuzfahrtreisenden, Alt-Hippies, Rucksacktouristen und sonstigen Besuchern. Am Mallory Square versammelte sich die Menge zum spektakulären Sonnenuntergang, und die Kneipen- und Restaurantbesitzer sowie die Zauberer, Sänger und Gaukler boten ihren Gästen wie an jeden Abend ein kitschig schönes Unterhaltungsprogramm und Urlaubserlebnis. Es herrschte eine fröhliche und ausgelassene Stimmung in der südlichsten Stadt Floridas, die schon immer für ihr etwas anderes Lebensgefühl bekannt war.
Carlos Rodriguez, ein kleiner und gedrungener Mann Anfang dreißig, bewegte sich unauffällig in der Menschenmasse. Seine pechschwarzen Haare waren mit Unmengen von Gel nach hinten gekämmt und endeten in einem Zopf. Seine pausbackigen Gesichtszüge, seine dunkelolivfarbene Haut und sein ausgeprägter Bauch verrieten ihn als mexikanischen Einwanderer. Er trug eine schwarze Stoffhose und schwarze Lederschuhe, sowie ein ausgewaschenes dunkelblaues Freizeithemd mit kurzen Ärmeln. Menschen, die ihn wahrnahmen, vermuteten in ihm den klassischen Typen des erfolglosen Verkäufers, der sich im Leben irgendwie durchschlug.
Seit fast drei Jahrzehnten lebte Carlos Rodriguez in den Staaten, und irgendwann hatte ihn seine zweifelhafte Karriere an den südlichsten Zipfel Floridas verschlagen, wo er ahnungslosen und leichtsinnigen Touristen die Geldbörse entwendete. Rodriguez war ein Kleinkrimineller, der sich mit Einbrüchen, Diebstählen und gelegentlichen Drogendeals seinen Lebensunterhalt verdiente. Hätte er im 19. Jahrhundert gelebt, so wäre er womöglich einer jener sogenannten Wrecker gewesen, die sich mit der Plünderung gestrandeter Schiffe ihre Existenz gesichert hatten.
Dieser Abend sollte ein neuer Meilenstein in seiner Verbrecherkarriere werden. Vor Monaten hatte ihn ein Unbekannter im Captain Tony Saloon , der ehemaligen Hemingway Kneipe, angesprochen und ihm ein lukratives Geschäft vorgeschlagen. Er hatte den Mann, der seine Herkunft und seinen Namen nicht preisgab, niemals zuvor in der Stadt gesehen. Auf Rodriguez hatte er wie einer dieser schwulen Künstler gewirkt, die sich in Scharen in Key West herumtrieben. Er hatte eine übergroße dunkelblau getönte Sonnenbrille getragen, sowie schweren Goldschmuck um den Hals und an den Händen. Der Mann hatte sich wie ein bunter Paradiesvogel gekleidet, sein ganzes Auftreten hatte auf das Vorhandensein von viel Geld hingedeutet.
Trotz seines verrückten Aussehens hatte der Mann etwas Faszinierendes an sich gehabt, ohne dass Rodriguez hätte sagen können, was es genau war. Vielleicht war es die intelligente und überlegene Art dieses Kerls gewesen, dessen unmöglich zu definierendes Alter, dessen Wortgewandtheit. Aber wahrscheinlich war es einfach nur der Geruch des Geldes gewesen, der Rodriguez sofort in den Bann geschlagen hatte.
Der Fremde hatte ihn in sein Vertrauen gezogen und ein seltsames Spiel mit ihm gespielt. Zunächst hatte er Rodriguez eintausend Dollar geschenkt. Dieses Geschenk war an keine Bedingung geknüpft. Der Fremde hatte sich verabschiedet und gesagt, dass die Gier einen Mann entehren würde. Er könne das Geld behalten oder es ihm wiedergeben, möglicherweise würde sich der Betrag sogar verdreifachen, wenn er in einer Stunde zurück sein würde. Geschlagene drei Stunden hatte Rodriguez gewartet und nicht gewusst, ob er den dümmsten oder den cleversten Mann der Welt getroffen hatte. Der Fremde war zurückgekehrt und hatte ihm schließlich weitere dreitausend Dollar zugeschoben. Dann hatte er sich erneut verabschiedet, diesmal bis zum nächsten Tag, und versprochen, die mögliche Summe auf zwanzigtausend Dollar zu erhöhen, sollte Rodriguez wiederkommen.
Am nächsten
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