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Deichgrab

Deichgrab

Titel: Deichgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht.«
    »Hat man denn im Dorf nicht über solche Sachen geredet? Ich meine, Sie haben doch sicher eine Menge mitbekommen, oder?«
    »Ja schon, aber die Marlies und der Broder? Nee, das glaub ich nicht. Angeblich hat die Marlies ja immer für den Lorentz Mommsen geschwärmt, auch nach ihrer Hochzeit mit Volker. Ob da tatsächlich etwas zwischen den beiden gelaufen ist, kann ich nicht sagen, aber wenn die Marlies ein Verhältnis gehabt hat, dann mit Lorentz und nicht mit Broder!«
    Tom kratzte sich nachdenklich am Kopf.
    »Und wer ist dieser Lorentz?«
    »Der Mann von Frieda Mommsen. Er liegt hier im Dorf im Pflegeheim. Alzheimer. Böse Zungen behaupten jedoch, seine Frau habe ihn mit ihrer Eifersucht in den Wahnsinn getrieben.«
    »So?«
    Er wusste nicht, ob er enttäuscht oder freudig sein sollte. Scheinbar entsprachen Marlenes Spekulationen nicht der Realität.
    »Na ja, war ja auch nur so ein Gedanke.«
    Er verabschiedete sich schnell und verließ das Büro.
    Draußen schien die Sonne und er holte tief Luft. Irgendwie war ihm die Sache peinlich. Wie hatte er Herrn Schmidt nur danach fragen können? War ja schließlich nur ein Hirngespinst von Marlene, diese angebliche Affäre zwischen Broder und Marlies. Er stieg in sein Auto und fuhr über die B 5 nach Niebüll.

     
    Frieda saß am Küchentisch. Vor ihr lag ein Schreiben vom Sozialamt, in dem man ihr mitteilte, dass man die Kosten für das Pflegeheim nicht weiter übernehmen konnte. Das Heim hatte sich an das Sozialamt gewandt und eine Verlegung in eine Spezialklinik beantragt. Die Krankheit war zu weit fortgeschritten. Man konnte keine ausreichende Pflege mehr gewährleisten. Das Sozialamt befürwortete die Unterbringung in der Spezialklinik, dessen Kosten sie, abzüglich dem gewohnten Eigenanteil, übernehmen würden. Für eine Unterbringung in einer ungeeigneten Pflegeanstalt würde das Amt jedoch nicht aufkommen.
    Sie zerknüllte wütend das Schreiben. Mit aller Macht wollte man sie auseinanderbringen. Nicht nur Dr. Roloff setzte sie unter Druck, einer Verlegung zuzustimmen, auch das Sozialamt verlangte jetzt von ihr, sich von ihm zu trennen. Anders konnte sie die Mitteilung vom Amt nicht verstehen. Es ging doch gar nicht um Lorentz. Man wollte sie trennen. Die Spezialklinik lag immerhin 200 Kilometer entfernt und war deshalb unerreichbar.
    Sie stand auf und ging ins Schlafzimmer. Mit Wucht öffnete sie die Türen des alten Kleiderschrankes und riss die feinsäuberlich gefalteten Hemden und Pullover aus den Regalen, warf alles auf den Boden. Tränen rannen ihr dabei übers Gesicht.
    Wie in Trance zog sie anschließend die Schubladen der Kommode heraus und schüttete den Inhalt, Unterwäsche und Socken, ebenfalls auf den Fußboden. Mit einer heftigen Handbewegung fegte sie das Bild von ihm, welches in einem silbernen Rahmen auf der Kommode stand, hinunter. Das Glas zersplitterte.
    »Du bist an allem schuld!«
    Schluchzend warf sie sich aufs Bett.

44
    Tom klingelte an der Tür des Bestattungsunternehmens. Ein kleines Hinweisschild neben dem Klingelknopf forderte ihn dazu auf. Nur einen Augenblick später öffnete ein großer, blonder Mann in einem schwarzen Anzug die Tür und bat ihn einzutreten.
    Der Mann führte ihn in ein kleines Büro und bot ihm einen Platz auf einem schwarzen Ledersofa an. Er selbst setzte sich in einen Sessel.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Seine Stimme wirkte ruhig und einfühlsam.
    »Ich benötige einen Grabstein.«
    Tom fühlte sich unwohl in dem kleinen Raum. Vor den Fenstern hingen graue Lamellen, an den Wänden Bilder mit Bibelsprüchen.
    Der Bestatter stand auf und nahm von einem Glastisch eine Mappe, die er ihm reichte.
    »Was schwebt Ihnen denn so vor? Marmor oder Naturstein?«
    ›Er ist halt ein Geschäftsmann‹, dachte Tom, ›der Tod ist sein Brotgeber.‹
    Er blätterte unsicher in der Mappe und betrachtete die verschiedenen Grabsteine.
    »Eigentlich habe ich mir noch gar keine konkreten Gedanken gemacht. Ich dachte eigentlich ...«
    »Wenn ich Ihnen vielleicht ein paar Beispiele zeigen dürfte?«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, nahm er ihm die Mappe aus der Hand, blätterte die letzte Seite auf und deutete auf das Bild eines schwarzen Steines mit goldener Inschrift.
    »Selbstverständlich können Sie die Inschrift nach ihren Vorstellungen gestalten. Hatten Sie an eine persönliche Inschrift gedacht oder sollte lediglich der Name mit dem Geburts- und Sterbedatum eingraviert werden?«
    Tom blickte unschlüssig auf das

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