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Dein bis in den Tod

Dein bis in den Tod

Titel: Dein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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das letzte Mal gesehen haben?«
    »Das war nicht zu vermeiden. Das zu sehen, meine ich.«
    »Es war auch nicht zu vermeiden – für Joker und seine Bande. Dass sie mich trafen, meine ich.«
    Pause. Unten auf der Straße hielten zwei weitere Wagen, und weitere Menschen suchten den Weg hinauf durch den Wald.
    Die vier Polizisten sahen mich an. Hamre sagte: »Also ihr hattet noch – eine Rechnung offen, mit anderen Worten?«
    »Ja, aber ich …«
    »Halt uns nicht für Idioten, Veum«, unterbrach er mich. »Wir wissen, dass du ihn nicht umgebracht hast. Wir halten dich nämlich auch nicht für einen Idioten.«
    »Du bist ja bekannt dafür, dass du niemals tötest, Veum. Du schlägst sie nur krankenhausreif«, sagte einer der anderen Polizisten. Ich drehte mich schnell zu ihm um, musterte ihn. Es war ein Typ, den ich noch nie gesehen hatte. Ich sollte ihn mir offensichtlich merken. Er hatte ein mit senfgelben Sommersprossen beschmutztes Gesicht, und sein Haar, das unter der Schirmmütze hervorschaute, hatte die blasse, rotgelbe Farbe, die mich immer an welkes Gras erinnerte.
    »Ich habe wohl deinen Namen nicht mitbekommen«, sagte ich.
    »Isaksen«, antwortete er. »Peder.« Er hatte eine Stimme, die man schnell vergaß, wie den letzten Satz in einem schlechten Buch.
    Hamre sagte ärgerlich: »Das reicht jetzt.« Dann ließ er uns stehen und wendete sich den Neuankömmlingen zu.
    Ich blieb stehen und betrachtete Peder Isaksen. Er erwiderte unnachgiebig und kalt meinen Blick. Noch einer, der mich nicht mochte. Willkommen im Club. Du wirst dich nicht einsam fühlen.
    Ich wandte mich an Hamres Rücken. »Braucht ihr mich noch, Hamre?«
    Er drehte sich mit halb offenem Mund herum und hob einen Zeigefinger vor mein Gesicht. »Du bleibst hier, Veum. Du entfernst dich nicht einen Meter. Und du sagst kein Wort.« Dann kehrte er mir wieder den Rücken zu.
    Ich sagte kein Wort, ging zu einem Baum, lehnte mich mit dem Rücken dagegen, nahm eine Halspastille und versuchte so auszusehen, als würde ich mich zu Tode langweilen.

48
    Einige Zeit verging. Es kamen weitere Polizisten und die Aktivität um die Hütte herum ließ nichts zu wünschen übrig. Leute kamen an, blieben in der Türöffnung stehen und schauten in die Hütte, um sich dann mit versteinerten Gesichtern wieder aufzurichten. Einige verschwanden in der Hütte und kamen nach einer Weile wieder heraus. Was sie dort taten, konnte ich nur phantasieren. Und wenn ich mich langweile, habe ich leider eine ziemlich schmutzige Phantasie.
    Niemand sprach mit mir. Ich hätte ebenso gut ein Teil des Baumes sein können, an dem ich lehnte. Einmal kam Hamre aus der Hütte, sah besorgt an mir vorbei und zu all den Wohnblocks hinunter und sagte zu einem seiner Kollegen: »Wir werden mit verdammt vielen Leuten reden müssen.«
    Während ich dastand, versuchte ich mir vorzustellen, was geschehen war. Möglicherweise hatte Joker sich mit irgendjemandem hier oben verabredet. Sie waren in die Hütte gegangen, wahrscheinlich um zu reden. Dann hatten sie sich wegen irgendetwas gestritten und einer von ihnen hatte ein Messer gezückt. Es konnte ebenso gut Joker gewesen sein wie der andere. Sie hatten um das Messer gerungen und Joker hatte verloren.
    So einfach konnte es gewesen sein. Aber das war nur eine Vermutung, und sie sagte mir nicht, wer der andere eigentlich war. Und sie sagte mir auch nichts darüber, ob dieser Mord überhaupt etwas mit Jonas Andresen zu tun hatte.
    Aber es gab einen Menschen, dem ich gern ein paar Fragen stellen wollte, und zwar bevor Jakob E. Hamre es tat.
    Aber Hamre hatte gesagt, ich solle warten und mich nicht einen Meter entfernen. Aber er hatte auch gesagt, dass ich kein Wort sagen sollte, also würde er es vielleicht nicht bemerken, wenn ich verschwand. Jedenfalls nicht sofort.
    Dass er es irgendwann bemerken würde, bezweifelte ich nicht. Und mein einziges gutes Argument wäre dann, dass ich ihm einen Mörder lieferte.
    Ich verfolgte die Polizisten mit wachsamen Augen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bevor Hamre so weit war, dass er den Technikern den Tatort endgültig überlassen konnte – um dann die Nachforschungen zu organisieren, die akribische Routine, die endlosen Fragestunden.
    Die Polizisten hatten schon ein wirres Muster in den Matsch um die Hütte getreten. Einige standen in kleinen Grüppchen und unterhielten sich. Keiner von ihnen beachtete mich.
    Ich bewegte mich, schlug einen Haken vom Baum weg, ging wieder zurück und blieb daneben

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