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Dein bis in den Tod

Dein bis in den Tod

Titel: Dein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Dunkeln, küssten wir uns zum ersten Mal. So richtig. Und es war, als würde ich zugleich ein kleines Mädchen und eine reife Frau küssen. Ein kleines Mädchen, das dich offen und willig auf den Mund küsst, ohne zu wissen, was sie in dir anrichtet, und eine reife Frau, die genau weiß, was sie tut. Und noch ein paar Wochen später lud sie mich zu sich nach Hause ein. Ihr Mann war auf einem Forschungsseminar in Oslo und ich fuhr zu ihr raus, nachdem die Kinder im Bett waren. Sie wohnen in einem kleinen Holzhaus in Skuteviken, das sie innen ausgebaut haben, sodass es ganz modern ist. Und wir – wir saßen und redeten und tranken Tee und hörten Musik – für mein Gefühl stundenlang, und wir küssten uns, saßen auf dem Sofa und küssten uns wie junge Leute, wie verliebte Teenager, die zum ersten Mal einen anderen Menschen entdecken. Und eigentlich hatten wir nicht vor – wir hatten gedacht – es sollte eigentlich nicht sein … Aber ein Rausch ergriff uns und wir – na ja, wir schliefen miteinander. Wir liebten uns. Zuerst auf dem Boden im Wohnzimmer und dann im Schlafzimmer … Und glaub mir, Varg, ich bin noch niemals auf diese Weise mit jemandem zusammen gewesen – ich hätte nie gedacht, dass sie so viel Wärme in sich trug, so viel Leidenschaft – und als sie sich wie ein gespannter, weißer Bogen unter mir aufbäumte und all ihre Lust und ihren Schmerz in den Raum hinausschrie … Ich finde keine Worte, es gibt keine Worte – für so etwas.«
    Nein. Es gab keine Worte. Ich verstand, was er meinte. Und für manche gab es nicht einmal – so etwas.
    Er sagte: »Später ging es einfach weiter. Wir sind einander immer näher gekommen. Wir konnten nicht so oft ganz zusammen sein – ich meine so. Einmal im Monat vielleicht. Ab und zu alle zwei Monate, manchmal seltener. Aber wir haben von den Stunden gezehrt, wochenlang. Wenn wir zusammen sind, dann ist alles andere vergessen – alle anderen. Dann gibt es nur uns zwei.«
    »Und ihr konntet es nicht geheim halten?«
    »Eine Weile schon. Überraschend lange. Im Grund weiß es immer noch niemand, es sei denn … Aber ich weiß nicht, ob … Ich glaube nicht, dass Wenche ihm etwas gesagt hat. Er hat Solveig jedenfalls nicht zu verstehen gegeben, dass er es weiß. Aber für mich – für mich wurde es auf die Dauer einfach unerträglich. Ich hatte es geschafft, mich zu verstellen, in gewisser Weise, solange es keine andere gab. Aber nachdem ich Solveig begegnet war und als wir dann ernsthaft zusammen waren … Da war es einfach unmöglich. Zum Schluss hatte ich das Gefühl »untreu« zu sein, wenn ich – mit Wenche zusammen war. »Untreu« gegenüber Solveig, verstehst du? Ich war kein Vater mehr und Ehemann. Und am Ende – am Ende gab ich einfach auf. Ich sagte Wenche, dass ich ausziehen wollte. Und als sie fragte, ob es eine andere gäbe, sagte ich ja, und als sie fragte, wer es sei, da sagte ich … Tja. Das war vielleicht dumm von mir. Aber ich sagte es ihr. Und dann zog ich aus – verließ die Wohnung unter Flüchen und Verwünschungen und Tränen und Zähneknirschen und allem, was dazugehört. Es war ein prachtvoller Abgang. Der ganze Block muss es gehört haben. Sie stand oben auf dem Balkon und schrie hinter mir her, als ich zu meinem Auto stolperte, mich hinters Steuer setzte und losfuhr. Danach … danach haben wir uns nur noch beim Anwalt getroffen.«
    »Und Roar?«
    »Roar habe ich fast nicht gesehen. Wir haben noch keine Regelung gefunden. Ich habe es selbst rausgeschoben. Ich ertrage keine weiteren Konfrontationen.«
    Er auch nicht. Ich sagte: »Nein. Deshalb sitze ich hier. Um dir – und Wenche – weitere Konfrontationen zu ersparen. Und dieses Geld …«
    Er sagte: »Solveig … Sie wollte nicht … Wir sind noch immer zusammen, aber sie hat den Schritt auszuziehen, noch nicht gewagt. Es ist klar, sie hat zwei Kinder, ich habe nur eins. Obwohl die Beziehung zwischen ihr und Reidar nichts Großes ist, kommen sie doch größtenteils mit heiler Haut durch den Alltag und sie hat wirklich zwei, an die sie denken muss. Und auch wenn sie etwas anderes sagt, es ist ja nicht sicher, dass ihre Gefühle für mich so stark und so gewaltig sind wie das, was ich für sie empfinde.
    Jedenfalls habe ich ihr Zeit gegeben, denn ich kann warten. Ich habe auf sie gewartet, seit ich ein Junge war, und ich kann gut noch ein paar Jahre warten. Denn eine Traumfrau hat man immer, oder? Und wenn du ihr eines Tages endlich begegnest, wirklich deiner Traumfrau

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