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Dein bis in den Tod

Dein bis in den Tod

Titel: Dein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Küchenfenster verriet nichts. Es war dunkel und ordentlich dahinter. Die klein geblümten Gardinen waren zur Seite gezogen.
    Ich klingelte.
    Schnelle Schritte auf hohen Absätzen tönten mir von innen entgegen. Dann wurde die Tür geöffnet, und Solfrid Brede schaute zu mir heraus.
    Sie hatte den Pelz abgelegt, und ihr Körper sah noch immer ein paar Jahrzehnte jünger aus als ihr Gesicht. Eine kompakte, feste Gestalt, mit einem breiten, kleinen Oberkörper und großen Brüsten. Sie trug einen beigen Mohairpullover und einen braunen Tweedrock.
    Auch die braunen Augen zeigten jetzt bei Tageslicht eine Andeutung von Beige, und die Pflugfurchen in ihrem Gesicht und die Säcke unter den Augen waren noch deutlicher. Sie sah aus, als habe es in ihrem Leben mehr Winter als Sommer gegeben. Sie erinnerte mich an die Frau vom Vorabend, nur dass Solfrid Brede etwas freundlicher aussah.
    Ich sagte: »Guten Tag, mein Name ist Veum. Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern?«
    Sie nickte langsam und sah mich fragend, aber nicht feindselig an.
    Ich sagte: »Ich assistiere dem Verteidiger in Verbindung mit dem Verbrechen, das hier am Mittwoch geschah. Dürfte ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    Sie sagte: »Ich habe der Polizei schon erzählt, was ich weiß, aber – selbstverständlich.«
    Als Willkommenszeichen trat sie zur Seite und hielt mir die Tür auf. Wie sie dort stand, war es unmöglich, an ihr vorbeizukommen, ohne ihre Brüste zu streifen. Sie duftete schwach nach Maiglöckchen, wie ein junges Mädchen.
    Ich kannte mich in diesen Wohnungen jetzt aus und ging direkt ins Wohnzimmer. Es war ein warmer Raum, der zu ihr passte. Eine überladene Höhle, mit zwei Sofas und einer Menge breiter, altmodischer Sessel, auf denen man mit hochgezogenen Beinen hocken und vor sich hindösen konnte. In einer Ecke stand ein Schaukelstuhl, und auf dem Boden lagen übereinander geworfene Flickenteppiche wie auf den Boden gefallene Spielkarten. Die Tapete war dunkelbraun mit einem Muster aus grünen Königslilien und rundherum, auf Fensterbänken und Schränken, in Regalen und an der Wand hängend überall grüne Pflanzen – sie hätte einen ganzen botanischen Garten damit füllen können. Ich hätte mein Buschmesser mitbringen sollen. So kämpfte ich mich zum nächsten Sessel durch, blieb dort stehen und wartete auf weitere Anweisungen.
    Solfrid Brede fragte: »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Einen Likör, ein Glas Bier, einen Schnaps?«
    Ich wollte schon Nein sagen, aber andererseits versprach es ein langer Tag zu werden, und ich konnte eine kleine Stärkung gebrauchen. »Vielleicht einen ganz kleinen«, sagte ich.
    Sie lächelte. »Ein Mann nach meinem Geschmack! Endlich. Man trifft nicht so viele. Ein ganz kleiner – kommt sofort. Whisky? Kognak?«
    Ich dachte an die Asche von den alten Zeitungen, die ich noch immer im Mund hatte, und sagte: »Kognak klingt gut, mit etwas Soda.«
    Sie ging zu einem Regal und öffnete einen üppig bestückten Barschrank. Sie schenkte mir einen ganz kleinen und sich selbst einen größeren ein. Dann kam sie zurück, setzte sich auf das Sofa mir gegenüber, schlug die Beine übereinander, und wir hoben die Gläser.
    »Wir sagen du, oder?«, fragte sie.
    »Nachdem wir miteinander Fahrstuhl gefahren sind – was sonst?«
    »O Gott, ja. Das war grauenhaft. Aber – erzähl.«
    »Nein. Erzähl du. Was hat die Polizei gefragt?«
    Sie sah mich etwas schief an. »Was sie gefragt haben?« Sie schien ihr Lächeln festzuhalten, es zu strecken, so lange sie konnte. »Sie haben gefragt, woher ich kam an dem Tag – mit dem Fahrstuhl, als der Mord geschah. Von hier, habe ich geantwortet. Und dann haben sie gefragt, ob ich im Fahrstuhl allein gewesen sei. Ja, habe ich geantwortet. Er war übrigens ganz süß, der Kommissar. Hamre hieß er, glaube ich. Höflich. Aber viel mehr hatte ich ihnen auch nicht zu erzählen.«
    Ich war enttäuscht. Also nicht mehr als wir schon wussten. »Und du hast nichts gehört? Du hast Andresen nicht gesehen, als er kam?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Kanntest du sie überhaupt, die Andresens?«
    Sie schüttelte wieder den Kopf. »In diesem Block? Das wäre, als wenn man in Laksevåg zufällig ein paar Leute aus Landås kennt. Genauso wahrscheinlich, meine ich. Nein, ich hatte sie natürlich schon mal gesehen, aber sie gehörten nicht zu meinem Bekanntenkreis.«
    »Hast du hier im Block überhaupt einen Bekanntenkreis?«
    »Nein«, sagte sie, irgendwie verwundert. »Warum fragst

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