Dein Blick in meiner Morgenroete
schließlich nicht euer Leben lang irgendwo verstecken, nur weil man hinter Faith her ist. Ihr habt beide aus dem letzten Mal gelernt und werdet diesmal besser achtgeben.«
Cole sah Hilfe suchend zu seinem Dad hinüber. Der zuckte mit den Schultern und räusperte sich.
»Die Frauen haben Recht«, sagte er schließlich und mir fiel ein Stein vom Herzen. »Ihr könnt der Gefahr nicht ausweichen, indem ihr nirgendwo mehr hingeht. Wenn sie hinter Faith her sind, dann werden sie einen Weg finden, an sie heranzukommen, egal, wo ihr seid. Besser ihr seid euch der Gefahr bewusst und für den Ernstfall bereit, als euch zu Hause in falscher Sicherheit zu wiegen. Ich habe mit deiner Mutter auch schon viele gefährliche Situationen durchgemacht. Ich kenne die Sorgen, die du dir machst, besser, als du dir vorstellen kannst. Wir sind Shadowcaster und haben unsere Aufgabe zu erfüllen. Faith muss wachsen können. Das geht nicht, wenn du sie in Watte einpackst.«
»Dann gehen wir hin?«, fragte ich und schaute Cole an.
Er nickte, wenngleich seine fest aufeinandergepressten Lippen deutlich zeigten, was er von der ganzen Sache hielt. Ich mochte nicht gern gegen Coles Wünsche gehen, doch ich hatte Cherryl ein Versprechen gegeben und ich hatte wirklich Lust auf die Halloweenparty. Und es stimmte: Wir waren besser dran, wenn wir der Gefahr ins Auge sahen, auf alles gefasst. Ein Teil von mir brannte auf die Konfrontation. Ich wollte kämpfen. Ich wollte mich beweisen und nicht immer im Schatten meines überfürsorglichen Gefährten stehen.
***
Tordjann schaute grimmig auf die tote Wache zu seinen Füßen. Er verspürte keine Reue, den Dämon getötet zu haben. Er stand auf der Seite seines Halbbruders und das machte ihn zu einem Verräter. Alle, die an diesem Verrat beteiligt waren, würden zur Verantwortung gezogen werden. Es würden definitiv noch weitere Tote folgen heute Nacht. Nur die Hinrichtung seines Bruders würde bis morgen Mittag warten müssen. Tordjann wollte, dass alle seine Untertanen sahen, wie er mit Verrätern verfuhr. Banajak würde einen langsamen Tod sterben, wie es sich für einen Hochverräter gehörte. Die Verachtung, die Tordjann empfand, kannte keine Grenzen. Es gelüstete ihn nach Rache. Er wollte Blut vergießen. Die Wache war erst der Anfang.
›Du wirst schon sehr bald bereuen, dich gegen mich gestellt zu haben, du elender Verräter‹, dachte Tordjann grimmig. ›Du wirst den Tag verfluchen, an dem deine Mutter dich geboren hat!‹
Er ließ den Toten liegen und kletterte an der Fassade hinauf zum Vordach. Über das Dach erreichte er das Fenster, hinter dem er Narjana vermutete. Nahe dem Fenster hörte er Stimmen und verharrte.
»Er wird kommen, um mich zu retten, und dann wirst du leiden, das versprech ich dir«, hörte er Narjana sagen.
Ein Knall erklang, als hätte jemand einen Schlag ins Gesicht erhalten. Tordjann biss sich auf die Lippe, um nicht laut aufzubrüllen. Die Wut, die er verspürte, war wie ein rasendes Feuer, das durch seine Blutbahnen rauschte. Er wollte vorwärtsstürmen und diesen Bastard umbringen. Er wollte sie alle töten. Alle, die an dem Komplott beteiligt gewesen waren. Doch er musste seine Wut zügeln. Er durfte Narjana und seinen ungeborenen Sohn nicht in Gefahr bringen. Und außerdem war dem Verräter kein schneller Tod zu gönnen. Es würde schwierig sein, seine Mordlust zu zügeln, doch am Ende würde Banajaks Tod umso befriedigender für ihn sein.
»Natürlich wird er kommen«, sagte Banajak mit gleichgültiger Stimme. »Das ist ja genau, was ich erreichen will. Er wird kommen, um dich zu retten, und er wird sterben, weil er so verdammt schwach geworden ist. Ich war von jeher nicht einverstanden damit, dass ein Halbdämon uns führen soll. Dennoch zeigte er sich stets skrupellos. Doch seit du auf der Bildfläche erschienen bist, ist er weich geworden. Ein Schwächling, der sich von einer Frau an der Nase herumführen lässt. Er verdient es nicht mehr, unser Suhl zu sein! Ich weiß nicht einmal, was er an einer so hässlichen Person wie dir finden kann. Ich würde mich niemals mit dir paaren.«
Narjana lachte und Tordjann verspürte Stolz in seinem Herzen. Narjana war eine außergewöhnliche Frau. Banajak würde für die Beleidigungen zahlen.
»Ich würde dich nicht einmal mit einer Kneifzange anfassen, du hässliches Vieh. Tordjann ist tausendmal mehr Mann als du!«
Erneut erklang das Geräusch eines Schlages und Tordjanns Wut schwappte fast über. Er musste
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