Dein Blut auf meinen Lippen
recht, das kann ich nicht", erwiderte er und küsste sie auf den Mund, während sie ihm zärtlich über den Rücken streichelte.
"Versprich mir, dass wir unsere Insel nie wieder verlassen", murmelte Julia.
"Ich wünschte, das könnte ich", sagte Romeo mit größtem Bedauern. "Aber wir können noch etwas Zeit dort verbringen."
Plötzlich drehte Julia sich von ihm weg. Mit zitternden Lippen erklärte sie: "Wir haben nichts als diese Trauminsel. Einen anderen Ort, an dem wir zusammen sein können, gibt es nicht."
Romeos Pulsschlag erhöhte sich. Auf keinen Fall wollte er daran schuld sein, dass Julia sich wieder der Verzweiflung überließ.
"Wir haben unsere Liebe", sagte er schnell und küsste ihre Halsbeuge. "Mehr brauchen wir nicht, um glücklich zu sein."
"Nein, Romeo, das reicht nicht zum Glücklichsein." Julia löste sich aus Romeos Umarmung. Sie setzte sich auf, lehnte sich an das Kopfende ihres hölzernen Bettgestells und sah ihn traurig an. "Wie gern würde ich glauben, dass unsere Liebe alles besiegen kann! Aber wir dürfen nicht naiv sein. Jetzt, da du des Landes verwiesen bist, können wir unmöglich zusammen fliehen. Außerdem werde ich noch heute endgültig zu einem dieser Wesen, die ich so hasse."
Romeo legte ihr einen Finger auf die Lippen. "Du darfst dich nicht selbst hassen, Liebste! Du kannst ja nichts dafür. Uns wird schon etwas einfallen, wie wir zusammen sein können. Da bin ich mir ganz sicher. Wie kannst du unsere große Liebe infrage stellen, nachdem du mir vergeben hast, was ich Tybalt angetan habe? Du bist der selbstloseste, mutigste und liebevollste Mensch, den ich kenne."
Julia begann zu weinen, und Romeo fürchtete, dass sie es sich nun doch noch anders überlegt hatte. Er nahm ihr Gesicht in die Hände und versuchte sie zu beruhigen.
Julia schüttelte den Kopf. "Die Amme sagt, dass Tybalt mit dem Streit angefangen hat. Ich habe meinen Cousin geliebt, aber wenn er sich an den Friedensvertrag gehalten hätte, hättest auch du ihn nicht gebrochen." Sie musste nun immer heftiger weinen und konnte kaum noch sprechen. "Aber ...", schluchzte sie. "Aber wenn ich ..."
"Machst du dir Sorgen darüber, ob ich dich noch liebe, wenn du zum Vampir geworden bist?", versuchte Romeo zu erraten, was Julia so bekümmerte.
Julia nickte.
"Liebste, glaub mir, dass ich dich heute noch mehr liebe als gestern. Ich werde dich immer lieben, immer und ewig."
"Ich muss dir aber noch etwas Wichtiges sagen", flüsterte Julia verlegen.
"Was immer es ist: Sag’s, und ich werde es verstehen."
Julia wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll."
Romeo küsste sie auf den Mund. "Atme einmal tief durch, dann wird es schon gehen."
Julia folgte seinem Rat. Dann begann sie: "Um Mitternacht muss ich ein ganz bestimmtes Verwandlungsritual vollführen."
Romeo nickte. Er wusste sofort, was Julia meinte. "Die Amme hat es bereits erwähnt, aber sie hat nicht gesagt, worum es dabei genau geht."
Julia lächelte trotz ihrer Verzweiflung. "Dann ist sie wohl über sich selbst hinausgewachsen. Eigentlich war sie gegen unsere Hochzeit. Doch sie möchte, dass ich glücklich bin, und wenn sie dir gesagt hätte, worum es bei dem Ritual geht... Wer weiß, wie du reagiert hättest ..."
"Julia, du unterschätzt mich!" Romeo nahm Julias Hände und küsste sie.
"Du hast ja keine Ahnung ...", stöhnte Julia auf.
Im nächsten Moment flog plötzlich ohne jede Vorwarnung die Kammertür auf. Romeo bückte sich hastig nach seiner Hose und stieß sich den Kopf am Bettpfosten, während Julia sich die Bettdecke bis ans Kinn zog.
"Julia!", rief die Amme, als sie in die Kammer stürmte.
Obwohl es ihm sehr peinlich war, musste Romeo vor ihren Augen in seine Kleider schlüpfen. Er sah, dass die Amme ganz aufgelöst war. Was war geschehen? Hatten sie verschlafen?
"Was gibt es denn, Amme?", fragte Julia.
"Maribel war gerade bei mir und hat es mir erzählt. Der Fürst hat einige von seinen Männern zu uns ins Schloss geschickt, um die Dienerschaft zu befragen, wie Romeo am Abend des Balls unbemerkt in unser Schloss eindringen konnte. Offenbar glauben deine Eltern, dass Verräter unter uns sind, also Freunde der Montagues." Die Amme holte ein Gewand aus Julias Kleiderschrank und reichte es ihr schnell. "Er muss sofort von hier verschwinden."
Romeo zog sich weiter an, während die Amme Julia beim Ankleiden half. Als Julia fertig war, umarmte sie Romeo.
"Mein Gemahl, mein Liebster, mein
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