Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
Vom Netzwerk:
sicher in Person und vielleicht auch auf Video. Ich möchte dich bitten, daß du ihm nicht schadest, daß du nicht Anlaß dazu gibst, daß Bertie ihn ausschließt, auf diese Art, daß Tupra ihn abweist oder wegen Mißtrauens oder übermäßigen Vertrauens insgesamt einen schlechten Schlußbericht abgibt. Er hätte keinen Grund, dieser Bekannte von mir ist nicht der Typ, der täuscht, ich weiß es, ich kenne ihn. Aber Bertie ist manchmal willkürlich, oder wenn er etwas sehr klar sieht, dann kann er genau gegen diese Klarheit handeln, gerade weil er es so klar sieht. Ich meine, ich weiß nicht, na ja.« Sie merkte, daß ihrem Satz Klarheit fehlte. Was Pérez Nuix trotz der ganzen Vorbereitung noch nicht wußte, das wurde mir klar, war die Reihenfolge, in der sie darlegen, erzählen, überzeugen, bitten sollte. Fast alle kennen diese Reihenfolge nicht; und scheitern. Sogar diejenigen, die schreiben. Doch sie machte weiter, es ging nicht an, von neuem zu beginnen. »Ich habe gesehen, wie jemand einen so gänzlich schlechten Eindruck auf ihn gemacht hat, daß er beschloß, ihn auf Anhieb zu begünstigen und ihm eine unglaubliche Chance zu geben; und umgekehrt, wie jemand ihm so empfehlenswert erschien, daß er den Umgang mit ihm und seine Beteiligung an was auch immer ausschloß, ebenfalls auf Anhieb. Das Deutliche gefällt ihm nicht, auch das zu Glatte nicht, das, was scheinbar unvermischt ist, denn er ist sicher, daß es immer eine Mischung gibt, und wenn sie nicht erkennbar ist, dann liegt das an einer sehr geschickten Verschleierung oder an einer vorübergehenden Trübung unseres Scharfsinns. Das heißt, wenn sich ihm keine Zweifel bieten, dann schafft er sie sich. Wenn wir es sind, die keine haben, Rendel, Mulryan, du, ich, die Externen, Jane Treves, Branshaw, irgendeiner, dann steuert er sie bei. Er legt sie uns dar, er erfindet sie für uns. Er mißtraut dem Unzweifelhaften so sehr, daß er sein Urteil deshalb abändert, gegen seine eigene Gewißheit, von der unseren ganz zu schweigen. Sie ist selten, denn er ist fast nie ganz überzeugt, er würde niemals für einen Menschen die Hand ins Feuer legen, Tupra weiß genau, daß niemand aus einem Guß ist oder daß niemand auf unbegrenzte Zeit bleibt, der er ist oder der er war, nicht einmal der, der er werden möchte und noch nicht einen einzigen Tag gewesen ist. ›That’s the way of the world‹ , du weißt schon, das sagt er, und dann macht er weiter, er erwartet nichts, und nichts wundert ihn.« ›Das ist der Stil der Welt‹, ja, ich hatte es schon ein paarmal von ihm gehört. »Aber wenn er etwas überzeugt behaupten zu können glaubt, dann leugnet er die Behauptung oder hebt sie auf, etwas, das er uns nicht gestattet. Das kommt nur ihm zu, den Einwand, den Verdacht hineinzubringen, uns zu widersprechen und sich selbst zu widersprechen und zu korrigieren, was ihm nötig erscheint. Gewißheit ist selten bei ihm, aber es hat sie dann und wann gegeben; wenn jemand ihm sehr vertrauenswürdig oder sehr integer erscheint, so sehr, daß kein Platz für Zweifel ist, dann wird er ihn in der Praxis höchstwahrscheinlich wie einen verkappten Gauner behandeln und dem, der ihn um den Bericht gebeten hat, davon abraten, ihm zu trauen. Und umgekehrt genauso: wenn er ein Subjekt hoffnungslos illoyal findet, fast aus Berufung, sagen wir so, dann kann es sein, daß er vorschlägt, ihn zumindest einmal einzusetzen, ihn auszuprobieren. Allerdings nicht ohne den Kunden zu warnen: einmal und nicht mehr bis auf weiteres, bei einem unbedeutenden und nicht sehr riskanten Geschäft.«
    Die junge Pérez Nuix hatte mit ihrer Bitte begonnen, sie jedoch sogleich in der Schwebe gelassen, ohne konkret zu werden, ohne sie abzuschließen oder sich auf sie zu konzentrieren, also fuhr sie fort, sie hinauszuzögern oder zu dosieren oder mich auf sie vorzubereiten, es würde nicht »nur ein Augenblick« sein, das Sprechen mit mir, wie sie von der Straße her verkündet hatte. Oder es war nur das andere, daß sie die Reihenfolge der Darlegung nicht kannte und die Sätze sich überstürzten, und sie deshalb abkam und abzweigte, und so erhoben sich für mich einzelne einleitende Fragen zu ihren Äußerungen, mir waren mehrere Dinge aufgefallen, die sie unwillkürlich gesagt hatte oder ohne sich meiner Unkenntnis bewußt zu sein. Das Gespräch würde noch weniger kurz sein, wenn ich mich mit ihnen aufhielte.
    »Jane … Treves, Branshaw?« Das war meine erste Frage. Ich hielt mich bei diesen Namen

Weitere Kostenlose Bücher