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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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auf, ich war nicht imstande, weiter zu gehen.
    »Ja, T-r-e-v-e-s «, antwortete die junge Frau, vielleicht glaubte sie aufgrund meiner kleinen Pause, ich hätte die Namen nicht richtig verstanden, tatsächlich buchstabierte sie automatisch auf englisch, auf spanisch war das so nicht üblich: Ti-ar-i-vi-i-es , so für unsere Ohren (und ich hatte mir es geschrieben in der Tat als Trevis oder Travis vorgestellt). Von ihrer Biographie her war sie mehr als nur eine halbe Engländerin. Sie sprach meine Sprache mit der gleichen Geläufigkeit wie ich oder nur ein wenig langsamer, und sie verfügte über ein gutes, sogar ein literarisches Vokabular, doch dann und wann schlich sich etwas Seltsames ein (jenes »auf diese Art«, jenes »sagen wir so«) oder ihr unterlief ein Anglizismus, oder die Betonung der Insel war stärker als sie; ihr c oder z war sanfter als gewöhnlich, wie bei den Katalanen, wenn sie Spanisch sprechen, auch ihr g oder j ; ihr t -Laut klang nicht ganz alveolar und ihr k auch nicht plosiv wie bei den Engländern, zum Glück, das hätte ihre spanische Aussprache sehr affektiert gemacht, fast irritierend bei jemandem, der die Sprache so gut beherrschte. Es war indes der andere Name, Branshaw, der mich amüsierte, obwohl ich ihm jetzt nicht nachgehen oder ihr erklären würde, warum, es war nicht der richtige Augenblick, beim Reden muß man sich immer hüten, es wird endlos bei der geringsten Unachtsamkeit, wie ein unaufhaltsamer Pfeil, der jedoch nie ein Ziel erreichen und bis zum Ende aller Zeiten weiterfliegen würde, ohne seine Geschwindigkeit zu verringern. Ich fragte also nicht nach, ich hielt mich nicht weiter damit auf, all das muß man vermeiden, mehr und mehr Themen oder Klammern zu eröffnen, die nie geschlossen werden, und in jeder tausend miteinander verknüpfte Einschübe. »Leute, auf die Bertie zurückgreift, Gelegenheitsinformanten, von draußen, mehr oder weniger auf bestimmte Bereiche, auf Ambientes spezialisiert. Klar, du bist noch nicht mit ihnen zusammengetroffen«, fügte sie hinzu, als sei bei ihr der Groschen gefallen und die Frage damit erledigt, sie wollte sich nicht aufhalten damit, ich auch nicht. Ihr rutschte der Name Bertie für Tupra heraus; sie korrigierte sich, aber sie wurde rückfällig, so hatte sie ihn zweifellos im Kopf gespeichert, so kam er ihr in den Sinn, obwohl sie ihn bei der Arbeit mit Bertram ansprach, zumindest in meiner Gegenwart, vertraulich, aber förmlicher, in meiner Sprache würde es einem respektvollen Duzen entsprechen. Mir hatte er noch nicht die Erlaubnis gegeben, nicht einmal dazu, das würde später kommen, auf seine Veranlassung hin, nicht auf meine.
    »Wen meinst du mit dem, der ihn um den Bericht gebeten hat?« Das war meine zweite, einleitende Frage. »Was meinst du mit dem Kunden? Ich dachte, es gebe nur einen, immer denselben; wenn auch mit verschiedenen Gesichtern, ich weiß nicht, die Flotte, das Heer, das eine oder andere Ministerium oder irgendeine Botschaft oder Scotland Yard oder die Justiz oder das Parlament, ich weiß nicht, die Bank von England oder sogar Buckingham. Ich meine, die Regierung.« Ich hätte sagen wollen »die Geheimdienste, der MI6, der MI5«, doch aus meinem Mund erschien mir das alles von vornherein als lächerlich, also vermied ich es und ersetzte es rasch. »Oder die Krone. Der Staat.«
    Ich hatte den Eindruck, die junge Pérez Nuix wollte sich auch damit nicht aufhalten, sie hatte ihre erste Tirade von sich gegeben, ohne mit der Nebenwirkung meiner Neugier zu rechnen. Vielleicht formulierte sie ihre Bitte ja bewußt etappenweise – womöglich führte sie mich von Anfang an zu ihr hin: damit ich mich in verschiedenen Phasen an die Vorstellung gewöhnte, das Wesentliche dieser Bitte war bereits klar; oder die Art –, wollte jedoch nicht, daß sie ihr zwischen unerwarteten Verfahrensfragen und Prolegomena und langen Erklärungen verloren ging.
    »Na ja, so ist es gewöhnlich, davon gehe ich aus, aber es gibt Ausnahmen. Nur manchmal wissen wir, für wen genau wir informieren, wem zugute kommt, was wir deuten. Was wir urteilen. Damit meine ich uns, Tupra wird es wissen oder fast immer folgern, denke ich. Oder vielleicht doch nicht ganz, einige Aufträge erreichen ihn bestimmt über Vermittler von Vermittlern, und er stellt keine Fragen, wenn er nicht in der Lage ist, sie zu stellen, ohne Argwohn zu wecken oder sich selbst zu schaden. Und er weiß genau, wann das so ist; sein ganzes Leben lang hat er es ausgelotet.

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