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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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und natürlich darüber, diese senkrechten Fältchen sind der große Alptraum nicht weniger Freundinnen, zusammen mit dem Hals. Ja, ich finde das auch ziemlich haarsträubend, aber ich bin wahrscheinlich mehr als du an diese Implantate und Einspritzungen gewöhnt. Und an die verschiedensten Gemetzel. Ich weiß von immer mehr Frauen, die regelmäßig zu ihren Sitzungen gehen und sich zurechtschnippeln und formen lassen, als würden sie zum Friseur gehen. Und glaub ja nicht, es gibt ziemlich viele Männer, die schon auf den Geschmack gekommen sind, und nicht nur eitle Junggesellen und am Boden zerstörte Scheidungsopfer, ich weiß von mehr als einem Ehemann. Na ja, wenn ich dem trauen kann, was man mir erzählt, und das sollte man nicht.« Sie sagte das so ungezwungen, daß ich denken mußte: ›Es geht ihr nicht einmal durch den Kopf, mich zu den am Boden zerstörten Scheidungsopfern zu rechnen, ein Glück, ich flöße ihr kein Mitleid ein oder noch nicht, auch mir gefällt es nicht, auf Baisse zu spekulieren, wie es so viele Partner und Ehemänner tun. Natürlich sind wir noch nicht geschieden. Aber alles wird sich finden, nehme ich an, wenn sie es will.‹ Daß die Initiative von mir ausgehen könnte, erschien mir nicht leicht möglich. Aber man weiß nie. Ich ließ sie nicht an meinen Gedanken teilhaben. »Obwohl: Sieh dir diesen Buffo von Berlusconi an, der dürfte mittlerweile von Kopf bis Fuß aus Latex sein, hast du ihn gesehen?, er sieht aus wie eine Schießbudenfigur. Er sollte vielleicht wirklich eine Geschlechtsumwandlung machen, womöglich würde er sich etwas verbessern oder wieder vermenschlichen, als Großmutter.« Und sie lachte erneut, ich wußte, daß sie es tun würde, als ihr das Wort »Buffo« auf die Zunge kam: wir kannten uns zu gut, um uns nicht mehr zu kennen. Jetzt lief sie Gefahr, sich auf diese Umwege zu begeben und zum Beispiel weitere in Matronen verwandelte Politiker Revue passieren zu lassen; daher führte ich sie zurück.
    »Und Bottox, was ist das genau? Weißt du das?«
    »Man hat es mir seinerzeit gesagt, aber ich habe nicht weiter darauf geachtet. Ein Giftstoff, glaube ich; oder ein Gegengift; um die Wahrheit zu sagen, ich kann mich nicht erinnern.«
    »Der Giftstoff Botulin? Kann das sein? Der vom Botulismus. Ich weiß nicht, ob du weißt, daß man das früher als Gift benutzt hat.« Und ich erwähnte meine erahnte Etymologie.
    Das schien sie nicht zu erschüttern. Durch ihre Bekannten und die eine oder andere unsichere Freundin war sie bestimmt an die blutigsten und giftigsten Mittel gegen das Altern gewöhnt.
    »Ich erinnere mich nicht. Kann sein. Es würde mich auch nicht wundern, die Hälfte dieser Schönheitsspezialisten sind völlig verantwortungslos, wenn nicht kriminell. María hat mir erzählt, daß sie aufgehört hatte, zu einem zu gehen, der sie auf die brutale Art verschlankte, als sie einmal zusammen in eine Apotheke gegangen waren, er sagte, er habe das Rezept zu Hause vergessen, und um die Apothekerin zu überzeugen, daß er Arzt war, fiel ihm nichts anderes ein, als kurz zu seinem Wagen zurückzukehren und ein Phonendoskop zu holen, das auf dem Rücksitz herumlag. Kannst du dir das vorstellen, ›Schauen Sie, ich habe ein Phonendo, ich bin Arzt‹, und dabei fuchtelte er mit ihm vor ihrem Gesicht herum. María schloß daraus, daß er weder in der Ärztekammer war noch einen Titel hatte noch sonst irgendwas, so viele Kliniken er auch aufgezogen hatte, sie erstarrte förmlich. Na ja, also ich halte alles für möglich.«
    »Könntest du das für mich herausfinden, ob es das ist, der Giftstoff Botulin?«
    »Ich glaube schon. María wird es bestimmt wissen, oder Isabel Uña, die hat auch mit solchen Sachen zu tun, ich kann sie fragen. Aber was hast du mit dem Bottox? Denkst du daran, es dir zu spritzen wie ein Berlusconi, oder ist es deine schlampige Freundin? Du brauchst es nicht, du hast noch nicht mal eine halbe Falte, die reinste Unverschämtheit.« Sie hatte meine erste Frage über das herabgetropfte Blut nicht aus dem Blick verloren, sie dachte noch immer, daß jemand mir den Boden beschmutzt haben konnte, ein zufälliger oder nicht so zufälliger Jemand. Die Aussicht, daß Luisa eine kleine Erkundigung für mich einziehen würde, heiterte mein naives Gemüt auf. Es war etwas Gemeinsames nach langer Zeit, etwas Neues (weder die Kinder noch das Geld oder praktische Dinge), obwohl es sich um eine Lappalie handelte. Und wir würden uns deshalb bald wieder anrufen

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