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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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Nacht davongefahren), und die Schwarze oder Mulattin im leicht fliegenden Rock, die später nicht aus dem Haus zu gehen schien. Jetzt trugen beide ziemlich kurze und enge Röcke (bis zur Mitte der Oberschenkel mehr oder weniger, vielleicht nicht besonders bequem zum Tanzen), und keiner der drei tanzte schon, nicht richtig, es sah eher aus, als würden sie die genauen Schritte erörtern oder entscheiden, die sie tun würden, sicher im Gleichtakt zu dieser Musik, die fast nicht bis zu mir drang und die ich daher nie wiedererkennen würde.
    ›Er hat sie zusammengebracht‹, dachte ich, ›vielleicht ist er dabei, sich zu professionalisieren, und will mit ihnen üben, was man in Amerika eine routine nennt, also Bewegungen und Schritte, die nicht improvisiert, sondern festgelegt und koordiniert sind, was hat dieses Land, was hat diese Epoche für eine Sucht, Wörter zu ruinieren, alles ist ständig anmaßender, ungenauer, verzerrter und artifizieller und oft unverständlich, die Wörter wie die Verwendungen und die Reaktionen; es kann aber sein, daß nur eine von ihnen seine Geliebte ist und nichts Merkwürdiges daran ist, daß sie sich treffen, um im Trio zu tanzen, oder auch daß keine es ist, wenn beide es wären, dann wäre es allerdings etwas seltsam, nehme ich an, trotz der gekünstelten Nachsicht dieser Zeiten, in denen so viele Menschen der Ansicht sind, daß nichts besonders bedeutsam ist, nicht einmal gewaltsame Handlungen, sie werden leicht vergeben, oder es fehlen niemals Dummköpfe mit dummer – oder pfäffischer – moralischer Autorität, die bereit sind, mit unendlicher Geduld ihre alles andere als geheimnisvollen Ursachen zu erforschen, und sie in jedem Fall verstehen, als stünden sie über ihnen (ständig liegt ihnen als Verlockung der alte Satz der Geistlichen auf der Zunge, so weltlich sie sich auch geben mögen: »Aber warum bist du denn so, mein Sohn?«), bis jemand sie von ihrer hohen Warte herunterholt und sie grün und blau schlägt, und dann verstehen sie die Welt nicht mehr, ich selbst, auch ich könnte unter bestimmten Bedingungen gewalttätig werden, nicht nur, um mich zu verteidigen, aber ich weiß, es wäre aus niedrigen Beweggründen und stets ohne jedes Geheimnis, aus Enttäuschung oder Neid oder Rache oder verstört durch schäbige Angst, daher ist es besser, sie einfach zu meiden, die Umstände: ich könnte mich nicht mit einem Freund oder Liebhaber Luisas zu einer undenkbaren Aktivität zu dritt einfinden, vorerst nicht, wer weiß, ob in einigen Jahren, wenn kein Zentimeter meiner Haut mehr schmerzen würde und er außerdem ein großartiger Typ wäre, was ich bezweifle; und auch sie nicht, glaube ich, mit einer Freundin oder Geliebten von mir, die es irgendwann unweigerlich geben wird, und dabei sind wir keine und auch sonst nichts derzeit, was werden wir sein oder sind wir schon im Begriff zu werden, vielleicht nur Vergangenheit, der eine für den anderen eine so lange und dauerhafte Vergangenheit, wie wir es nie für möglich gehalten hatten. Sie ist wohl nicht sehr abgelenkt in diesen Tagen, obwohl sie sich froh anhörte zu Beginn und auch am Ende des Gesprächs, wenn ihr unmittelbar künftiges Alter ihr ein wenig Sorgen macht‹, dachte ich. ›Wenn ich sie heute nicht brauche, dann morgen, nicht erst übermorgen, hat sie in bezug auf die giftigen Heilmittel und blutigen Kunststoffe gesagt, und das unterscheidet sich nicht sehr von dem, was Flavia Manoia denken wird, wenn sie jeden Morgen aus dem letzten angstvollen Traum erwacht, der schon Tagtraum ist, Reresby oder Tupra zufolge, der sie mir, wie auch ihren Mann, im voraus beschrieben und damit geschickt meine spätere Wahrnehmung beider gelenkt hatte: Gestern noch, ja, aber heute? Ich bin einen Tag älter, denkt Frau Manoia, wenn sie die abgeschminkten Augen öffnet, und dann hat sie einige Minuten lang keine Lust, sich einer weiteren Prüfung zu unterziehen, und will sie wieder schließen. Wie schwer es mir fällt, mir Luisa mit derlei Befürchtungen vorzustellen, ich bin es gewohnt, daß sie jung ist. Oder im Grunde fällt es mir doch nicht so schwer, wenn ich mich nicht selbst täusche: auch mir sind sie nicht unbekannt, vermute ich. Diese Art Furcht ist nicht nur den Frauen eigen, sondern wahrscheinlich allen nach einem späten Schicksalsschlag oder ab der ersten starken Erschöpfung, ich selbst glaube sie tagtäglich zu spüren, diese Furcht oder ihre Ankündigung, zumal in dieser ausländischen Zeit, in der ich nicht

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