Dein Herzensprinz Prinzessin
erträgt, der - genau wie ich - ständig ein Heft bei sich hat, in das er seine Gedanken schreibt, und der noch länger in Therapie ist als ich. Das ist jemand anderes.
Nur dass es niemand anderes war. Es war JP.
Aber jetzt durchschaute ich ihn.
»Ich bitte dich.« JP lachte. »Warum sollte ich mir selbst die Paparazzi auf den Hals hetzen?«
»Vielleicht«, sagte ich, »weil du dich selbst gern in der Zeitung siehst?«
»Mia.« Es zuckte um seine Mundwinkel. »Jetzt spinn nicht rum. Lass uns weitertanzen. Hast du übrigens auch schon
gehört, dass wir beide zum Ballkönig und zur Ballkönigin gewählt werden sollen?«
»Meine Füße tun weh«, sagte ich. Das war gelogen, aber ich hatte ausnahmsweise mal kein schlechtes Gewissen. »Ich hab die Schuhe heute zum ersten Mal an. Ich glaub, ich muss mich mal kurz hinsetzen.«
»Oje«, sagte JP. »Ich schau mal, ob ich dir ein Blasenpflaster besorgen kann. Bin gleich wieder da.«
Jetzt versucht er, ein Blasenpflaster aufzutreiben.
Und ich versuche, zu verstehen.
Wie kann es sein, dass JP, der so groß und so blond und gut aussehend ist, der so viele meiner Interessen und Hobbys teilt und von dem alle immer fanden, dass er perfekt zu mir passt - viel besser als Michael -, sich als jemand entpuppt, mit dem ich möglicherweise rein gar nichts gemein hab? Das kann einfach nicht sein. Das... kann... nicht... sein.
Es sei denn... Worum ging es in der Geschichte noch mal, die Dr. G. Stöhrt mir letztes Mal erzählt hat?
Ach ja, um Sugar. Eine Vollblutstute, die theoretisch ein ganz tolles Pferd war, in deren Sattel er sich aber nie so wirklich wohlgefühlt hat. Dr. G. Stöhrt hat Sugar wieder verkauft, weil er gemerkt hat, dass er es vermied, mit ihr auszureiten, und das war Sugar gegenüber nicht fair.
Jetzt verstehe ich, worauf er hinauswollte.
Manche Menschen wirken absolut perfekt, in jeder Hinsicht ideal... theoretisch jedenfalls.
Bis man sie kennenlernt. Sie wirklich kennenlernt.
Und herausfindet, dass sie vielleicht für jeden anderen perfekt sind, aber nicht für einen selbst.
Andererseits...
Ist es denn so schlimm, wenn ein Junge, der seine Freundin über alles liebt, schon Monate im Voraus ein Hotelzimmer für die Nacht nach dem Abschlussball reserviert. Ist das wirklich ein so ruchloses Verbrechen?
Ja, okay, das mit dem Theaterstück war echt blöd. Aber ich bin mir sicher, dass er es umschreiben würde, wenn ich ihn darum bitten würde.
O Gott. Da ist Lilly.
Sie ist ganz in Schwarz gekleidet. Von Kopf bis Fuß. (Okay, das bin ich auch. Aber ich hoffe mal, dass ich - im Gegensatz zu ihr - nicht aussehe wie eine Jung-Terroristin.) Sie geht in Richtung Damentoilette.
Okay, ich könnte mir zwar vorstellen, dass das schon unter »Stalking« fällt, aber ich hab beschlossen, ihr hinterherzugehen. Sie war immerhin mal sechs Monate mit JP zusammen.
Wenn irgendjemand mir sagen kann, ob mein Freund ein anderer ist, als er vorgibt zu sein, dann sie. Ob sie bereit ist, mit mir zu sprechen, ist eine andere Geschichte.
Aber Dr. G. Stöhrt hat gesagt, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, würde ich wissen, was zu tun ist.
Ich hoffe echt, dass er das jetzt ist...
Samstag, 6. Mai, 23 Uhr, in der Damentoilette im Waldorf-Astoria
Oh Mann, ich zittere. Ich muss hierbleiben, bis meine Knie wenigstens so weit zu zittern aufgehört haben, dass ich wieder aufstehen kann. So lange bleibe ich hier auf dem kleinen Samtsofa sitzen und schreibe auf, was ich gerade erfahren habe, um es irgendwie zu begreifen …
Tja.
Jetzt weiß ich endlich, wieso Lilly so lange sauer auf mich war.
Als ich in die Toilette kam, stand sie gerade vor dem Spiegel und legte roten Lippenstift auf.
Rot wie Blut.
Sie sah mich im Spiegel und zog die Augenbrauen hoch, aber ich war fest entschlossen, mich nicht einschüchtern zu lassen, auch wenn mein Herz wie verrückt klopfte. Gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann.
Ich sah mich kurz um und vergewisserte mich, dass außer uns niemand da war. Dann holte ich tief Luft und sagte zu ihrem Spiegelbild, bevor mich der Mut verließ: »Sag mal, kann es sein, dass JP mir die ganze Zeit was vorgemacht hat?«
Lilly schob seelenruhig die Kappe auf den Lippenstift und steckte ihn in ihre schwarze Clutch. Dann drehte sie sich zu mir um und sagte verächtlich: »Und das merkst du erst jetzt?«
Ich will nicht behaupten, dass es sich angefühlt hat, als würde sie mir ein Messer in die Brust rammen, das wäre zu
dramatisch. Tatsache
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