Dein ist das Leid (German Edition)
könnte“, bemerkte sie spitz. „Ich würde bloß darüber stolpern und mich noch selbst umbringen. Außerdem habe ich keine Ahnung, was dieses ganze Zeug überhauptist. Besonders deine Spielsachen da. Roboter waren noch nie mein Ding.“
„Nein, du bist wohl eher für Tarotkarten zu haben.“
Claire schnitt eine Grimasse, obwohl sie sich geschworen hatte, sich nichts aus Ryans Sticheleien zu machen. „Du bist so kleingeistig, es ist zum Verrücktwerden. Zu deiner Information: Ich benutze keine Tarotkarten. Oder Ouijabretter.“
„Séancen?“
„Auch nicht.“
„Du bist mal eine langweilige Hellseherin.“
„Und du die reinste Nervensäge.“
Ryan wirbelte in seinem Stuhl herum, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinterm Kopf. Er wirkte abscheulich gut gelaunt. „Danke für das Kompliment. Offensichtlich treffe ich da einen Punkt bei dir.“
Claire blickte ihn verärgert an. „Keine Chance.“
„Was willst du dann hier? Außer mir kommt keiner in den Keller. Der Konferenzraum ist zwei Stockwerke weiter oben.“ Er zeigte auf die Decke.
„Ich weiß, wo er ist.“ Claire verschränkte die Arme vor der Brust. „Bilde dir bloß nichts ein. Ich habe gerade einen Anruf von Casey bekommen. Sie sagte, wir hätten gleich eine Besprechung mit dem ganzen Team. Also ging ich hoch in den Konferenzraum. Da war aber keiner. Ich habe einfach das Naheliegende getan. Du lebst ja in dieser Höhle. Ich kam runter, um zu hören, ob du irgendwas weißt.“
„Yeap. Eine Besprechung mit dem ganzen Team. Mich hat Casey auch angerufen.“ Ryan sah auf seine Uhr. „Sie ist auf dem Weg. Patrick auch. Und Marc kocht Kaffee in der Küche und futtert wahrscheinlich meine Vorräte.“
„Na gut. Dann gehe ich eben wieder hoch und warte.“ Claire zögerte. „Hast du schon irgendwas rausgefunden?“
Ryan ignorierte die Frage, beugte sich vor und drückte die Print-Taste auf dem Keyboard. Mehrere Seiten kamen aus dem Drucker. Er ging hinüber, nahm sie heraus und überflog sie. „Das erfährst du, wenn’s alle anderen tun“, sagte er schließlich.
Claire antwortete nicht. Es hatte keinen Sinn, sich mit so einem Erstklässler zu zanken. Sie verließ den Raum und zog die Tür fest hinter sich zu.
Ryan hob den Blick zu der verschlossenen Tür und lächelte versonnen.
Alle Späße zwischen den Mitgliedern des Teams waren verflogen, als sie sich zehn Minuten später um den großen Tisch im Konferenzraum versammelten.
„Ich habe Amanda Gleason getroffen“, eröffnete Casey, die mit auf dem Tisch gefalteten Händen am Kopfende des Tisches saß. „Marcs Einschätzung trifft vollkommen zu. Diese Frau ist völlig verzweifelt. Ihre Lage ist wirklich herzzerreißend, und die Zeit drängt. Wir werden dieses Baby retten, egal, was es kostet.“ Sie wandte sich an Ryan. „Was hast du bis jetzt für uns?“
„Fangen wir am besten mit dem Gesichtserkennungsprogramm an. Ich habe den Burschen aus Amandas alten Fotos mit einer Vergrößerung des Typs auf dem Handyfoto verglichen. Mit elastischen grafischen Übereinstimmungstechniken und einem Repräsentationsalgorithmus konnte ich …“ Ryan sah sich um und blickte in verständnislose Gesichter. „Die Details sind ja egal. Jedenfalls bin ich zu neunzig Prozent sicher, das ist derselbe Kerl.“
„Das sind ja keine schlechten Chancen“, kommentierte Marc.
„Stimmt. Ich würde wetten, dass Paul Everett noch lebt.“
„Was wir allerdings noch nicht an Amanda Gleason weitergeben werden“, teilte Casey ihnen mit. „Nicht solange wir diese übrigen zehn Prozent nicht definitiv ausgeschlossen haben.“
„Das sehe ich genauso.“ Ryan nickte. „Weiter im Text. Ich habe mich mit ein paar von Paul Everetts früheren Geschäftspartnern in Verbindung gesetzt. Alle sind voll des Lobes. Nichts Verdächtiges.“
„Also ist das eine Sackgasse.“
„Keinesfalls. Der interessante Teil kommt jetzt. Marc hat mir ein paar persönliche Informationen über Paul gegeben, die er von Amanda hat – Everetts Geburtstag, wo er seine Konten hatte, wann sie sich zum ersten Mal begegnet sind, solches Zeug. Ich habe ein bisschen nachgedacht und viel herumgeschnüffelt. Es hat einige Zeit gedauert, aber schließlich habe ich es geschafft, mich in seine Konten zu hacken.“
„Und?“ Casey hob gespannt den Kopf. Sie kannte diesen Ton in seiner Stimme. Ryan hatte etwas Wichtiges herausgefunden.
„Und Paul Everett hatte ein recht beeindruckendes Guthaben und machte öfter saftige
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