Dein ist das Leid (German Edition)
Wangen waren leicht gerötet. Über ihre Beziehung zu Ryan – oder wie immer man das nennen mochte – wollte sie lieber nicht reden. Das war eine zu komplizierte Angelegenheit. Es gab keinen richtigen Begriff dafür, und es war eigentlich sinnlos. Es war auch nur sporadisch, dann aber extrem. Diese Widersprüchlichkeit trieb sie in den Wahnsinn.
„Gefällt dir das Blumenarrangement nicht auch?“, fragte sie Casey, um das Thema zu wechseln. „Diese Pastellfarben passen zu dem glücklichen Paar.“
„Das stimmt.“ Casey nickte. „Das hast du toll gemacht. Amanda und Paul sind bestimmt ganz gerührt.“
„Nach allem, was sie durchgemacht haben, verdienen sie keine halben Sachen.“
Casey nickte noch einmal. Sie konnte kaum glauben, dass erst drei Monate vergangen waren, seit sich herausgestellt hatte, dass Paul der ideale Spender für Justin war. Außerdem hatte die Wissenschaft bei der Aufbereitung der Stammzellen große Fortschritte gemacht, sodass es Anlass zur Hoffnung gab.
Trotzdem waren die nächsten fünf Tage hart gewesen, in denenPaul ständig Injektionen ins Rückenmark bekam, eine unangenehme und auch nicht ungefährliche Angelegenheit, während er und Amanda Justin nicht von der Seite gewichen waren und gebetet hatten, dass ihr Sohn lange genug durchhalten würde.
Er schaffte es. Irgendwie hatte dieses gerade einen Monat alte Baby genug Kraft zum Weiterkämpfen, als ob es wüsste, dass die Rettung nahe war.
Dann kam der große Tag.
Erst eine vierstündige Prozedur, bei der Pauls Stammzellen isoliert wurden, gefolgt von einer grausamen zehnstündigen Wartezeit, in der sie aufbereitet wurden.
Und schließlich der entscheidende Moment, auf den sie alle gewartet hatten – die Übertragung von Pauls Stammzellen mittels einer Infusion in Justins Körper.
Das waren die längsten fünfzehn Minuten, die Amanda und Paul je durchstehen mussten.
Sie wussten, dass es mindestens zwei Wochen dauern würde, bis sich herausstellte, ob Justin ein eigenes Immunsystem aufbaute. Obwohl Justin ständig von den Experten beobachtet wurde, ob es auch nur das kleinste Anzeichen von Komplikationen gab, war die Wartezeit kaum auszuhalten. Zum Glück schien Justin die Stammzellen nicht abzustoßen.
Vier Wochen später lächelte der Himmel auf sie herab, als die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen kamen. Einige der Zellen hatten sozusagen die Arbeit aufgenommen – Justin brauchte das Beatmungsgerät nicht mehr, der Schlauch konnte aus seiner Brust entfernt werden.
Nun, nach drei Monaten, hatte Justin die Infektionen überwunden. Amanda und Paul waren in diesem Augenblick bei Dr. Braeburn, um zu besprechen, wann er aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte.
Es würde noch viele Nachuntersuchungen geben, aber Justin war aus dem Gröbsten raus und konnte mit seiner Mutter und seinem Vater ein normales Leben beginnen.
Die ihrerseits ein neues Leben als verheiratetes Paar und als Familie beginnen würden. Eine vollständig gesunde Familie, denn auch Amanda hatte die ersten drei Monate ihrer sechsmonatigen Behandlung hinter sich, um die Hepatitis C zu kurieren.
Selbst der zynische Ryan McKay konnte nicht bestreiten, dass das ultimative Happy End eingetreten war.
In der kleinen Kapelle würde heute eine kurze, aber bedeutsame Zeremonie stattfinden. Marc, Patrick und Amandas Freundin Melissa waren die Trauzeugen, zwei von Pauls besten Freunden aus dem FBI wollten ebenfalls zur Hochzeit erscheinen.
Aber der wichtigste Ehrengast würde natürlich der vier Monate alte Säugling sein, der in Begleitung einer Krankenschwester der Hochzeit seiner Eltern beiwohnen durfte.
Danach würden Eltern und Kind sich sofort wieder auf die pädiatrische Station begeben, an der täglichen Routine würde sich zunächst nicht viel ändern, bis Justin entlassen werden konnte. Amanda und Paul würden an Justins Bett sitzen, ihn im Arm halten, mit ihm spielen und das Wunder bestaunen, das sie selbst geschaffen hatten.
Aber bald würden sie nach Hause dürfen, das hatte Dr. Braeburn Amanda versichert – solange sie ihn regelmäßig zu Nachuntersuchungen ins Krankenhaus brachte. Nur die Ergebnisse einiger Bluttests mussten noch abgewartet werden, und das Wetter musste sich bessern, damit er sich nicht gleich wieder etwas einfing. Dann konnte Justin endlich hinaus in die Hamptons und in sein neues Kinderzimmer in Pauls Cottage gebracht werden.
Das kleine Zimmer neben dem Schlafzimmer war in den letzten drei Monaten aufwendig
Weitere Kostenlose Bücher