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Dein ist die Rache

Dein ist die Rache

Titel: Dein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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einem hohen schwarzen Zaun, so dass es von der breiten, ruhigen Straße aus kaum sichtbar ist.
    Trish Pharaoh lenkt ihren zweisitzigen Sportwagen in die Einfahrt, lutscht extrastarke Minzpastillen und raucht eine schwarze Zigarette.
    Sie betrachtet das Haus. Nickt widerwillig. Es wirkt wie maßgeschneidert für einen aufstrebenden Politiker. Es suggeriert Reichtum, ohne prätentiös zu sein, Erfolg ohne Großspurigkeit. Pharaoh würde es »geschmackvoll« nennen, wenn man sie fragte.
    Sie steigt aus. Überprüft ihr Spiegelbild im Fenster. Vergewissert sich, dass sich keine Krümel zwischen ihre Zähne verirrt haben, und tritt dann ihre Zigarette mit dem Absatz aus. Sie war zu Hause. Hat sich umgezogen, trägt jetzt eine zitronengelbe Bluse und einen schwarzen Rock. Hat sich einen Schal um den Hals geschlungen und die Haare gebürstet. Ist dann in ihre Bikerstiefel geschlüpft und hat eine Kostümjacke angezogen, die inzwischen auf dem Beifahrersitz liegt. Sie hat eine lange Fahrt auf sich genommen, nur um sich präsentabel zu machen. Knapp hundert Kilometer, hin und zurück über die Brücke. Aber sie ist froh, dass sie sich die Mühe gegeben hat. Fühlt sich weniger befangen wegen der bandagierten Bisswunden, jetzt, wo sie ihre »Arbeitskleidung« trägt.
    Ein kurzes Innehalten. Ein Atemzug und ein Moment der Dunkelheit hinter geschlossenen Lidern. Dann hinauf zur Eingangstür. Zwei Schläge mit dem Messingklopfer, gefolgt vom Läuten der Glocke.
    Fünf Sekunden. Zehn.
    Sie probiert den Türgriff. Nichts. Lauscht auf Geräusche im Inneren des Hauses. Glaubt, irgendwelche Aktivitäten hinter dem Glas des Wintergartens zu vernehmen, der die Westgrenze des langen Backsteinbaus bildet.
    Pharaoh knirscht über den Kies auf den dunkelgrünen Rasen. Begibt sich dann lautlos zur Rückseite des Gebäudes. Schiebt ein hölzernes Türchen im Zaun auf und gelangt in einen langen, gutgepflegten Garten. Eine erhöhte Veranda überblickt hundert Meter vom Landschaftsgärtner gestalteter Fläche. In ihrem Mittelpunkt steht eine Pagode in chinesischem Stil an einem großen, tränenförmigen Teich. Auf einer Plattform schießt Wasser aus einem Zierbrunnen und plätschert fröhlich über polierte, farbige Steine.
    Peter Tressider sitzt mit den Füßen im Wasser am Teich. Er trägt ein weißes, kurzärmeliges Hemd und hat sich einen zusammengelegten Pulli wie ein Cape über die Schultern geworfen. Die Hosenbeine sind hochgekrempelt, und er liest in einem Stapel A4-Papiere, während er Bier aus der Dose trinkt.
    »Stadtrat Tressider? Sir?«
    Er blickt auf, und seine Augenbrauen verflechten sich ineinander, während Pharaoh durchs Gras stapft. Er ist ein stattlicher, breitschultriger Mann mit dichtem dunklem Bart, der so aussieht, als würde er innerhalb einer Stunde nach der Rasur nachwachsen.
    »Nein, nein, das ist mein privater Wohnsitz, ich fürchte …«
    Er beginnt aufzustehen, hebt einen bleichen, fleischigen Fuß aus dem Wasser und stemmt sich mit den Händen auf den Oberschenkeln hoch. Als sie näher kommt, erkennt er sie. Gibt sich überrascht.
    »Pharaoh, nicht wahr? Aectors Kollegin?«
    Sie nickt und akzeptiert die Beschreibung gerne. »Ja, Sir. Es tut mir leid, Sie stören zu müssen …«
    Er winkt ab. Setzt sich wieder.
    Sie tritt an den Rand des Teichs und betrachtet ihr verzerrtes Spiegelbild im herunterplätschernden Wasser des Brunnens. Bemerkt einen großen orange-weißen Koi-Karpfen, der sich langsam in den Tiefen des Teichs bewegt.
    »Sie dürfen gerne schwimmen gehen«, sagt er herzlich und weist auf den Teich. »Herrlich erfrischend, sobald man sich an die Kälte gewöhnt hat. Ich bin früher immer an Neujahr in Bridlington baden gegangen, wissen Sie? Sehr belebend. Aber heute würde das Herz nicht mehr mitmachen. Da gebe ich mich mit Kälte bis zu den Fußknöcheln zufrieden.«
    Pharaoh erblickt einen hölzernen Klappstuhl im Pavillon und holt ihn sich zum Teich herunter. Sie stellt ihn auf und setzt sich vorsichtig.
    »Ist der Stuhl bequem genug?«, fragt er. »Ich sehe, Sie sind verletzt.«
    »Kleine Rauferei mit ein paar Hunden«, meint sie sachlich. »Sie müssten erst mal die Biester sehen.«
    Tressider runzelt die Stirn. »Sind Sie für den Zigeunerfall zuständig?« Er stutzt. Sieht sich mit gespieltem Schuldbewusstsein um. »Das darf man nicht sagen, oder? Zigeuner? Wie ist gleich die politisch korrekte Bezeichnung? Jedenfalls waren das Sie – ja? Ein Verdächtiger hat seine Hunde auf Sie und einen

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