Dein ist mein ganzes Herz
und befreite sie von der Maske. Dann schob er ihr die Kapuze vom Kopf, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küßte sie. Bei seinem Kuß verlor Dorothea jedes Gefühl für die Zeit. Seine Hände glitten unter dem Domino über ihre Brüste, ihre Taille und ihre Hüften. Schließlich ließ er sie widerstrebend los und nahm ihren Arm. "Wir müssen in den Ballsaal zurückkehren, bevor es zu schwierig wird, unsere Abwesenheit zu erklären."
Erst einige Zeit später erinnerte sich Lord Hazelmere wieder des Briefes. ,,Ach übrigens, Liebste, sollte Ihnen noch einmal jemand schriftlich einen unschicklichen Vorschlag unterbreiten, denken Sie daran, daß ich so etwas persönlich zu tun pflege."
Dorothea war klug genug, darauf nicht zu antworten.
Nach Beendigung des Balles begleiteten die Lords Hazelmere und Fanshawe die Schwestern zu ihrer Kutsche, die sie auf schnellstem Wege nach Hause brachte.
Der mysteriöse Brief sowie der. Zwischenfall auf der Terrasse beunruhigten den Marquess mehr, als er Dorothea gegenüber zugegeben hatte. Während er mit Tony Fanshawe zum Cavendish Square ging, zerbrach er sich den Kopf nach einer Erklärung. Man hatte auch schon früher junge Damen entführt und Lösegeld verlangt, nur daß es sich dabei um reiche Erbinnen gehandelt hatte. Dorothea galt zwar allgemein als gutsituiert, aber nicht als reich. Vielleicht hatte man ihn ins Auge gefaßt. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, er könnte Dorothea durch sein offen gezeigtes Interesse zum Ziel eines solchen Anschlags machen.
Lord Hazelmere streifte seinen Gefährten mit einem Seitenblick. Dessen Schweigen nach zu schließen, schien nicht alles nach Wunsch zu verlaufen. Da mochte ihn der Marquess nicht noch zusätzlich mit seinen Sorgen belasten.
Die Romanze mit Cecily Darent entwickelte sich tatsächlich nicht, wie Tony Fanshawe sich das gewünscht hätte. Er hatte nämlich entdeckt, daß seine Liebste einen starken Willen besaß und nicht davon abzubringen war, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Cecily hatte gegen seine besitzergreifende Art auf dem Maskenball protestiert. Sie hatte ihm zwar gestattet, sie zur Kutsche zu begleiten, sich aber ziemlich kühl von ihm verabschiedet.
An der Ecke des Cavendish Square trennten sich die beiden Freunde, um in verschiedenen Richtungen nach Hause zu gehen. Jeder war, wenn auch aus anderen Gründen, besorgt, was die Zukunft bereithielt.
Während der nächsten Tage hielt sich Lord Hazelmere fast ständig in Dorotheas Nähe auf. Er war froh, daß seine Mutter, die inzwischen nach Hazelmere Park zurückgekehrt war, sein Angebot, sie zu begleiten, abgelehnt hatte.
Dorothea bei Bällen und Festen im Auge zu behalten, bedeutete kein Problem. In seiner wie auch der Gesellschaft seiner Freunde war sie sicher. Ihr Tagesablauf zwischen dem Zeitpunkt, wenn sie von ihrem Morgenritt nach Merion House zurückkam und dem Augenblick, da sie es verließ, um eine Veranstaltung zu besuchen, bereitete ihm Sorge, weil er nicht darüber Bescheid wußte. Da er sich des Gefühles nicht erwehren konnte, daß sie langsam mißtrauisch wurde, zerbrach er sich den Kopf nach einer Möglichkeit, sie unauffiillig zu überwachen. Doch dazu benötigte er weitere Informationen über Dorotheas Tun und Treiben.
Als letzten Ausweg erkundigte er sich bei seinem Butler, ob es zwischen seinem und Lady Merions Haushalt irgendwelche Querverbindungen gäbe.
Mytton wunderte sich zwar über die Frage, sah aber keinen Grund, nicht wahrheitsgemäß zu antworten. "Der Diener Charles ist mit Miss Darents neuer Zofe befreundet, Mylord."
"Dann bitten Sie ihn, Miss Darents Pläne für die nächsten Tage herauszufinden. Ich brauche die Informationen noch vor morgen. Glauben Sie, Charles könnte das schaffen?"
"Er ist ein sehr tüchtiger junger Mann." "Sehr gut", lobte Lord Hazelmere.
Bei seiner Rückkehr in den frühen Morgenstunden des Samstags stellte er fest, daß Charles tatsächlich so tüchtig war, wie der Butler behauptet hatte. Nachdem er Dorotheas gesellschaftliche Verpflichtungen für die nächsten zwei Tage kannte, konnte er ihre Überwachung auf die Morgenausritte im Park, eine Soiree am Samstag und einen Ball am Sonntagabend beschränken. Dort geriet er ernstlich in Verdacht.
"Was wollen Sie eigentlich hier?" fragte Dorothea, während sie den einzigen Walzer des Abends tanzten.
"Tanzen", erwiderte er unschuldig.
"Dann war es wohl von jeher Ihre Gewohnheit, langweilige Bälle wie diesen zu besuchen."
"Sie
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