Dein Kuss in meiner Nacht
würde es schon ganz anders wirken.
Ich ging auf eine Tür zu und öffnete sie. Sie führte in eine große Küche mit einer großen Essecke aus massivem Holz. Die Bezüge der Kissen waren durchlöchert, doch man konnte das alte Blumenmuster noch erkennen. Die Küche hatte sehr futuristisch aussehende Geräte, was angesichts der Tatsache, dass es sich hier um zwei Jahrzehnte alte Sachen handelte, etwas seltsam anmutete. Ich musste lachen.
»Was ist so komisch?«, wollte Cole wissen.
»Ich dachte nur gerade, dass diese Sachen schon so alt sind, aber für mich sehen sie trotzdem aus, wie aus einem Science-Fiction-Film.«
Cole schaute mich erst fragend an, dann dämmerte ihm, was ich meinte und er lachte ebenfalls.
»Ja, aus deiner Perspektive muss das komisch wirken.«
Wir sahen uns auch den Rest des Hauses an. Unten gab es neben der Küche noch einen großen Vorratsraum mit Zugang zum Gewölbekeller. Auf der anderen Seite des Hauses waren ein großes Esszimmer, ein noch größeres Wohnzimmer und ein gemütliches Kaminzimmer. Oben gab es fünf Schlafräume und zwei Bäder, ein Stockwerk darüber noch eine Art Atelier. Ich konnte mir richtig gut vorstellen, wie schön es einmal gewesen sein musste und wie schön es wieder werden könnte. Das Beste war jedoch, dass ich bei meinem Rundgang das Tagebuch meiner Mutter fand und mit mir nahm, um es zu lesen.
Die Fahrt zurück verlief größtenteils in Schweigen. Doch es war ein angenehmes Schweigen, mit dem Cole mir genügend Zeit gab, um die Eindrücke in meinem Kopf zu sortieren. Ich warf auch einen ersten Blick in das Tagebuch meiner Mutter. Eine Stelle fand ich besonders schön:
Ich habe ein Geheimnis. Sem weiß noch nichts davon. Ich sollte es ihm sagen, doch ich will dieses kleine Geheimnis noch ein wenig für mich haben. Obwohl andererseits alles in mir darauf wartet, es ihm zu sagen und sein Gesicht zu sehen. Ich hoffe, dass er sich freuen wird. Vielleicht denkt er, es wäre noch zu früh dafür? Aber ich kann es sowieso nicht mehr ändern. Es ist passiert. Ich bekomme ein Kind. Sems Kind. Oh, ich werde es lieben. Ich liebe es schon jetzt. Morgen erzähl ich es Sem. Aber heute Nacht sind wir noch unter uns, das kleine Licht in mir und ich.
»Alles klar?«, fragte Cole.
Ich schaute zu ihm rüber. Er saß lässig im Sitz zurückgelehnt, denn er hatte mit dem Fahren nicht viel zu tun. Das Auto hatte zwar ein Lenkrad, doch er brauchte es nur, um irgendwo abzubiegen. Solange er nichts tat, hielt der Wagen einfach die Spur. Auch die Geschwindigkeit blieb konstant, solange Cole sie nicht änderte.
»Ja, ich bin okay«, antwortete ich mit einem Lächeln. »Ein wenig überwältigt vielleicht.«
Cole hob einladend seinen Arm und ich rückte näher, um mich in seine Arme zu kuscheln.
»Heute ist der erste Abend, an dem wir ganz alleine sind«, sagte er leise.
Mein Herz klopfte schneller. Seit dem einen Mal in unserem Traum, hatten wir nicht wieder miteinander geschlafen. Die Aussicht darauf, heute mit ihm ganz allein im Haus seiner Eltern zu sein, erfüllte mich mit kribbeliger Vorfreude. Doch es gab auch ein Problem und ich wusste nicht, wie ich es ansprechen sollte.
»Cole?«, begann ich unsicher.
»Ja, Faith? Was ist?«
»Wenn wir ... Ich meine, wenn wir ohne irgendwas ...«
Ich spürte, wie ich rot wurde. Obwohl er mir so vertraut war, wie kein Mensch zuvor, war es mir doch peinlich, mit ihm über Sex zu reden.
»Was wolltest du sagen?«, fragte er sanft. »Ich beiß dich schon nicht. Du kannst mir immer alles sagen. Also, was ist es?«
»Ich wollte sagen, dass ... dass wir nicht ohne ... Weil ... Ich meine, ich könnte ... wenn wir ...«
Cole lachte leise und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
»Warum ist es so schwer für dich, mit mir zu reden? Es geht um Sex, nicht wahr?«
»Hm.«
»Du willst andeuten, dass wir verhüten müssen. Ist es das?«
Ich seufzte. Wenn er das sagte, klang es so normal und locker.
»Ja«, antwortete ich kleinlaut und er drückte mich an sich.
»Keine Panik. Mein Vater hat mir ein großes Päckchen Kondome zugesteckt, ehe sie abgereist sind.«
»Er hat was?«, fragte ich entsetzt.
Cole kicherte.
»Das ist doch was ganz Normales. Er weiß, dass wir jetzt fest zusammen sind, und hat sich natürlich die gleichen Gedanken gemacht, wie du.«
Ich sank in meinen Sitz. Dass mein Schwiegervater sich Gedanken über mein und Coles Sexleben machte, war mir entsetzlich peinlich.
»Was hast du geglaubt, was sie über uns
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