Dein Kuss verraet mir alles
gleich wieder da!”
Schritte in Reitstiefeln entfernten sich. Quälende Minuten später kehrten noch schwerer stampfende Schritte zurück.
Tess war auf den Knien, das riesigen Reptil um sich geschlungen, seinen hässlich aufgeblähten Kopf über ihren Kopf gereckt, so dass es aussah, als ob Tess eine Schlange als Kopfschmuck tragen würde.
“Herman! Du bist wohl verrückt geworden!”, wütete Cag.
“Wie bist du denn diesmal herausgekommen?”
“Könnten Sie ihn bitte später befragen, nachdem Sie mich von ihm befreit haben?”, drängte Tess. “Er wiegt mindestens eine Tonne!”
“Ruhig, ganz, ganz ruhig”, sagte Cag sanft, weil er wusste, wie sehr Tess sich vor Herman fürchtete. Er näherte sich ihnen langsam, war darauf bedacht, sein Stubentier nicht zu erschrecken. Mit seiner großen Hand fuhr er unter den Kopf der Schlange, streichelte den schuppigen Körper und redete leise auf Herman ein, während er ihn vorsichtig von Tess’ erstarrten Schultern loswickelte.
Nachdem Cag die arme Tess von dem Reptil befreit hatte, ging er zum Aquarium und betrachtete mit finsterem Blick den Deckel, der einen Spalt offen stand.
Er verlagerte Hermans beachtliches Gewicht, bis er die anderen Schließhaken lösen konnte, um den Deckel vom Aquarium ganz abzuheben. “Ich weiß nicht, wie er das immer wieder schafft, herauszukriechen.”
“Vielleicht hat er ja ein Stemmeisen da drin”, murmelte Tess und rieb sich die schmerzenden Schultern. “Er hat meine Schultern verrenkt und wahrscheinlich mein Rückgrat angeknackst. Er ist auf mich gefallen!”
Cag legte Herman zurück in das Aquarium und verschloss den Deckel, ehe er sich umdrehte. “Gefallen?”, Er machte ein finsteres Gesicht. “Von wo?”
“Von dort oben!”
Sie wies auf einen der vier hohen, mit Schnitzwerk verzierten Pfosten, die Cags riesiges Bett zierten.
Cag pfiff. “Das hat er noch nie zuvor gemacht.” Dann sah er sie besorgt an. “Bist du verletzt?”
“Hab ich’s Ihnen nicht gerade gesagt?”, entgegnete sie gereizt. “Meine Knochen sind gebrochen!”
Cag lächelte sanft. “Deine Muskeln tun dir wohl eher weh.”
Er zwinkerte ihr lächelnd zu. “Du hast dich nicht wirklich geängstigt, stimmt’s?”
Tess zögerte. Dann lächelte sie zurück, wenn auch nur schwach. “Nun, nein, nicht wirklich. Irgendwie habe ich mich an ihn gewöhnt.” Sie zuckte die Schultern. “Er fühlte sich nicht so schlimm an. Eigentlich mehr wie ein schweres Seidentuch.”
Cag sagte kein Wort. Er stand nur da und betrachtete sie mit einem merkwürdigen Lächeln.
“Ich dachte, Schlangen wären schleimig”, fügte sie hinzu.
Sein Lächeln wurde breiter. “Die meisten denken so, bis sie eine Schlange berühren. Schlangen sind saubere Tiere. Sie sind normalerweise nicht aggressiv. Es sei denn sie fühlen sich provoziert, oder sie häuten sich, oder sie sind gerade beim Fressen. Man muss nur wissen, wann man sich ihnen nähern darf.” Er nahm den Stetson ab und fuhr sich mit der Hand durch sein schwarzes Haar. “Ich habe Herman seit zwö lf Jahren”, sagte er. “Die meisten können es nicht verstehen, dass man an einer Schlange Gefallen finden kann.”
Tess musterte sein hartes Gesicht. Ihr fiel ein, dass seine frühere Verlobte darauf bestanden hatte, Herman loszuwerden.
Und Cag war willens gewesen, ihretwegen sein geliebtes Haustier aufzugeben.
“Ich habe einmal einen Leguan gehabt”, erzählte Tess. “Als ich ungefähr zwölf war. Einer der Burschen auf dem Rodeo hat ihn abgeben müssen, weil er zum College ging. Er hat mich gefragt, ob ich den Legua n haben wollte.” Sie lächelte in der Erinnerung. “Er war grün und groß wie irgend so eine vorsintflutliche Kreatur, wie ein wirklich lebender Drache. Er mochte zerkleinerten Kürbis und Bananen. Wenn man seinen Kopf kraulte, dann schloss er die Augen und hob das Kinn. Ich habe ihn drei Jahre lang gehabt.”
“Was geschah?”
“Er starb “, antwortete Tess mit trauriger Stimme. “Ich habe nie herausgefunden, warum. Der Tierarzt sagte, dass er nichts gefunden habe und dass ich absolut alles richtig gemacht hätte.
Der Leguan war schon ganz schön alt, als ich ihn bekam. Und ich denke, dass es für ihn einfach an der Zeit war, und nicht, dass ich etwas falsch gemacht habe.”
Cag nickte und warf einen Blick auf Herman, der sich zufrieden in seinem Aquarium zusammengerollt ha tte. “Schau ihn dir an”, murmelte er. “Er wirkt, als ob er keiner Fliege etwas zuleide tun
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